Pokémon HeartGold(Taktik & Strategie) von Nintendo Credit: Game Freak / Nintendo
Rollenspiel mit Taschenmonstern

Zu Beginn erstellt man sich einen Charakter ohne viele Anpassungsmöglichkeiten und wählt aus drei Pokémon ein erstes aus.

Auch die Story entführt in naive Kindertage: Man startet als kleiner Junge bei seiner Mutter in einem Dorf, während die Musik lieblich dahin plätschert – später spart sie auf Wunsch sogar Geld für einen. Warum soll man überhaupt zum heroischen Trainer werden? Angeblich hat man ein besonderes Talent für den Umgang mit Pokémon und deshalb soll man Professor Lind aufsuchen. Kaum hat man sich versehen, besitzt man ein erstes von drei auswählbaren Monstern, das wie ein Hündchen hinter einem her trottet. Ich habe mich für den mausartigen Feurigel entschieden – aus seinem Rücken schießen Flammen und sein Silberblick senkt den Verteidigungswert des Gegners.

Außerdem bin ich angenehm überrascht, dass jedes Pokémon nicht nur über sechs individuelle Werte wie Körperpunkte, Angriff oder Initiative, sondern auch speziellen Elemente bzw. Zuständen zugeordnet ist: Mein Feuer ist besonders wirksam gegen Pflanzenmonster – das habe ich schon in den Kämpfen gemerkt. Aber es gibt ja noch Pokémon, die Wasser, Eis, Gift, Flug, Gestein, Geist, Psycho, Stahl, Elektro und sonstwas angehören. Und für jeden Typ gibt es natürlich ideale Konter bzw. Opfer. Das werde ich noch früh genug zu spüren bekommen.

Vater: Wen hast du genommen?
Tochter: Endivie. Sie kann vergiften und später heilen. Und sie wird in Level 16 Lorblatt.
Vater: In was verwandelt sich meiner denn?
Tochter: In Igelavar. Und danach in Tornupto.
Vater: Und wann?
Tochter: Level 14, Level 36. Ich kann jetzt gerade nicht…

Reise durch das Bonbonland

Die Dame kann nicht? Also folge ich ersten Hol- und Bringaufgaben, die vom Dorf in die Wildnis und dann nach Rosalia City führen; die komplette Erforschung der Region Johto soll knapp zwei Dutzend Stunden dauern. Auf der Karte wird durchaus so etwas wie ein Rollenspiel inszeniert: Man reist von Ort zu Ort, spricht mit Charakteren, meistert Zufallskämpfe (die gegen schwache Gegner irgendwann nerven), bekommt Gegenstände und wird nach ersten Fluchtreflexen durchaus neugierig auf die Spielwelt. Wozu gibt es diese Aprikosenfrüchte in diversen Farben, die man in eine Box stecken kann? Warum sammelt da jemand Beeren? Wirkt es sich tatsächlich auf mein Pokémon aus, wenn ich mit ihm spreche? Und tauchen auf der Wiese gegen Abend wirklich andere Monster auf? Wann kann man sich in eine Arena wagen?

Durchaus idyllisch: Bei Nacht brennen nicht nur die Laternen, man begegnet auch anderen Pokémon.

Es gibt Erkundungsreize und Gefahren: Dazu gehören z.B. sichere und unsichere Wege – wer durch das Tiefgras watet, muss z.B. mit wilden Pokémon rechnen. Außerdem gibt es finstere Höhlen, eine Karte mit Notizfunktion und auch kleine Rätsel sind dabei. Wer auf der Ausgrabungsstätte die Relikte in einem Puzzle richtig anordnet, darf die Katakomben erforschen – was hat es mit den außerirdischen Buchstabenwesen auf sich, die sich darin tummeln? Nintendo legt viele Köder aus, die einen an bekannte Orte zurück locken. Und dadurch, dass die Karte einige Hindernisse bietet, muss man seine Route durchaus klug planen oder kann Gebiete erst erforschen, wenn man erfahrener ist.

Tochter: Papa, sollen wir mal kämpfen?
Vater: Okay, aber ich wollte gerade erstmal herausfinden, wie ich den Stein da wegkriege.
Tochter: Hast du denn noch gar nicht trainiert?
Vater: Wo denn?
Tochter: Einfach durch das Tiefgras rennen und Monster bekämpfen! In welchem Level sind denn deine Pokémon?
Vater: Einer ist im sechsten, ein anderer auf drei.
Tochter (lacht laut): Erst zwei? Und so schwach? Dann üb mal noch ein bisschen.

  1. Ich finde den Test in der Retrospektive extrem interessant. Gerade wenn man sich im Vergleich den Test zu Sonne/Mond anguckt, merkt man, wie anders Pokémon damals noch in "ernsthaften" Videospielredaktionen aufgenommen wurde. Heute gibt es wahrscheinlich keine Redaktion, in der sich nicht mindestens ein Pokémon-Fan befindet. Damals wollte es noch niemand testen, und man war ganz überrascht, dass die Spiele nicht ganz scheiße sind. Ich frag mich, wann da dieses Umdenken stattgefunden hat, und seit wann die Pokémon-Spiele den heutigen guten Ruf haben.
    Macht es die Technik, die seit X/Y auch für Nicht-Fans ansprechend ist? Oder liegt es eher daran, dass die alten Fans jetzt mittlerweile auch erwachsen sind und Expertise in die Redaktionen gebracht haben?

  2. Toller Test!
    Konnte mir einige male ein Lachen nicht verkneifen, diese Einlagen mit der Tochter waren wirklich herzallerliebst.
    Jörg ist und bleibt einfach mein Lieblingstester.

  3. mit der Kernaussage bin ich ja bei dir, aber du musst auch bedenken, dass die meisten in der Redaktion auch schon einiges älter waren als wir damals (ich nehme mal nicht an, dass du 30 o. älter bist) und Pokemon dementsprechend auch anders gesehen haben
    wenn ich heutzutage ein Yu-Gi-Oh 4D oder wie das heißt auf RTL2 sehe, würde ich nie im Leben drauf kommen, mir davon ein Spiel anzuschaffen und schon gar keinem zumuten das testen zu müssen :)

  4. ist zwar lange her^^ aber mal ehrlich: eine Spiele-Tester-Redaktion die noch keinen Pokemon Titel gezockt hat? Ich kenne so gut wie keinen, ob Frau oder Mann, der damals nicht mit der Roten oder Blauen Edition mit Pokemon angefangen hat... schämt euch

  5. was hab ich geschmunzelt als ich diesen test gelesen hab (auch wenn er mittlerweile mehrere jahre aufm buckel hat) - sehr guter test!
    ich selbst bin ü30 und habe noch nie ein pokémon-spiel in händen gehalten noch hab ich mehr als 30 minuten meines lebens die anime-serie gesehen.
    dennoch werde ich mir pokémon schwarz-weiss holen - nicht zuletzt wegen diesem test. das durchaus anspruchsvolle kampfsystem, das jörgs nachwuchs so perfekt beherrscht, hat mich zum kauf animiert.
    in ein paar tagen werde ich ein feedback geben ob pokémon auch bei ü30ern zünden kann^^

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