Tödliche Labertaschen

Die bisherigen Games der Oddworld Inhabitants, einer Gruppe der außergewöhnlichsten Gamedesigner der Spielebranche, waren eher Adventures – sehr knobel- und geschicklichkeitslastig, weniger auf Action gemünzt. Der Stranger, der auch mit den bisherigen Helden, den schlafmützigen Abe und Munch, nun wirklich gar nichts gemein hat, geht den genau umgekehrten Weg: Jede Menge Action,

In der Außenperspektive lässt der Stranger die Fäuste sprechen…

gewürzt mit Hüpfeinlagen und einigen Puzzles. Ein ausführliches Tutorial bringt euch die Besonderheiten des Spieldesigns näher: Ihr habt es hier nicht mit einer, sondern mit zwei Steuerungsvarianten zu tun, je nachdem, ob ihr den Stranger aus der Ego- oder der Schulterperspektive steuert, zwischen denen per einfachem Druck auf den rechten Analogstick umgeschaltet wird. In der Außenansicht lauft und rennt ihr durch die Pampa, schlagt mit euren mächtigen Tatzen oder eurem noch mächtigeren Kopf zu, und springt präziser.

Aus dem Blickwinkel des Fremden hingegen wird es actionlastig. Hier wird Stranger zum Ego-Shooter, allerdings nur mit einer Waffe – die es auf der anderen Seite mächtig in sich hat! Denn geschossen wird nicht mit einfachem Blei, sondern mit lebenden Tieren, die der Stranger vorher betäuben und einsammeln muss. Da wäre z.B. das labertaschige »Arschbackenhörnchen« (was für ein großartiger Name!), welches euch schon mal anfängt zu beleidigen, wenn es ihm auf der Sehne eurer Armbrust zu langweilig wird – und sonst so lange auf eure Feinde einquasselt, bis die genervt auf den Nager losgehen. Oder wie wäre es mit den fiesen Fellbüscheln »Fuzzles« (die man aus »Munch’s Oddysee« kennt), die sich, bissig wie sie sind, erbarmungslos auf ahnungslose Gegner stürzen, und sich daher großartig für Fallen eignen? Praktisch auch die explodierenden Fledermäuse, die knollenartigen Käfer, die jeden Feind von den Socken hauen oder die Stinktiere, die eure Widersacher wörtlich zum Kotzen finden. Jedes Viech macht aus eurer Armbrust eine neue Waffe, außerdem könnt ihr sie auf jeder der

..aus der Ego-Sicht hingegen übernimmt die mit lebender Munition bestückte Armbrust das Wort.

zwei Seiten anders aufmunitionieren. Allerdings dürft ihr von jedem Tierchen nur eine begrenzte Menge mit euch herumschleppen – um nicht gerade in den hitzigeren Gefechten ohne Munition dazustehen, solltet ihr daher die Augen stets nach Nestern aufhalten. Die Munitionswahl ist denkbar einfach: per Druck auf das Digitalpad wählt ihr das Getier aus einer Liste aus, die Action ist währenddessen eingefroren.

High-Noon in Oddworld

Da der Stranger ein Kopfgeldjäger ist, ist seine Beute lebend natürlich mehr wert als tot. Um also Gegner einzusacken, müsst ihr sie bewusstlos bekommen. Das geht entweder mit ein paar gezielten Hieben, einem guten Treffer aus der Armbrust oder einer Umwickelung mit Spinnen-Munition, welche den Feind für kurze Zeit hilflos zappeln lässt – schnell hinrennen, und den Burschen in die praktische Vakuum-Beuteaufbewahrvorrichtung saugen! Übertreibt ihr es mit der Gewalt, ist der Feind nur noch ein Klumpen Fleisch, und somit kaum mehr etwas wert. Das gilt besonders für die Bosse: Ihr pickt euch einen Auftrag aus dem Kontingent heraus, bekommt noch einige Hinweise, wo der Übeltäter zu finden ist, und trabt los. Habt ihr euch durch die Horden normaler Feinde gekämpft, kommt der Obermotz heraus. Der ist um einiges stärker und zäher als der Rest der Bande, bringt aber auch viel mehr, speziell, wenn er an einem Stück im Gefängnis landet. Es gibt immer mehrere Wege mit einem Boss fertig zu werden; ein Teil der Herausforderung liegt darin herauszufinden, auf welche Art Munition er besonders allergisch reagiert. Und natürlich ist es einfach, ihn zu töten, aber gerade der Kampf um sein Überleben macht einen großen Teil des Spielreizes aus – man will einfach die komplette Belohnung abgreifen, egal wie oft man es versuchen muss! In dem Zusammenhang ist die Speicherfunktion eine große Hilfe: Sie sichert automatisch an bedeutenden Stellen, etwa direkt vor einem Bosskampf. Ihr könnt allerdings auch jederzeit selbst einen Spielstand anlegen,

Die Bosse sind um einiges schwieriger zu knacken als Standard-Widersacher – bringen aber auch deutlich mehr Geld.

z.B. in einer Feuerpause. In der dürft ihr euch auch heilen: Mangels Medizinpäckchen schüttelt ihr lästige Blessuren einfach wie Staub von eurem Poncho ab – allerdings kostet das Ausdauer, welche sich jedoch schnell wieder regeneriert.

In jeder Stadt gibt es neben dem Gefängnis auch ein Kopfgeldjägerfachgeschäft, in dem ihr euer hart verdientes Geld ausgeben dürft. Dort findet ihr u.a. Clips, mit denen ihr mehr Munition halten könnt, zusätzliche Tiere (falls mal kein Nest auszumachen ist), oder Lockstoffe, welche mehr Tiere aus ihren Verstecken holen.  Viel wichtiger sind jedoch bestimmte Ausrüstungsgegenstände, die euch das Leben vereinfachen: verstärkte Handschuhe z.B verleihen euren Schlägen mehr Wumms, andere Items beschleunigen den Nachladevorgang, spezielle »Breeder« lassen Munition automatisch nachwachsen. Das ist allerdings gleichermaßen Segen wie Fluch: Über kurz oder lang seid ihr nicht mehr auf Munitionssuche angewiesen und außerdem so stark mit Tierchen bestückt, dass euch das verdiente Geld im Grunde egal sein kann – dadurch geht der Reiz, die Gegner lebendig zu schnappen etwas flöten. Abwechslung bringen z.B. Rettungsmissionen, in denen ihr bestimmte Personen aus den fiesen Händen der Gangster befreien müsst. Die bringen viel Geld, sind aber auch riskanter, da die Zielperson in jedem Fall lebend zurückkommen sollte.

           

  1. Also ich bin nur noch begeistert von dem Game. Nachdem ich der Xbox zuletzt eigentlich den Rücken zugewendet hatte ist das echt ne derbe Überraschung. 90% hättens aber ruhig sein dürfen. ;)

  2. Steht doch alles im Text:
    »Klares Highlight ist aber die deutsche Sprachausgabe: Der Stranger hat eine bodenlose tiefe Stimme, Bewohner schnattern und krächzen wild umher, Bossgegner krakeelen wütend - die Sprecher sind super besetzt, die Texte (selbst Schilder und Beschriftungen in den Renderfilmen wurden übersetzt) sind fehlerfrei. Allerdings vermisst man genau wie in der englischen Fassung die Untertitel.«

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1