Abgespecktes Best-of mit galoppierendem Neuzugang

Besonders originell klingt das Konzept nicht gerade, funktionieren könnte es trotzdem: Einige Jahre vor der Rente bekommt der gute alte 3DS noch einmal eine bunte Sammlung aus Marios Sportausflügen – inklusive einer neuen Disziplin (Pferderennen). Tennis und Golf halten sich spielerisch nah an den 3DS-Vorbildern Mario Tennis Open sowie Mario Golf: World Tour. Fußball orientiert sich an der Mario-Strikers-Reihe und Baseball an den hierzulande weniger bekannten Spielen Mario Superstar Baseball (Gamecube) bzw. Mario Super Sluggers (Wii). Die Steuerung dürfte Veteranen also bekannt vorkommen, doch beim Umfang hat Nintendo deutlich abgespeckt: Während es in den Vorbildern oft ein buntes Programm an Nebenaufgaben, Minispielen oder quietschbunten Oberwelten gab, konzentrieren sich die beauftragten Entwickler bei Camelot und Namco Bandai diesmal auf den Kern der jeweiligen Sportarten. Es lassen sich zwar Tutorials und kleine Übungseinheiten starten, statt kompletten Ligen oder einer übergeordneten Karriere (wie in Virtua Tennis: World Tour für PS Vita) gibt es schon wieder nur eine Hand voll Turniere sowie Einzelmatches. Schade, dass Nintendo nach dem enttäuschend simpel strukturierten Mario Tennis: Ultra Smash noch immer nicht dazugelernt hat.

[GUI_STATICIMAGE(setid=81645,id=92542169)]
System und Aufstellung lassen sich jederzeit im Menü ändern. © 4P/Screenshot

Eine gelungene Spielmechanik macht den Großteil der Disziplinen aber immerhin kurzzeitig zu einer spaßigen Angelegenheit: Fußball etwa verleiht dem Rasensport eine deutlich actionreichere Note. Vor allem die Spezial-Schüsse und -Kombos der zwei stürmenden Star-Spieler bringen Zunder in die Partie. Hat man durch gewöhnliche Aktionen wie Dribblings Energie aufgeladen, entfesselt man auf Knopfdruck einen übermenschlichen Angriff, bei dem Mario z.B. eine nur schwer zu haltende Bogenlampe abfeuert oder agile Spielerinnen den Torwart mit einem hohen Sprung überrumpeln. Es ist natürlich bei weitem kein PES oder FIFA, im Rahmen der einsteigerfreundlichen Spielmechanik gibt es aber einige sinnvolle Tricks wie etwa unterschiedlich hohe Pässe. Der Rest des Teams besteht leider nur aus generischen Schergen wie Gumbas, Toads oder Shy Guys.

Schmetterball und Beleidigungen

Beim Tennis fand ich mich ebenfalls sofort zurecht: Besonderheiten wie die Riesenspieler aus dem Wii-U-Ableger fehlen zwar, bekannte Mechaniken wie besonders starke Glücksschläge oder das lustige Provozieren vorm Aufschlag sind aber enthalten. Diese Sportart ist vor allem für Einsteiger und Gelegenheitsspieler interessant, da man auf Wunsch wieder eine stark vereinfachte Schlagsteuerung nutzen darf. Doch auch als Veteran kann man kurzfristig Spaß haben, wie unsere Duelle gegen ziemlich starke Online-Gegner bewiesen.

[GUI_STATICIMAGE(setid=81645,id=92542177)]
Die bunte Kulisse wirkt technisch sauber, auch auf den alten 3DS-Modellen. Es mangelt aber ein wenig an Details oder durchgeknallten Schauplätzen. Beim Tennis gibt es z.B. weniger verrückte Untergünde als in den vollwertigen Vorbildern. © 4P/Screenshot

A propos Online: Alle Sportarten unterstützen einfache Matches im Netz mit einem ähnlich minimalistischem Liga-System wie bei Super Bomberman R für Switch. Je nachdem, wie man sich geschlagen hat, steigt oder fällt das Ranking. Auf Wunsch kann man auch selbst Runden aufsetzen und mit Freunden spielen, darf aber nur wenige Regeln und Einstellungen modifizieren (z.B. ohne Spezial-Manöver). Im Gegesatz zum Bomberman lässt sich die Spielersuche nicht einmal auf eine Region wie Europa begrenzen; trotzdem blieb die Online-Performance hier meist sauberer als in Capcoms Spiel. Manchmal kam es allerdings zu krassen Lags, welche das komplette Geschehen in eine zuckelnde Zeitlupe verwandelten. Wer das vermeiden möchte, kann lokal per drahtloser Verbindung spielen. Je nach Disziplin mischen auch dann jeweils zwei bis sechs Teilnehmer mit. Jeder davon benötigt jedoch ein eigenes Modul, denn ein eingeschränktes Download-Spiel wird nicht angeboten.

Überraschend anderer Neuzugang

Die hierzulande eher exotische Sportart Baseball wird für Neulinge wie mich angenehm unkompliziert umgesetzt: Spezialwürfe wie ein Screwball oder ein Sinker lassen sich unkompliziert per Knopfdruck auswählen, so dass man danach nur noch mit gutem Timing eine sich füllende Leiste erwischen muss. Als etwas anspruchsvoller erweist sich Golf, bei dem man immer wieder zwischen Kameraperspektiven und Schlägern wechselt oder Unebenheiten einkalkuliert. Am längsten motiviert haben mich die neuen Pferderennen. Das ständige Einteilen der Ausdauer macht „Reiten“ zu einer schönen Abwechslung zu herkömmlichen Rennspielen, allerdings Mario-typisch mit starkem Arcade-Einschlag. Die ständigen Boost-Pads und verstreuten Energie-Symbole sorgen für eine Mischung aus Pferderennen und Fast RMX. Natürlich viel, viel langsamer und auf idyllischen Naturstrecken, auf denen man immer mal wieder über eine Hecke oder eine plätschernden Bach springt. Da man durch den „Herden-Effekt“ in der Nähe anderer Kläpper am schnellsten galoppiert, empfiehlt es sich, sich nicht all zu weit abzusetzen. Ein interessantes System, welches aber einen Schönheitsfehler besitzt. Die ersten Runden verkommen oft zur Nebensache, so dass der Schlusssprint und das leichte Gummiband etwas zu viel Einfluss auf den Zieleinlauf nehmen.

[GUI_STATICIMAGE(setid=81645,id=92542185)]
Das Herdentrieb-System baut auf dem Windschatten von Ridge Racer & Co. auf. © 4P/Screenshot

Wer sein Reittier zwischendurch in Minispielen pflegt, steigert dadurch die Bindung und verdient sich beim Start ein wenig Zusatzenergie hinzu. Oder man startet einen Ausritt auf die Koppel, um auf Sammelobjekte wie Dekorationen fürs Pferd zu stoßen. Trifft man etwa auf einen Vogel, lässt dieser  – ganz wie in der Realität – ein Kiste aus der Erde aufsteigen. Mit Hilfe freigeschalteter Jockeys wie Metall-Mario lassen sich die Werte der Pferdearten bei Ausdauer, Agilität oder Endgeschwindigkeit ausgleichen. Von solchen Details abgesehen habe ich aber auch hier eine echte Karriere vermisst. Stattdessen hat Camelot der Spielesammlung ein etwas umständliches System aus Münzen, Sammelkarten und Amiibo-Karten übergestülpt, welches mich aber eher abgeschreckt hat. Zudem dienen die käuflichen amiibo-Kartenpäckchen auch als ausgelagerte Pay-to-win-Option. Einfache „Star“-Charaktere kann man sich zwar durch das Abschließen normaler Turniere verdienen, die noch stärkeren „Superstars“ mit ihren Top-Werten gibt es aber nur gegen die realen Karten aus dem Handel. Mit ihrer Hilfe darf man sogar ein an Tipp-Kick erinnerndes Minispiel starten, das wir mit unserer Download-Version aber nicht ausprobieren konnten.

  1. Stalkingwolf hat geschrieben: 14.03.2017 17:22 die Karten funktionieren z.b auch in Zelda Breath of the Wild
    Wie soll das gehen? Mario-Characktere in BoW?
    Oder Link mit Mario-, Luigi-, wer-auch-immer-Mütze?
    Oder nur InGame-Goodies?

  2. Na super ... habe letzte Woche mal recherchiert was welcher Publisher so treibt und von wem man noch bedenkenlos Spiele kaufen kann. Viele blieben nicht übrig. Nintendo gehörten zu den wenigen.
    Lange Einzelspielermodi zu streichen ist in der Tat Politik, um Echtgeld-Investitionen zu triggern. Ganz krass und offen findet das bspw. bei Ubisoft statt.
    Dass Nintendo keine Lust mehr auf die Saubermann-Rolle hat, fällt speziell seit dem Tod von Iwata immer öfter auf. Das ist extrem schade, da gerade dieser eigensinnige Perfektionismus und der Fokus auf Werte und Fairness seit langem mit ein Grund war, warum es sich Nintendo herausnehmen konnte technisch hinterherzuhinken.

  3. Schade, hab mir etwas mehr von dem Spiel erhofft...
    Aber den Pay-to-Win-Aspekt finde ich schrecklich. Werden die Amibo-Karten nur von diesem Spiel unterstützt? Oder sind die mit allen Amibo-Spielen kompatibel? Oder nur mit einigen?
    Ich find die Karten schon jetzt schrottig... Die Amibos sehen wenigsten nach etwas aus!

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.