Aller Anfang ist leicht

Die Faszination urbaner Aufbaustrategie scheint ungebrochen. Zwar hat zuletzt Cities Skylines 2015 bzw. zwei Jahre später auf Konsolen die Bürgermeister-Fahne geschwenkt (die technisch biedere Switch-Version dieses Jahres klammere ich aus). Doch mit einem steten Nachschub an Erweiterungen sorgt Paradox dafür, dass man immer wieder in die Städte seiner (Alb-)Träume zurückkehrt. Bei Project Highrise hat man zwar keine komplette Stadt zu managen, sondern muss sich nur um Aufbau, Planung und Optimierung eines einzigen Hochhauses kümmern. Doch das hält einen genug auf Trab. Man muss die Etagen aufziehen, dort dann die Plätze für Büros, Geschäfte, Restaurants, Wohnräume etc. ausweisen und darf natürlich nicht vergessen, alles mit Verteilerkästen zu versehen, damit auch ja alle Bedürfnisse hinsichtlich Telefon, Strom etc. versorgt sind. Ebenfalls wichtig: Fahrstühle, wobei man sogar zwischen normalen und Service-Varianten wählen darf. Instandhaltung sowie weitere Dienstleistungen dürfen ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden – im Zweifelsfall sogar bis zur Komplettrenovierung, wenn die Mieter, die man sich zumeist aus einem Pool an Interessenten heraussuchen darf, einen Trümmerhaufen hinterlassen haben.

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Vieles in Project Highrise erinnert an den Klassiker Sim Tower. © 4P/Screenshot

Natürlich muss man dabei auch seinen Kontostand im Auge behalten. Denn wer zu schnell zu hoch, tief oder breit baut, wird eher früher als später bei den Banken vorstellig werden müssen, um einen Kredit aufzunehmen, aus dem man nicht so schnell entkommt. Andererseits wird man mit einem gemäßigten Ausbau nur selten in Geldprobleme laufen: Auf dem Standard-Schwierigkeitsgrad, bei dem die Mieter zwar bestimmte Anforderungen stellen, aber letztlich genügsam bleiben, kommt man mit einem kontinuierlichen sowie moderaten Baufortschritt schnell in die Gewinnzone. Doch es gibt noch ein paar weitere Faktoren zu beachten. Der Ruf, den auch man durch qualitativ hochwertige Mieter steigern kann, sorgt dafür, dass besser betuchte Firmen und Besucher in das Gebäude strömen. Klar: Ein Edelrestaurant lockt eine andere Zielgruppe an als ein Fastfood-Schuppen. Zusätzlich kann man seinen Wolkenkratzer in Spe auch durch Dekorationen attraktiver gestalten. Dabei werden die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwar trotz interaktiver Tutorials nicht immer deutlich. Doch mit ein bisschen Beobachtung und Auffassungsgabe stellt man fest, dass viele Elemente logisch miteinander verbunden sind und sich dementsprechend beeinflussen lassen – natürlich alles im Zuge der Gewinnmaximierung. Mit dem Fokus auf ein Hotelhochhaus werden wiederum ganz andere Anforderungen gestellt, so dass auf diesem Weg zusätzliche Abwechslung in das Konzept injiziert wird, das mit seinen Aufbauschleifen mittelfristig durchaus redundant werden kann.

Mehr als Schönheitsfehler

Das ist jedoch ein Problem, das sich Project Highrise mit seinem Ahnen aus dem Jahr 1994 teilt, der seinerzeit von Maxis veröffentlicht wurde. Im Gegensatz zum Vorbild, bei dem es zwar auch „Idealbreiten“ für die Bauplätze gab, man aber im Rahmen dessen durchaus Freiheiten genießen durfte, gibt man sich hier deutlich restriktiver: Ein vermietetes Büro ist immer drei „Einheiten“ groß und sieht mit seinen nur wenigen Varianten zumindest rudimentär stets gleich aus. Mit der Masse an unterschiedlichen Objekten, die auch den Erweiterungen mit ihren Metropolen-Themenschwerpunkten entspringen, kommt zwar auf Dauer durchaus Abwechslung in die Etagen, doch es hätte auch hinsichtlich der Bautaktik nicht geschadet, wenn man die Größe der einzelnen Bereiche flexibler anpassen und somit z.B. auch etagenweite Großraumbüros für einen Megamieter anbieten könnte. Diese fehlende Flexibilität kann vor allem im späteren Spielverlauf für Frustmomente sorgen, so etwa, wenn ein neu freigeschaltetes Prestigeobjekt so viel Platz benötigt, dass man in der Breite um ein oder zwei „Streben“ expandieren muss, diese Bereiche nun „leer“ und damit ein Dorn im Auge der „Bauordnungs-Fanatiker“ bleiben. Natürlich hat

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Der Fantasie beim Auf- und Ausbau sind nur wenige Grenzen gesetzt. Von chaotisch bis akkurat strukturiert ist viel möglich. © 4P/Screenshot

man irgendwann die Maße der einzelnen Sektionen verinnerlicht, doch kommt ein frisches Element hinzu oder vergisst man das eine oder andere, wäre eine bessere Anpassung wünschenswert – oder zumindest eine Anzeige im Baumenü, wie viel Platz (und welche Zusatzleistungen) von diesem oder jenem Objekt benötigt wird.

Nachträgliche Verbesserungen bzw. Anpassungen sind nicht nur kostspielig, sondern können innerhalb der eigentlich gut auf das Pad gelegten Tastenbelegung in einem Punkt für große Probleme sorgen: Es gibt zwar die Möglichkeit, beim Umbau einen Raum entweder zu räumen und danach zu löschen oder ihn so, wie er ist, an einem anderen Ort zu platzieren. Doch zum einen fehlt die Option für mehrere angeschlossene Räume oder gar eine ganze Etage, so dass man die Penthouse-Wohnungen im Zweifel mühsam eine nach der anderen ins höchste Stockwerk verschiebt. Und zum anderen ist die Benutzerführung hier unnötig kompliziert und kann zu schwerwiegendem Frust führen. Dann nämlich, wenn man zu schnell klickt und das als Standard oben platzierte „Entfernen“ aktiviert, das ohne (!) zusätzliches Nachfragen den Raum ins Nirwana schickt. Dies ist jedoch das einzige gravierende Manko der Kontrollfunktionen, die einen ansonsten schnell und komfortabel Bau- oder Finanzentscheidungen treffen lassen sowie mit unkompliziert zuschaltbaren Anzeigefiltern wie z.B. Profitabilität, Verschmutzung, Lärmentwicklung und einigem mehr die Planung erleichtern.

Zwischen Stil und Zweckmäßigkeit

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Die Kulisse zeigt trotz Integration der PC-Erweiterungen auf Dauer zu wenig Unterscheidung bei den einzelnen Objekten. © 4P/Screenshot

Schade ist zudem, dass es (zumindest optional) keine zufälligen Ereignisse wie „Katastrophen“ oder besondere Besuche gibt, auf die man entweder in den zahlreichen Szenarien oder im Sandbox-Modus reagieren muss. So hätte die Routine, die sich beim Hochhausbau trotz enthaltener Erweiterungen wie z.B. London, Berlin oder Tokyo einstellt, aufgebrochen werden können. In dieser Form hat man zwar immer wieder Spaß nach der Grundsteinlegung. Doch sobald der Wolkenkratzer eine gewisse Größe oder die Gewinnzone erreicht hat, flaut die Motivation ab.

Denn auch die Kulisse haut einen nicht vom Hocker. Stilistisch zwar mit ihrem Comicansatz, durchaus knalligen Farben und klaren Strukturen interessant, fehlen auf Dauer die Details, um einen langfristig faszinieren zu können. Zumal bei der weitesten Zoomstufe, die einem den Überblick über das gesamte Gebäude gibt, alles zu einer Art „Brei“ verschwimmt, aus dem nur größere Räume wie z.B. die Veranstaltungssäle bei Hotels herausstechen. Immerhin sorgt die reduzierte Kulisse dafür, dass die Spielgeschwindigkeit auch bei hohen Gebäuden mit zig Stockwerken, entsprechend vielen Räumlichkeiten und hunderten Gästen bzw. Bewohnern nicht ins Stocken gerät.

  1. 72 geht echt in Ordnung denke ich. Vielleicht hätte ich 75 oder bißchen mehr gegeben, aber das sind Peanuts. Ich habe jedenfalls trotz der Schwächen jede Menge Spaß mit dem Spiel. Für mich - gerade als Konsolero - ein kleines Highlight in diesem Jahr. Das Genre ist da ja doch eher eine Rarität, also nehme ich es mit Kusshand.

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