Haarige Angelegenheit

 

Freude und Häme, ganz nah beieinander: Ich finde es cool, dass ich gleich zu Beginn im Charakter-Editor erstmals eine Frau wählen, gestalten und zu meiner Karriere-Pilotin machen darf. Gut so, auch wenn in puncto offizielle Fahrer sonst nur die männlichen Stars der US-amerikanischen AMA-Supercross-Meisterschaft am Start sind. Bei der Auswahl der Frisur (welche während der Rennen natürlich nur unter dem Helm herauslugt) dann prompt ein fieser Lacher: Wenn man im Editor von einer Haarvariante zur nächsten wechselt, zuckeln die einzelnen Stränen drollig durcheinander – das wirkt wie eine kaputte Ragdoll-Physik, nur mit Haaren. Da auch die Gesichter emotionslos bis detailarm daherkommen und ich Tattoos oder Schmuck langwierig freischalten müsste, hake ich den Editor rasch ab und schicke mein Pilotin in den Schlamm.

 

Beim Thema Tutorials konnte sich Milestone in den letzten Jahren bei ihren Monster-Energy-Supercross- und MXGP-Spielen nie für eine konstante Linie entscheiden – auch diesmal bin ich nicht glücklich damit: Es gibt zwar ein Erklär-Rennen zum Start, bis auf ein paar mickrige Tipps wird aber viel zu wenig gezeigt. Auch die gute Vorjahres-Idee, das Tutorial-Rennen beim Einführen neuer Dinge kurz zu pausieren, wurde verworfen. Was mir z.B. die blau angezeigte Flow-Hilfe-Kurve bei den Sprüngen sagen will, muss ich mir gefälligst anlesen. Die Mehrspieler-Modi werden auch nur mit Text-Tafeln erklärt – Milestone schert sich zwar um Neueinsteiger, die Umsetzung gelingt dem Team aber nicht besonders gut.

 

Fühlt sich gut an!

 

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Schicke Flugshow: Im Scheinwerferlicht der virtuellen Arenen sehen Bikes, Fahrer & Co. richtig stark aus. © 4P/Screenshot

Das beste an den zahlreichen MXGP- und Monster-Energy-Supercross-Titeln der letzten Jahre war stets das Feeling auf dem Bike, in den Rennen. Das ist auch bei dieser Ausgabe so: Das Geschwindigkeitsgefühl ist gut, die Maschinen lenken sich gewichtig und griffig, das Herausbeschleunigen aus den Kurven macht Laune. Scrubs während der Sprünge (Fachsprache für das Seitlich-Legen des Motorrads in der Luft, um weniger Speed zu verlieren) gehen in Teil 3 endlich leichter von der Hand, allerdings ist auch die Gefahr höher, eine totale Bruchlandung hinzulegen.

 

Und man wird tatsächlich von Rennen zu Rennen besser: Anfangs wundert man sich, wie die Konkurrenz nur so über die Waschbretter fliegt oder während der Sprungkombinationen vorbeizieht, später lernt man selbst, mit welchem Tempo man welche Rampe anfährt oder was Techniken wie Whips oder Scrubs bringen. Die Spielphysik sorgt, vor allem beim Zusammenstoß mit anderen Fahrern oder der Streckenbegrenzung, immer noch für manch dümmlich aussehenden Sturz, ist aber nachvollziehbarer geworden. Speziell Abstiege vorn über den Lenker oder das Wegrutschen des Hinterrades bei zu großer Schräglage passierten mir in den ersten Stunden immer wieder – bis ich gelernt hatte, was ich immer falsch mache. Und ich gebe es zu: Ich bin ein Freund der Rückspul-Funktion. Bei der Genre-Konkurrenz auf vier Rädern fühlt es sich für mich oft falsch an, jeden zweiten Kurvenverbremser „wegzucheaten“, aber hier verstehe ich das (komfortable) Zurückspulen wie eine Quicksave-Funktion bei einem Oldschool-Ego-Shooter. Man kennt das: Rein in einen neuen Raum, einmal getroffen, zehn Lebenpunkte verloren – Quickload! Übersetzt ins Motocross-Universum: Kurve gut genommen aber schlecht rausbeschleunigt, voll auf der nächsten Rampe gelandet, komplett das Tempo verloren – zurückspulen! Weil ich gerne auf mittlerer oder hoher Schwierigkeit fahre und die Konkurrenz mich bei jedem Sturz gnadenlos nach hinten durchreicht, erlaubt mir dieses Feature den perfekten Motocross-Run. Da kann man natürlich die Nase rümpfen – mir macht das bei den Milestone-Zweirad-Titeln aber viel Laune.

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