Karriere aus der Steinzeit

Viel ärgerlicher als dieses wünschenswerte Feintuning einer unterm Strich sehr guten Spielmechanik ist die schreckliche Stagnation in den Spielmodi – vor allem in der Karriere. Es ist unglaublich, auf welchem Niveau sich “Werde zur Legende” auch dieses Jahr befindet. Man wird ohne Erklärung aufgestellt oder ignoriert, es gibt keinen Trainer als Ansprechpartner und noch nicht einmal persönliche taktische Vorgaben. Man wird einfach in ein Spiel geschmissen und läuft seine Route ab. Individuelles Feedback während des Spiels oder nach Abpfiff? Fehlanzeige. Das ist hinsichtlich Regie und Dramaturgie einfach nur Steinzeit und spätestens dann Realsatire, wenn der eigene Jungprofi von Mitspielern nach einem Sieg als “Schlüssel zum Erfolg” gelobt wird, obwohl er gar nicht auf dem Platz stand. Konami? Setzen, Sechs! Schon wieder…

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Die Karriere “Werde zur Legende” wird nicht nur schrecklich langweilig inszeniert – sie ist Realsatire. © 4P/Screenshot

Dass man selbst keinerlei kreative Pionierarbeit hinsichtlich der Spielmodi leistet, ist spätestens in diesem Jahr ein strategischer Fehler, denn FIFA 17 wird die Karriere eines Profis erstmals inszenieren. Ob die an die Qualität eines NBA 2K heranreichen kann, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber so bleibt einem in PES 17 abseits all der Ligen und Pokale bis in die südamerikanische Pampa nur die ewige Meisterliga, die erneut lediglich offline spielbar ist. Aber immerhin gibt es hier einige Änderungen en detail.

Meisterliga und myClub

Transfer- sowie Gehaltsbudget sind getrennt, aber viel interessanter ist, dass in der Entwicklung der Spieler mehr Feintuning möglich ist. Diese haben jetzt eine

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In der Meisterliga gibt es einige Änderungen en detail, was z.B. das gezielte Training betrifft. © 4P/Screenshot

Persönlichkeit (Leidenschaft, Ausstrahlung, Taktik, Technik), die sich nach Spielen entwickelt – wer viel läuft und viele Ballkontakte hat, steigert z.B. seine Leidenschaft. Außerdem kann man innerhalb des Trainings für jeden Spieler nicht nur die möglichen Spezialpositionen wie Strafraumfuchs oder Klassische 10 üben lassen, sondern auch einzelne Fähigkeiten wie z.B. den Distanzschuss oder Elastico einstudieren, falls er die Voraussetzungen erfüllt. Schließlich gibt es eine neue dritte Leistungskurve, die neben dem tatsächlichen sowie erwarteten Fortschritt auch die Auswirkungen von Training und Teamrolle anzeigt. So kann man nachvollziehen, wie gut man seine Leute coacht.

Dass man Electronic Arts aus wirtschaftlichen Gründen lieber weiter mit myClub nachahmt, um über Mikrotransaktionen zusätzlich Geld zu verdienen, ist ja okay. Und natürlich gibt es in diesem reinen Online-Spielmodus, den ich übrigens genauso langweilig finde wie Ultimate Team in FIFA, einige Neuerungen, was den Einsatz von Trainern und Scouts betrifft, die ebenfalls über diverse Stufen qualifiziert sind. Jetzt kann man auch

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Bei den Spielmodi herrscht insgesamt Stagnation. © 4P/Screenshot

mehrere Scouts mit ihren Fähigkeiten kombinieren, um sehr seltene Spieler zu verpflichten; in so genannten Scout-Auktionen kann man dann für die virtuelle Währung gegen andere online bieten, um einen Star-Scout anzuwerben, mit dem man dann eher an seinen Griezmann oder Ronaldo kommt. Ich halte diese Art von Team-Management für vollkommen abstrus und bei mir setzt da auch in keiner Weise ein Sammelfieber ein.

Was gibt es sonst noch innerhalb der Spielmodi? Schön ist, dass man gegen Freunde oder die Computer-KI in Freundschaftsspielen einen Versus-Modus aktivieren kann, der alle Partien statistisch und taktisch erfasst, so dass man eine Bilanz gegen diese Gegner entwickeln kann. Und das macht dieses Jahr gegen die KI richtig Laune: Auf der fünften von sechs Stufen muss man sehr clever im Spielaufbau arbeiten, Taktiken kontern und freut sich entsprechend über jedes Tor. Außerdem hält der eSport Einzug: Man kann innerhalb der Menüs auf die PES League zugreifen und an offiziellen Spielen teilnehmen.

Stadionkulisse & Kommentare

“Er haut das Ding vor!” Was will Marco Hagemann eigentlich damit sagen? Ich hab selbst bis zur A-Jugend gekickt, aber ich kenne nur “Hau weg die Pille!” oder “Hau ihn rein!”. Der weitgehend emotionslose deutsche Co-Kommentator geht

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Beim Derby vermisst man akustisch mehr feuer; auch die beiden deutschen Kommentatoren gehen nicht darauf ein. © 4P/Screenshot

neben Hansi Küpper unter, der zumindest bekanntere Floskeln zum Besten gibt und engagierter spricht. Was sie gut machen: Sie kommentieren die neuen taktischen Umstellungen, also z.B. das aktivierte Gegenpressing. Abgesehen davon, dass sich beide aber viel zu schnell wiederholen und gefühlt dutzende Male in einem Spiel “die Gasse” zugemacht wird, geben sie auch zu wenig spielbezogene Anekdoten oder Hinweise von sich. Es wird lediglich mal über den potenziellen “Man of the Match” spekuliert, aber es gibt kaum recherchierte Infos zum Verein. Und obwohl es mit dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund immerhin ein brisantes Derby gibt, wird das nicht einmal thematisiert – ganz schwach. Auch in diesem PES 17 wird man also entweder auf die besseren englischen Kommentare umschalten oder sie ganz abschalten.

Zwar baut dieses PES 17 auf dem soliden akustischen Fundament des Vorgängers auf. Aber von der Stadionkulisse bin ich etwas enttäuscht, denn sie passt sich nicht gut genug an das Geschehen auf dem Platz an, so dass z.B. noch frenetischer Jubel bei Kantersiegen aufbrandet. Und selbst bei den offiziellen Partnern vermisse ich mehr Fanreaktionen, mehr Sprechchöre und Gesänge. Gerade brisante Derbys wie das oben erwähnte werden nicht emotional genug zelebriert – auch wenn der FC Barcelona zuhause gegen Real Madrid spielt, wirkt das zu fade.

Lizenzen & Editor

Welche Wettbewerbe und Teams sind enthalten? Eine Übersicht findet ihr hier. Es gibt die Euro-League, dazu die Champions League und zig südamerikanische Wettbewerbe von Brasilien bis Argentinien. Auf die Bundesliga muss man

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Über den Editor könnt ihr nahezu alles an Namen, Bildern & Co anpassen oder auf der PlayStation 4 externe Daten hochladen. © 4P/Screenshot

erneut verzichten. Lediglich drei deutsche Mannschaften sind mit Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Schalke 04 spielbar, während mit dem FC Bayern München sowie Borussia Mönchengladbach leider zwei Champions-League-Teilnehmer komplett fehlen – es gibt sie also auch nicht als leicht verfremdete Teams. Bei internationalen Clubs sieht es schon besser aus, aber auch hier gibt es z.B. weder Real Madrid noch Juventus Turin inklusive offiziellem Namen sowie Trikots – aber sie sind zumindest enthalten und spiel- sowie editierbar. Außerdem bringt Konami dieses Jahr alle Kader bereits zum Start auf den aktuellen Stand; lediglich einige offizielle Stadien wie der Signal Iduna Park werden später per Aktualisierung nachgeliefert. Ich bin gespannt, ob man die Kamerafahrt ähnlich spektakulär inszeniert wie in Camp Nou.

Überhaupt gibt es gute Nachrichten hinsichtlich des Editors – zumindest auf PlayStation 4: Man kann endlich problemlos Daten per USB-Stick transferieren. Falls also jemand da draußen die komplette Bundesliga oder die Trikots von Ronaldo & Co erstellt, hat man sie in null Komma nichts auf seiner Konsole installiert. Apropos Unterschiede: Auf der Xbox One gibt es keine nennenswerten Abstriche, aber ähnlich wie in PES 16 wird es auch dieses Jahr nur eine abgespeckte Variante auf dem PC geben. Auch hier lässt Konami erneut viele Symapthiepunkte liegen, während man sich bereits für PlayStation 4 Pro wappnet, die laut Twitter unterstützt wird.

Zum Schluss noch ein Wort zur PC-Version: Zwar ist dieses spielmechanisch weitgehend identisch, aber es gibt nur 15 statt 30 Stadien, der Rasen sieht in nahezu allen Einstellungen schrecklich platt aus und im Stadion gibt es Last-Gen-Kulisse, was vor allem die Zuschauer betrifft. In der Präsentation vermisst man zudem die neuen Kamerafahrten. Auch dieses Jahr ernüchtert Konami also mit einer abgespeckten Version für den Rechner.

  1. Nach wenigen Matches dachte ich, dass die 2017-Version tatsächlich um einiges besser ist als der Vorgänger :Hüpf: Nach vielen, teilweise sehr frustrierenden, Stunden in der Meisterliga muss ich dann doch sagen: nö :cry: Früher wirkten sich die Taktikeinstellungen deutlich sensibler aus, die KI hat weniger offensichtlich gecheatet und die Meisterliga war zwar steril, aber dennoch nicht so zugemüllt mit Nonsense. Ist zwar immer noch ein solides Game, aber imo keine Simulation mehr. Spiele PES seit dem dritten Teil, ziemlich traurig was mittlerweile daraus geworden ist :(

  2. Usul hat geschrieben:
    Lumilicious hat geschrieben:Wenn Konami meint die PC'ler als Spieler zweiter Klasse zu behandeln, dann ist eine extreme Abwertung gerechtfertigt.
    Das wäre eine Bewertung des Publishers und nicht des Spiels... aber das ist ja nix Neues.
    Dann sollen sie sich nen neuen Publisher suchen. Mal angenommen sie hätten absurderweise keinen eigenen Einfluss darauf.

  3. Lumilicious hat geschrieben:Wenn Konami meint die PC'ler als Spieler zweiter Klasse zu behandeln, dann ist eine extreme Abwertung gerechtfertigt.
    Das wäre eine Bewertung des Publishers und nicht des Spiels... aber das ist ja nix Neues.

  4. Tja , dann wird wohl Fifa 17 das Rennen auf dem PC machen.
    Ob man sich sowas im 21. Jahrhundert bei immer steigenden Kosten erlauben kann das
    eine große Anzahl von Käufern auf ein anderes Produkt ausweichen wage ich mal zu bezweifeln^^

  5. Jup, das Spiel fühlt sich auch anders an, obwohl alle grundlegenden Features nahezu gleich sind. Aber wir haben aktuell keine Zeit, da in die Tiefe zu gehen und das zu analysieren. Dafür müsste ich nochmal mind. zehn Matches investieren. NBA 2K17 und FIFA 17 warten.;)

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