Endlich beherrsche ich wieder die Frontline! Meine Panzer haben den letzten Feind in der Mitte besiegt und sind unter lautem Kettengerassel eine Etappe vorgerückt – jetzt wird die gezackte Linie direkt vor meinem Gegner platziert. Mein Vorteil: Ab sofort kann ich alle Truppen seiner Nachschublinie und, noch viel wichtiger, auch sein dort liegendes Hauptquartier (HQ) direkt angreifen! Also schicke ich gleich die Panzergrenadiere hinterher. Und die Fallschirmjäger. Das Blatt scheint sich zu wenden, jetzt mache ich Druck! Bis vor wenigen Runden musste ich entweder Flieger oder Artillerie für Attacken einsetzen, weil die Frontlinie genau vor meinem HQ verlief.
Und genau das ist der kreative Clou: KARDS setzt auf eine flexible Linie, die nur zu Beginn eine neutrale Mitte zwischen den Feinden darstellt. Dahinter liegt jeweils das HQ mit zwanzig Lebenspunkten, das man für den Sieg vernichten muss. Spielt man aus seinen Handkarten etwas aus, muss man die Truppen zunächst neben dem HQ, also in der hinteren Reihe platzieren. Artillerie und Infanterie verharrt dort zunächst (bis auf einige Ausnahmen mit Blitzangriff), nur Panzer können sofort im selben Zug in die Mitte preschen – und sobald man als Erster dort ankommt, verschiebt sich die Frontlinie zum Feind.
Knackige Gefechte
Das ist eine kleine, aber feine Finesse, die für angenehm abwechslungsreiche, höchst spannende Gefechte sorgt, die von authentischen Geräuschen begleitet werden, von den Sirenen der Stukas bis zur Stalinorgel der Katjuschas. Dabei kann es keinen langwierigen Grabenkrieg geben, weil einige Waffengattungen sich bewegen und feuern, die Frontlinie überfliegen oder überfeuern können. Es gibt zwar recht wenig Konterkarten, aber man kann sich auch proaktiv schützen oder reagieren. Es gibt einmalige Befehle und permanente Fähigkeiten, also zig Buffs und Debuffs, darunter auch kumulative Boni. Man kann die Sicht vernebeln, doppelt angreifen, Streufeuer abgeben, Harakiri begehen, das HQ über 20 Punkte hinaus “heilen”, Einheiten im Sperrfeuer unterdücken, so dass sie eine Runde aussetzen müssen, oder seine Nachbarkarten mit einer Einheit so bewachen, dass sie immun gegen Schaden sind – dabei kommt es auch auf die richtige Platzierung an. Zwar erreicht man nicht die Fülle eines Magic: The Gathering, aber das kann auch schon auf einen über Jahre gewachsenen Fundus an Verfeinerungen und Spezialkarten zurückgreifen.
Aber sowohl offensive als auch defensive Zustände kann man noch gezielt verstärken, so dass angenehmes taktische Grübeln entsteht. Dazu trägt auch das Kostenprinzip bei: Es gibt kein “Mana” über Länderkarten wie in Magic: The Gathering, sondern jede Runde für jeden Spieler steigende K-Punkte von eins bis X. Man kann also in der ersten Runde nur Truppen mit dem Wert von eins ausspielen – oder passen und sparen. In der zweiten Runde bekommt man schon zwei Punkte und könnte eine höherstufige Karte legen, bis man irgendwann zehn oder mehr K in einer Runde zur Verfügung hat! Das ist ein simples, aber effizientes Prinzip quasi endloser Energie, wobei jede Karte über einen Angriffs- sowie einen Verteidigungswert verfügt.
Kards ist genial, endlich wieder einmal ein Kartenspiel ohne viel BlingBling und Effektgedröhns. Ich habe mich z.B. in Witcher 3 immer wieder gerne an einen Tisch gesetzt um Gwint zu spielen, einfach weil ich das Spiel in seiner Einfachheit und dem stimmigen Artdesign unglaublich abgefeiert habe. Als das Spiel dann als Standalone-Ausgabe erschienen ist, habe ich es mir natürlich gleich geholt und wurde bitter enttäuscht: Irgendwie ist der ganze Zauber von Gwint verflogen. Alles wirkt überladen, überall fürchterliches Effekt-Geblinke und massig neue Regeln.
Hier geht Kards für mich genau den richtigen Weg. Das Spielprinzip ist auf das Wesentliche reduziert und das Design ist schlicht, aber extrem stimmungvoll. Top.
Trotz der vielen prominenten Ableger dieses Genres konnte ich bislang noch keinen Anreiz zum Einstieg finden, vermutlich aufgrund meiner Ferne zu mystischen Welten.
KARDS hat es schonmal geschafft mein Interesse zu wecken, u.a. weil ich mir die richtige Mischung aus Authentizität und Spiel im Bezug der WW2-Maschinerie verspreche und nicht die Brutalität ansich. Nicht dass ich mir die Moral auf die Fahne schreibe, aber nach zwei Jahrzenten Geballer und Milliarden von e-Toten fühle ich mich diesbezüglich einfach gesättigt. Von Schlachtschiffen und Donnervögeln hingegen kann ich niemals genug bekommen.
Bin gespannt was mich hier erwartet, ohne den Test wäre das Spiel vermutlich an mir vorbei gegangen.
Innerhalb der F2P-Konzepte gehört KARDS zu den positiven Ausnahmen. Man kann sich sehr lange damit beschäftigen, alle Schlüsselmechaniken und fünf Fraktionen ausprobieren, sich gegen KI oder im Netz austoben, ohne zu zahlen. Für Gelegenheitsspieler mit Freundesliste ist das vollkommen ausreichend, was man nebenbei an Karten gewinnt.
Ich würde sogar sagen, dass 1939 Games - inklusive Early Access, der ja ein Jahr lief und viele Fans schon bedient hat - fast zu viel zu lange gratis anbieten.
Aber das ist ein cooles Spiel, ich drücken den Isländern die Daumen, dass es sich auch auszahlt.
Bestu kveðjur!
Ich spiele KARDS seit dem Early Access und die Spielmechanik macht wirklich Spaß. Durch den authentischen Hintergrund hebt es sich natürlich von anderen Fantasy Kartenspielen wie Hearthstone, GWENT, und Magic ab. Aber KARDS hat für Anfanger jetzt natürlich das große Problem das es eben schon lange im EA war. Viele EA Spieler haben ihre Mega Decks komplett. Wer als Anfanger gegen einen EA Spieler in den Kampf gewurfen wird, kann quasi gleich ausmachen. Auch am Balancingmuss noch sehr gründlich gearbeitet werden. So kann man sich Flieger Decks basteln, da man Nationen Karten mischen kann. Diese fliegen dann einfach mal über jede Frontkarte drüber und bomben das HQ so einfach weg. Noch anzumerken wäre dasman wie in anderen Kartenspielen auch, sehr viel Echtgeld ausgeben kann.
Für mich macht Kards jede Menge richtig, sodass es auch gegen Bots spaßig bleibt.
Nur sind die Belohnungen so mickrig und die Achievements so grindy, dass man als F2P-Spieler jede Menge Zeit investieren muss, um ein halbwegs kompetitives Deck zusammenzustellen. Und die geringe Spielerzahl sorgt leider auch dafür, dass Anfänger gegen Decks und Spieler gematcht werden, gegen die sie keine Chance haben. Was auch die ganzen negativen "Pay 2 win"-Reviews erklärt - auch wenn das kein P2W ist, da man alles auch ohne Echtgeldeinsatz erreichen kann. Neulinge an der Stange zu halten, sieht jedenfalls anders aus.
Als Buy 2 Play und mit den daraus resultierenden Einnahmen für neue Entwicklungen würde es meiner Meinung nach besser funktionieren.