Das spazierende Rollenspiel
Was für ein angenehm bedächtig inszenierter, aber nichtsdestotrotz unterhaltsamer Einstieg. Statt einen klassischen Helden zu erstellen und große Taten zu vollbringen, geht es im Prolog erstmal rein in den scheinbar unspektakulären mittelalterlichen Alltag – und das für mehrere Stunden. In der Rolle des Schmiedesohns Heinrich fühlt man sich zunächst wie ein ungezogener Junge, wenn man nach einer durchzechten Nacht zu lange gepennt hat, die Mutter nervt und der Vater einen nach strengen Ermahnungen mit lästiger Arbeit versieht. Und weil man ja ein Mann sein will, soll man nicht nur Kohle für die Esse besorgen, sondern auch noch Schulden eintreiben. Ein Schwert? Ja, das gibt es. Aber nicht für Heinrich, sondern nur für den adligen Herren von Radzig, der es bald abholen will.
Zunächst wird man in einigen Übungen mit der Steuerung in Egosicht sowie dem Dorf und den etwas verschachtelteten, aber wunderbar illustrierten Menüs mit ihren Wappen und Malereien vertraut gemacht. Man lernt seine Familie, das nützliche Feilschen, den trägen Faustkampf sowie das störrische Reiten kennen, freut sich über die vielen
informativen Lexikoneinträge im Kodex und darüber, dass man nicht nur seine Ausdauer, sondern auch Traglast, Hunger und Müdigkeit beachten muss. Man trifft auch erste Entscheidungen mit Folgen, ob man z.B. den Kumpels hilft, einem verhassten Deutschen eine Lektion zu erteilen. Vielleicht wirkt diese Szene etwas zu modern und gerade zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz nachvollziehbar, denn auch Wenzel IV. war ja ein deutscher König, also ein Fremder aus dem Hause Luxemburg, und beide Bevölkerungsgruppen lebten bereits über eine Generation miteinander in Böhmen. Aber das Kontrastbewusstsein zwischen Tschechen und Deutschen war sowohl sprachlich als auch später vor allem religiös im 15. Jahrhundert durchaus vorhanden – der Konflikt ist also denkbar, nur gab es zwischen den beiden Völkern auch Heirat und Austausch. Nicht falsch verstehen: Die Wirkung der fiktiven Dramaturgie steht natürlich im Vordergrund, denn das Spieldesign ist der König, der angestrebte Realismus nur der Thron.
Der Feind heißt Sigismund
Und dann bricht der richtige Krieg aus: König Sigismund von Ungarn, Wenzels deutscher Halbbruder, der übrigens von selbigem auf Geheiß der böhmischen Adligen ins Land gerufen wurde (mehr dazu in diesem Video), erscheint mit seinen
kumanischen Söldnern und lässt keine Gnade walten. Jeder, der sich nicht in die Burg retten kann, wird brutal niedergemacht. So muss Heinrich mit ansehen, wie sein Vater und seine Mutter erschlagen werden. Er prägt sich das Gesicht des Mörders ein und schwört Rache. Das ist die nicht gerade einfallsreiche, aber zeitlose und überaus verständliche Motivation für die damit verknüpfte Hauptquest. Das Feindbild ist klar, besteht aus den Deutschen um Sigismund sowie aus den Kumanen, die entfernt an Mongolen erinnern und so verteufelt werden, dass man für jedes abgeschnittene Ohr gleich 100 Groschen bekommt. Das Problem ist nur, dass Heinrich weder besonders gut kämpfen noch reiten oder gar adligen Einfluss einsetzen kann. Das wird ihm schmerzlich bewusst, als man ihm nach einem sehr kurzen Schlagabtausch auch noch das von seinem Vater geschmiedete Schwert des Fürsten stiehlt. Ein Held ist er noch nicht, dazu auch noch ein Analphabet.
Aber für die Entwicklung seiner Athletik und Fähigkeiten hat man genug Zeit, zwischen 30 und 50 Stunden, zumal er nach tapferem Einsatz in die Dienste eines Fürsten aufgenommen wird. Man darf sich durch den filmisch hochwertig inszenierten Überfall nicht täuschen lassen: Während die meisten Fantasy-Abenteuer meist direkt in die Action galoppieren, spaziert dieses Rollenspiel. Man muss sich langsam hoch arbeiten, kann vielen Nebenquest und Aktivitäten nachgehen und verbessert durch Gebrauch nur schrittweise
seine Werte. Wer viel rennt bekommt mehr Vitalität; wer überzeugt entwickelt die Rhetorik; wer kämpft steigert die Stärke; wer viel säuft wird trinkfester etc. Erreicht man auf diese Weise bestimmte Stufen, kann man weitere Fähigkeiten ausführen wie z.B. spezielle Kombos im Kampf oder lautloses Töten beim Schleichen. Hinzu kommen Fertigkeitenbücher oder Ausbilder, die einen in mehreren Stufen z.B. im Schlösser knacken, Bogenschießen, Reparieren, Lesen, Reiten etc. trainieren. Manches davon hilft dann auch in den Dialogen als Mittel der Überzeugung! So entsteht das angenehme Gefühl, dass man mit tüchtiger Arbeit auch seines Glückes Schmied werden und sich in zig Richtungen frei entwickeln kann. Dieses entschleunigte Erlebnis trägt zusammen mit dem authentischen Anspruch dazu bei, dass man die natürlichen Landschaften mit ihren idyllischen Wäldern und die Figuren bewusster wahrnimmt, sowohl visuell als auch inhaltlich. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile. Und Letztere führen dazu, dass aus dem gemütlichen Spazieren oftmals ein frustrierendes Stolpern wird.
Ich muss tatsächlich zum Ende hin so einiges revidieren und habe das Spiel nun genervt für beendet erklärt. (Vielleicht weiß ja einer Rat)
Ich habe es wirklich versucht, ich stehe total auf das Spiel, aber es geht nichts mehr. Ich habe keine Ahnung was ich getan habe, ich finde eigentlich, dass ich einen extrem sauberen Durchgang hingelegt habe, außer dass ich mit Pater Godwin nicht gesoffen habe. Das wurmte mich dann doch extrem, da diese Sauftour Einfluss auf 2-3 Achievements hat, die ich gerne mitgenommen hätte. Da kommen wir zum ersten Punkt:
- Was hat sich Warhorse denn bitte mit den Achievements gedacht? Wenn man Pech hat muss man da teilweise für einen Erfolg einen ganz neuen Durchgang starten. Dabei schiele ich ganz bewusst gen Fritz & Matthäus in Kombi mit dem Judas Erfolg sowie dem Erfolg die beiden nach Pribyslawitz einzuladen. Aber die Erfolge von "Das Los der Frau" oder "A Woman's lot" schießen ja komplett den Vogel ab. Wenn ich Herrin Stefanie flachgelegt habe, muss ich das geschenkte Hemd aufbewahren und im Dialog mit Johanka tragen, damit dies ein Ereignis triggert? Wtf? Ich muss mit Pater Godwin sündigen, damit ich diese Sünde beim Inquisitor gestehen darf für einen Erfolg. Oooook....
Ich bin ja so ein Typ Spieler, der gerne komplettiert. Dabei spiele ich zunächst ein Game - meist RPG's- ohne Guide durch so vollständig wie es nur geht, dann ziehe ich mir die Achievementliste rein und hol mir den Rest. Warum? Keine Ahnung, ich ticke eh nicht besonders sauber...
- Gamebreaking Bugs sollte es ja eigentlich nicht mehr geben, wenn die Entwickler zwei Jahre Zeit hatten und dann noch 4-5 DLC's gebracht haben. Denkste. Ich habe in KCD alle (Neben-)Quests abgeschlossen aus dem Hauptgame und auch den Erfolg dafür bekommen, also widmete ich mich der Hauptquest. Ich will jetzt nicht zu viel schreiben. Vielleicht will es ja jemand noch zocken und fühlt sich gespoilert...
Tribok ist gebaut, erste Probe, Zwischensequenz kommt, kleine Überraschung und Herr Diwisch...
Könnte Spoiler enthalten, wenn man erst neu beginnt und Alles was glitzert noch nicht beendet hat:
Mittlerweile ist das Spiel schon in einem vernünftigen Zustand. Es gibt zwar noch Bugs. Ich erinnere mich an eine Quest, die ich nicht so abschließen konnte, wie gewollt, weil ich mit der Zielperson nicht sprechen konnte. Irgendeine Quest in Talmberg mit Thomas im Badehaus war das. Gestern habe ich Alles was glitzert gecrashed. Witzige Sache war das: Ich bin auf nach Skalitz um Esther aus den Händen der Banditen zu befreien für Florian, der sich in Sasau ins Bruoch machte. Zwei Banditen umgebracht, der Bogenschütze fing an zu sprechen und ich fand die Position des Hintereingangs raus, der zur Werkstatt der Münzfälscher führte. Bin mit Ulrich hin, hab ihn überzeugt zu gehen und Jeschek verhaftet. Nun soll ich nach Rattay zurück und Radzig Bericht erstatten. Als Ziel wird mir aber noch gezeigt, dass ich Rapota finden soll. Dachte ich mir, weißte was, vielleicht kriege ich mehr Infos, beispielweise über das Quecksilber, da ich den Weg der Kupferplatten gegangen bin. Ich zur Werkstatt und Rapota lief da tatsächlich rum. Im Dialog erzählte er mir dann vom Haupteingang der Münzfälscherwerkstatt. Jetzt haltet euch fest: Questlog aktualisiert sich, ich soll die Werkstatt aufsuchen und auf einmal ist das Gespräch mit Radzig fehlgeschlagen und dann die ganze Quest. Ladebildschirm kommt, endet aber nicht mehr. Neustart und Quest komplett ab der Stelle beginnen, an der ich Ulrich nach Hilfe frage.
Man merkt bei den teilweise doch wirklich sehr komplexen Questlines, dass die Spielmechanik extrem überfordert ist. Ladezeiten werden länger, NPC's nicht mehr ansprechbar. Bisher ist mir nur eine Quest fehlgeschlagen, dass war Unkraut für den Alchemisten im Kloster von Sasau, der auch mit der Seuche in Merhojed hilft. Ich habe alles an Unkraut vernichtet, nicht nur im Garten, nein, auf dem gesamten Gebiet. Und dennoch schlug es fehl. Keine Ahnung wieso, vielleicht war es auch nur ein...
Schade, dass ich zu release mehrfach durch vollends kaputte Quest- und Dialoglogik aus dem Geschehen gerissen wurde, aber ich glaube, ich werd es heute nochmal installieren.
Ich hoffe auf einen Nachfolger, der nicht noch ambitionierter ist, sondern einfach technisch funktioniert. Damit wäre ich schon sehr zufrieden.
Aber ich habe Spaß an dem Spiel und es hat wirklich einige tolle Momente, die ich öfters in dem Genre sehen möchte. Auch der Survivalaspekt ist nicht zu aufgezwungen und weiß zu überzeugen.