Aus Spaß wird Ernst

Zu Beginn fällt es schwer zu glauben, dass bei Hide & Seek tatsächlich Spannung aufkommen soll, wenn man auf dem Rücksitz eines Wagens in die Rolle des 13-jährigen Ben schlüpft, der sich zusammen mit seinen Eltern und der jüngeren Schwester Iris auf dem Weg nach Hause befindet. Dort warten zunächst auch alltägliche Aufgaben wie das Einschalten einer Sicherung oder Tischdecken vor dem Abendessen. Der etwas lahme Einstieg dient in erster Linie dazu, die Figuren etwas näher kennenzulernen. Auch wenn die Dialoge eher mäßig geschrieben und von englischen Sprechern synchronisiert wurden, erfährt man doch eine ganze Menge – sei es über die Forschungen des Vaters oder gesundheitliche Beschwerden der Schwester. Warum ein Arzt neben einem Labor aber auch einen Panikraum in seinen eigenen vier Wänden installiert hat, erfährt man erst im Laufe der Geschichte, die trotz gewollten Wendungen recht vorhersehbar ist.

Eine kleine Runde „Verstecken spielen“ mit der kleinen Schwester deutet bereits an, wohin die Reise geht: Nachdem sie bis zehn gezählt hat, darf man nicht von ihr entdeckt werden, muss gleichzeitig aber einen Schlüssel finden, um aus dem fiktiven Verlies zu entkommen. Nicht nur Schränke eignen sich hervorragend als Versteck, denn man kann auch einfach hinter Möbeln den suchenden Augen aus dem Weg gehen, behält gleichzeitig aber weiter seine Bewegungsfreiheit und eine bessere Übersicht, wenn man in der Ego-Perspektive durch das Haus schleicht. Dabei bewegt man sich idealerweise in einer geduckten Haltung, die zwar wesentlich langsamer ist, gleichzeitig aber weniger Geräusche beim Gehen verursacht. Es ist ein guter Vorgeschmack auf das, was Ben erwartet, denn schon kurz danach wird aus Spaß bitterer Ernst: Als sich drei Leute in der Dunkelheit Zugang zum Haus verschaffen und die Eltern gefesselt im Keller als Geiseln festhalten, liegt es an Ben, Hilfe zu holen, Medizin für die kranke Schwester aufzutreiben und dabei den Eindringlingen aus dem Weg zu gehen, um die Nacht zu

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Seinen Puls muss man beim Kauern im Versteck nur selten in einem Minispiel ruig halten. © 4P/Screenshot

überleben.

Nur wenig Spannung

Was sich zunächst aufregend anhört, entpuppt sich leider schnell als ein ziemlich ödes Abklappern von Räumen, die auf der Karte auch noch automatisch markiert werden. Während man also ständig aus mitunter recht aufgesetzten Gründen von A nach B geschickt wird, gibt es zwar immer wieder vereinzelte Spannungsmomente, doch normalerweise erkennt man die Position der drei Gegner aufgrund der auffälligen Lichtkegel oder ihres unentwegten Geplappers meist gut. Sollte es trotzdem mal zu einer überraschenden Begegnung kommen, kann man sich die Flucht eigentlich sparen, da es nur selten gelingt, den Verfolgern zu entkommen oder sich noch rechtzeitig in einem der zahlreichen Verstecke zu verkriechen. In diesem Situationen hat man manchmal das Gefühl, einfach nur einem Trial & Error ausgeliefert zu sein.

Überwiegend hat man aber leider das Gefühl, sich trotz der bedrohlichen Situation in Sicherheit wiegen zu können, zumal man in manchen Arealen wie Lüftungsschächten oder dem Labor ohnehin keinen Feindkontakt zu befürchten hat, wodurch der Spielablauf noch weiter an Spannung einbüßt. Das konzeptionell interessante Minispiel, bei dem man per Bewegungssteuerung in einem Reaktionsspiel seinen Puls senkt, hätte das Kauern im Versteck bereichern können – etwa so, wie das Anhalten des Atems bei Alien Isolation. Aber ratet mal, wie oft ich bei meinem mit zwei bis zweieinhalb Stunden extrem kurzen Durchlauf in dieser Situation war? Ein einziges Mal! Im Versteckspiel am Anfang, wo die Mechanik eingeführt wird. Selbst als ich meinen Verfolgern doch mal knapp entkommen und mich noch rechtzeitig verstecken konnte, musste ich nie wieder die Mini-Herausforderung überstehen – schade. Zudem erlaubt es die extrem rudimentäre Spielmechanik leider nicht, die Eindringlinge gezielt abzulenken, sei es durch Wurfgegenstände oder der Interaktion mit der Umgebung wie z.B. Einschalten eines Radios. Hier lässt man zu viele Chancen ungenutzt, den Spielverlauf zu bereichern und dynamischer zu

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Metal Gear? © 4P/Screenshot

gestalten. Was macht man stattdessen? Nur durch Zufall werden per Skript Geräusche ausgelöst, die die ungebetenen Gäste anlocken und mich als Spieler künstlich in eine heikle Lage bringen.

VR empfohlen, aber nicht nötig

Zwar kann man das Versteckspiel ganz normal am Fernseher erleben, doch wenn man die Möglichkeit hat, sollte man dringend von der VR-Option Gebrauch machen. Dank der erhöhten Immersion erlebt man den Trip deutlich intensiver, zumal man auch wieder Komfort-Funktion wie schrittweise Drehungen aktivieren darf. Muss man im Laufschritt fliehen, wird außerdem der Sichtbereich eingeschränkt, um möglicher Übelkeit vorzubeugen. Bei der Option zur Steuerungs-Invertierung haben die Entwickler dagegen Mist gebaut, denn statt der angegeben Y-Achse wird hier die X-Achse umgekehrt.

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Die Karte gibt nicht nur Aufschluss darüber, wo man sich gerade befindet. Sie zeigt auch, wohin man als nächstes gehen muss. © 4P/Screenshot

Ein weiterer Vorteil von VR: Aufgrund des besseren Mittendrin-Gefühls ist man trotz des mitunter stark ausgeprägten Kantenflimmerns eher bereit, die detailarme Umgebung und die grob modellierten sowie mäßig animierten Figuren zu akzeptieren. Auch hinsichtlich der Beleuchtung hätte man deutlich mehr herausholen können, die hier recht lieblos wirkt, sich damit aber perfekt in den grafischen Gesamteindruck einfügt. Immerhin überzeugt das Bonzen-Anwesen trotz der leicht überdimensionierten Türen durch eine interessante Architektur und manche der Räume sind ganz nett eingerichtet.

 

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