Lauf, Forrest, lauf…

Ganz klar: Erblickt man zum ersten Mal den minimalistischen Grafikstil mit einem abstrakten Vektoren- und Wireframe-Look, werden sofort Erinnerungen an den futuristischen Musik-Shooter Rez wach, der neben den beeindruckenden Klangwelten auch aufgrund seiner stylischen Visualisierung im Gedächtnis geblieben ist.

Doch anstatt den bewaffneten Weg zu wählen, orientierten sich die Italiener spielerisch lieber am Klassiker Canabalt, und verpassten Fotonica durch die Ego-Ansicht sowie eine vertikale Levelstruktur eine angenehme Prise Mirror’s Edge. Das Ziel ist so simpel wie die Mechanik: Gelangt heil vom Anfang bis zum Ende – und das so schnell wie möglich. Hält man eine Taste gedrückt, rennt man los. Lässt man sie los, springt man ab und kann seine Flugbahn beeinflussen, indem man in der Luft erneut die Lauf-Taste betätigt. Simpel? Ja. Einfach? Nein. Denn es erfordert nicht nur die Suche nach dem optimalen Weg durch das vertikale Gerüst aus Plattformen, Häusern, Vektoren-Wäldern, Boost-Katapulten und schmalen Stegen, sondern auch das richtige Timing für Sprünge und Landungen. Oft führen die

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Baut man genug Geschwindigkeit auf, färbt sich die Spielwelt golden. © 4P/Screenshot

ersten Versuche daher gnadenlos in den tödlichen Abgrund – sei es aufgrund eines zu optimistisch eingeschätzten Absprungs, wegen einem zu spät gesehenen Hindernis beim teilweise zu langsamen und unübersichtlichen Grafikaufbau oder weil man einfach zu wenig Tempo in den Beinen hatte.

Go for Gold!

Denn Geschwindigkeit ist Trumpf: Mit jedem zurückgelegten Meter und sauberer Landung läuft man schneller. Hält man das möglichst lange fehlerlos durch, wird irgendwann ein Gold-Modus aktiviert, in dem sich das Bild färbt und man neben dem Einsammeln von kleinen Kugeln weitere Punkte für die Platzierung auf der Bestenliste abstauben darf. Leider erklärt das kurze Tutorial zwar die grundlegende Steuerung und alternative Kontroll-Methoden, schweigt sich aber zu den restlichen Mechaniken aus.

Ebenfalls etwas unglücklich geraten ist das HUD mit seinem weißen Punktmatrix-Design in der rechten unteren Ecke. Selbst wenn man sich auf die Anzeige von Punkten, Zeit und der zurückgelegten Strecke konzentriert, kann man hier kaum etwas erkennen. Fokussiert man sich auf den Parcours, rücken die Angaben endgültig in den Hintergrund und werden zu einem optischen Schnickschnack degradiert, auf den man genauso gut hätte verzichten können.

Kein Rez-Ersatz

Dass das Zusammenspiel von treibenden Elektro-Beats und minimalistischer Grafik begeistern kann, hat u.a. Rez gezeigt. Leider verpasst Fotonica die Chance, eine vergleichbare Euphorie auszulösen. Das liegt zum einen an der enttäuschenden Musikuntermalung, die trotz ein paar bemerkenswerter Bass-Sequenzen überwiegend unauffällig und übertrieben sphärisch vor sich hin plätschert. Wie cool wäre es, wenn sich mit aufgesammelten Kugeln oder zunehmender Geschwindigkeit auch der Soundtrack dynamisch ans Spielgeschehen anpassen würde? Oder wenn man anhand des Beats Hinweise auf das Absprung-Timing bekommen würde? Zum anderen wäre es schön gewesen, wenn auch die visuelle Darstellung abgesehen von der Gold-Färbung stärker auf meine Leistungen reagieren würde.

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Der visuelle Stil ist zwar auf Minimalismus ausgelegt, zieht einen dank flotter Darstellung und Wackelkamera aber trotzdem gut ins Geschehen hinein. © 4P/Screenshot

Hier wäre so viel mehr als nur ein weiterer Vertreter der simplen „Lauf-und-Spring-Fraktion“ möglich gewesen. Ja: Fotonica wurde visuell interessant verpackt, aber spielerisch leider zu sehr auf die Handygeneration zugeschnitten.     

Enttäuschend ist auch der Umfang: Im Arcade-Modus stehen gerade mal acht Abschnitte zur Verfügung, die sich zusammen trotz mehrerer Versuche in unter einer Stunde meistern lassen. Hinzu kommen drei weitere Level für den Endlos-Modus, der seinem Namen leider nicht gerecht wird. Ich habe mich z.B. auf dem Aurelia-Parcours offenbar etwas zu gut geschlagen. Doch anstatt die Geschwindigkeit oder die Komplexität weiter zu erhöhen, wird irgendwann einfach der Bildschirm weiß und das Spiel wird beendet – das ist schwach! Schön dagegen, dass insgesamt vier Tempo-Klassen zur Auswahl stehen und auch der Grafikstil sowie der „Detailgrad“ der Kulissen und mitschwingenden Hände in den Optionen angepasst werden dürfen.  Eine willkommene Ergänzung zu den Sololäufen stellt außerdem der Mehrspieler-Modus dar, in dem bis zu vier „Runner“ gleichzeitig am geteilten Bildschirm um die Bestzeit kämpfen. Direkte Online-Duelle werden als Alternative aber leider nicht angeboten.

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