Flashiger geht’s nicht!

Der Titel stammt zwar nicht vom „The Room“-Schöpfer Fireproof, Entwickler Charm Games hat sich aber offenbar stark davon inspirieren lassen. Das Konzept wirkt wie gemacht für stehendes Roomscale-VR auf überschaubaren Raum. Hier an ein paar Rädchen drehen, dort eine elastische Schnur mit paar geheimnisvoll glühenden Lichtkugeln in kugelrunde Fassungen einsetzen – und schon entfaltet sich die fremdartig surrende Maschine weiter um mich herum, so dass ich alle Bestandteile gut mit den Bewegungscontrollern der HTC Vive erreiche. Immer mehr schwarz glänzende Waben erheben sich aus dem Gebilde, bis ich inmitten eines bizarren Gerüsts aus Röhren, Hebeln und schwebenden Splittern stehe.

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Was…oder wo…und überhaupt warum? © 4P/Screenshot

Das Design hat mir immer wieder Gänsehaut verpasst: So sehr wie hier fühlte ich mich noch nie an das erinnert, was ich mir nach dem Kinofilm „Der Rasenmähermann“ im Kopf herumspukte, wenn ich mir mögliche VR-Spiele ausmalte. Ich fühle mich, als wäre ich persönlich in eine andere Welt gebeamt worden, in der ich mit eigenen Händen die Regeln einer fremdartigen Technik entschlüsseln muss. Sogar die „Haut“ meiner Cyber-Hände wabert hier pausenlos in faszinierend glitzernden Wellenbewegungen. Was hat all das zu bedeuten? Das Spiel gibt erfreulich wenig Hinweise darauf. Lediglich die einfach gehaltene, grundlegende Steuerung wird erklärt. Die Steam-Beschreibung verrät zudem ein wenig über den Hintergrund der Experimente: Der hochbegabte Physiker Dr. Devin Eli erlangte vor langer Zeit durch ein Kindheitstrauma die Fähigkeit der „geometrischen Visualisierung“. In einer abgelegenen Forschungsstation geht er mit Hilfe seiner Begabung dem Signal eines Obelisken nach, um traumartige Erinnerungen zu entschlüsseln. Das Experiment könnte ihn zu einer „neuen Existenz“ führen – oder ins Verderben.

Arktisches Geheimnis

Bevor ein Puzzle startet, schweben tatsächlich einige verschwommene Erinnerungen durch den Raum, die mit Devins persönlichen Erlebnissen zusammenzuhängen zu scheinen. Danach geht es an die Arbeit als Mystery-Mechaniker: Nachdem ich auf eine leuchtende Plattform gebeamt wurde, manipuliere ich die blau glühenden Maschinen, die dabei coole sphärische Schleifgeräusche oder sogar melodische Synthie-Mehrklänge von sich geben. Immer wieder muss ich von Neuem herausfinden, was die Mechanismen von mir wollen. Ein äußerst cooles Beispiel ist die erwähnte Kette aus blau leuchtenden Kügelchen, welche sich frei schwebend durch den Raum ziehen lässt. Aha, eine der Murmeln ziert ein Würfel-Symbol – ich welche der verdächtig glimmenden Einlassungen könnte sie wohl passen? Hier hilft eine wundersame dunkelblaue Folie weiter, die über einen Ring an einer Stange gespannt wurde – das Gebilde erinnert ein wenig an einen Kescher oder Rettungsring aus dem Schwimmbad. Ich halte mir den dunkel getönten Kreis vor die Augen und schaue vorsichtig hindurch.

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Form ist einer der wenigen VR-Titel, bei dem auch Screenshots die visuelle Pracht vermitteln. © 4P/Screenshot

Jetzt werden weitere Symbole erkennbar, welche verraten, in welche Einbuchtungen die Kugeln gehören. Leider lässt sich die Kette aber nicht weit genug dehnen, so dass die Aktion trotzdem scheitert. Kurz danach kommen allerdings noch weitere Ketten ins Spiel. Ich bewege Zylinder mit großen Hebeln auseinander, beame verformte Schlüssel mit meinem Teleportationsstrahl herbei oder setze ganz klassisch Puzzleteile eines antiken Gemäldes zusammen. Hier und da passen zwei Fragmente nicht wie erwartet zusammen, so dass ich mehrmals nachhelfen muss. Meist funktioniert die intuitive Bewegungssteuerung aber richtig gut und sorgt für eine nicht zu unterschätzende Immersion.

Stetiger Umbau

Es ist ein regelrechter Fluss von Aktionen, der die Maschine immer weiter verformt, bis ich sie schließlich enträtselt habe und an einen anderen Ort versetzt werde. Der Schwierigkeitsgrad bleibt dabei meist einsteigerfreundlich; oft muss ich mich aber erst einige Minuten umschauen und experimentieren, bis ich die passende Aktion entdeckt und entschlüsselt habe. Da die Maschinen hier so hübsch animiert sind, trägt bereits das Suchen nach versteckten Rädchen und kleinen Schaltern viel zum Spielspaß bei. The-Room-Fans kennen dieses gemütliche Knobelgefühl, welches hier mit einer mystischen Komponente angereichert wurde. Beim beschriebenen Beispiel mit der Kette dauerte es z.B. eine Weile, bis ich mir darüber im Klaren war, wie weit ich einzelne Fragmente auseinanderziehen konnte und dass auch ein diagonales „Verlegen“ hilfreich sein kann. Bei anderen Puzzles gehe ich lieber noch nicht zu sehr ins Detail, da das Spiel leider sehr kurz geraten ist. Carpe Lucem, Fantastic Contraption oder Tumble VR bieten auf Dauer deutlich mehr Fleisch, aber bei weitem nicht solch ein stylishes Design.

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Welches Geheimnis steckt hinter dem Signal? © 4P/Screenshot

Ein weiteres Manko ist der hohe Hardware-Hunger: Leider lassen sich Feinheiten von Grafik, Effekten und Beleuchtung nicht im Menü herunterregeln. Mit einer GTX 970 sank die Bildrate in manchen Szenen auf unter 20 Bilder, was für ein unangenehm ruckliges, leicht mulmiges Gefühl sorgte. Meist bleibt es aber sehr komfortabel, da man in dem Roomscale-Titel nur auf kleinen Plattformen hantiert und lediglich ein paar kleine Schritte um die Maschinen herum macht. Mit einem topaktuellen Spielerechner dürften vermutlich ohnehin keine Probleme auftreten. Offiziell werden vorerst nur HTC Vive und deren Bewegungscontroller unterstützt. Eine Oculus-Touch-Steuerung ist zwar in Arbeit und lässt sich bereits ausprobieren – bei uns kam es dabei aber noch zu technischen Problemen, die das Weiterspielen verhinderten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte also auf das entsprechende Update warten, welches in diesem Jahr veröffentlicht werden soll. PlayStation-VR-Besitzer müssen sich noch bis 2018 gedulden.

 

  1. DonDonat hat geschrieben: 22.06.2017 10:45 Für mich sehr interessant nur sehe ich dann wieder den Preis: 20€ für <2h Spielzeit ist einfach nicht angemessen...
    Im Kino bist du mit Popcorn auch fast bei 15€ für diesselbe Zeit, sitzt aber nur passiv da. Ein Spiel kann man mit dummen grinden auch mit simpelsten Mitteln auf 100h "Inhalte" strecken, aber macht es das besser als ein wirklich knackiges 5h Spiel mit ähnlicher Mechanik. Ich würde die Bedeutung von Spielzeit nicht zu hoch hängen. Die Qualität des Gebotenen sollte am Ende entscheiden. Und je älter ich werde desto eher habe ich persönlich zumindest Geld für beliebig viele Spiele übrig, aber einfach keine Zeit mehr dafür. Da wird das WAS ich spiele einfach viel viel wichtiger als das wieviel Zeit ich mit einem Titel verplempern kann.

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