Fernöstlicher Rückblick
Ich kann mich noch gut erinnern: Wir haben uns vor zwei Jahren riesig auf BioWares neues Rollenspiel gefreut, den Release schon fast mit Räucherstäbchen gefeiert, wurden aber letztlich ernüchtert. Jade Empire konnte auf der Xbox gut unterhalten, entführte in eine exotische Welt voller Geister und Dämonen, Kampf und Weisheit, unterhielt optisch, akustisch und erzählerisch auf hohem Niveau. Aber Probleme in der Kampfbalance, die Gleichmacherei in der Charakterentwicklung, das fehlende Inventargewühle sowie das karge Party-Management versperrten den Weg in Hitregionen.
Und jetzt? Zwei Jahre später serviert das Team von Grey Matter die Umsetzung für PC. Das Team hat die Kulisse natürlich aufpoliert und für höhere Auflösungen optimiert, die Ladezeiten deutlich verkürzt, außerdem hat man neben neuen Kampfstilen auch frische Monster, Waffen und Gegenstände integriert – die man allerdings mit der Lupe suchen muss. In der edlen Box finden sich ein Poster und ein Artbook mit Skizzen. Ein wirklich attraktives Paket; vor allem für all jene, die Jade Empire noch nicht kennen. Schön ist, dass die Maus- & Tastatursteuerung einwandfrei funktioniert: Ob Strafen, Salto oder Bereichsattacke – alles sehr komfortabel auszulösen. Nur die Kamera rutscht manchmal etwas schnell in eine andere Perspektive; ihr könnt übrigens auch ein Gamepad anschließen.
Verspäteter Award
Aber ist das Spiel jetzt auch besser? Macht es mehr Spaß als anno dazumal auf der Xbox? Nein. Dieselbe gute Story umrahmt dasselbe karge Party- und Charaktermanagement. Die Figuren bestechen mit ihrem Design, in den Dialogen, spielen sich aber immer noch sehr ähnlich. Setzt es technisch auf dem Rechenknecht eine neue Duftmarke? Nein. Jade Empire sieht klasse aus, wenn es in den Kämpfen kracht und funkelt, wenn das Licht eine Blumenwiese in gleißendes Licht taucht, aber in der Kulisse zeigen sich auch viele klobige Spuren der Xbox-Version, wenn man sich Mauern, Gebäude oder den Horizont anschaut; auch die alten Clippingfehler sind vorhanden – das Abenteuer lebt eher von seinem exotischen Reiz als von üppigen Details.
Trotzdem: Die Kämpfe überzeugen mit schönen Manövern, die Dialoge sind lesenswert und die Charaktere wirken ebenso glaubwürdig wie die Spielwelt. Der Hauptkritikpunkt am Original wird hier zwar etwas entschärft, aber nicht ausgemerzt: die fehlende Herausforderung in den Kämpfen. Obwohl teilweise mehr Gegner auftauchen als auf der Xbox und einige neue Monster wie der Nashorn-Dämon mit anderen Taktiken aufwarten, vermisst man irgendwann den Nervenkitzel in den Duellen. Immer noch kann man selbst riesige Feinde sehr schnell besiegen.
Viperzunge & Eisenhand
Schnelle Attacken inklusive Giftschaden im Viper-Stil für gute, enormer Schaden im etwas langsameren Eiserne Hand-Stil für böse Charaktere. Diese beiden Kampfstile ergänzen das üppige Sammelsurium an Möglichkeiten. Aber wird der Tanz auf dem Martial Arts-Parkett dadurch spürbar aufgewertet? Nein. Es ist zudem nicht nur schade, dass die beiden Neulinge nicht im Handbuch beschrieben werden, sondern auch, dass sie erst ab dem dritten Akt zugänglich sind. Und dann sind sie auch noch auf eine moralische Ausrichtung beschränkt. Warum hat man nicht den Jade-Meister-Modus sofort spielbar gemacht? Hier warten stärkere Gegner und weniger helfende Power-Ups auf euch. Aber leider erst, wenn man das Spiel einmal durch hat.
Inzwischen sind ein paar Jährchen vergangen, wir schreiben 2011, und es gehen Gerüchte von einem JE- Sequel um- Grund genug sich noch mal Jörgs alten Test vorzunehmen.
Und, Jungejunge, nur etwas über dreissig Kommentare (xBox) für einen Jörg-testet-ein-dolles-Rollenspiel-Test, gar ÜBERHAUPT keinen für den PC-Nachklapp (sogar nochmal um 2 Punkte abgewertet (!)) ?
DAS waren noch Zeiten.
Aber Gnade dir, Jörg, wenn du es WAGEN solltest ein eventuelles Sequel unter 80 zu bewerten- jetzt KENNEN wir das Ding.