Die Hobby-Kloppos

Es gibt sie eigentlich in jeder Familie, in jedem Freundeskreis und am Arbeitsplatz findet man normalerweise mindestens einen. Wer glaubt, dass es in seinem Umfeld keinen gibt, sollte sich vielleicht die Frage stellen, ob er „es“ ist. Die Stammtisch-Trainer, die jeden Spieltag von der Fußball-Bezirksliga bis hin zur Bundesliga alles besser wissen und ohnehin alles mitbringen, um einen Trainerjob auch auf höchstem Niveau bewältigen zu können. Die Wochenend-Orakel, die genau sagen können, welche Aufstellung die beste ist und wieso es ja ohnehin nicht mit Punkten klappen konnte, wenn man sich die Spieler auf dem Platz anschaut. Die Klopp-Kopierer. Die Ancelotti-Anbeter. Die Möchtegern-Mourinhos. Die Gerne-wie-Guardiolas. Und obwohl das Genre der Fußball-Manager mit Titeln wie Anstoß oder dem Bundesliga Manager seit Amiga-Zeiten nicht aus der deutschen Spielelandschaft wegzudenken ist, kommt das seit Jahren beste Erlebnis aus dem Vereinigten Königreich.

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Das Ergebnis zwischen Dortmund und dem HSV ist mir persönlich zu dicht an der Realität, spricht aber für die Qualität der Matchberechnung. © 4P/Screenshot

Das in London ansässige Studio Sports Interactive, das vor über 20 Jahren von den Brüdern Paul & Oliver Collyer gegründet wurde und mittlerweile unter der Leitung von Miles Jacobsen arbeitet, ist bestrebt, den „perfekten“ Fußball-Manager zu produzieren. Lizenzstreitigkeiten sorgen allerdings dafür, dass man den Weg über den Importhändler sowie kleine Umwege bei der Steamaktivierung gehen muss. Doch die Management-Fans wissen nicht nur, wie sie an das Spiel herankommen können. Es gibt zudem auch genug Quellen wie z.B. fmscout.com, wo man sich Modifikations-Files für deutsche Texte sowie aktuelle Spielerfotos für die zehntausende Original-Spieler, die auch für die deutschen Mannschaften akkuraten Funktionäre, Schiedsrichter, Vereinsinformationen usw. herunterladen kann, um sein Spielerlebnis noch authentischer zu gestalten. Und sie nehmen diese Mühen gern auf sich, da sie wissen, dass der Football Manager das Nonplusultra des virtuellen Sport Managements bzw. als Trainer-Simulation darstellt. Das war die letzten Jahre so und ist auch mit der Ausgabe 2017 der Fall.

Detail-Besessenheit

Allerdings gibt es in diesem Jahr vor allem inhaltlich weniger auffallende Änderungen. Die Art und Weise, wie man mit der Mannschaft agiert, hat sich abseits der Benutzerführung nur unwesentlich geändert. Und vor allem hinsichtlich der Spielergespräche, egal ob einzeln oder mit der Mannschaft, ggf. auch vor den Spielen oder in den Halbzeitpausen, stellt man eine Stagnation fest. Das gilt im Übrigen auch für die Pressekonferenzen oder gelegentlich vor Spielen eingestreuten Fragen. Sowohl die emotionalen Möglichkeiten als auch die grundsätzlichen Antwortoptionen werden in dieser Form schon seit Jahren mitgeschleppt und können im schlimmsten Fall immer noch kaum zu kittende Zerwürfnisse zur Folge haben. Obwohl man mit den besten Intentionen in ein teils von den Spielern gewünschtes

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Die Visualisierung der Statistiken und Tabellen profitiert in diesem Jahr vom “Social Feed”, der alles auflockert. © 4P/Screenshot

Gespräch geht und eigentlich nur darauf aufmerksam möchte, dass der Spieler im Training nachgelassen zu haben scheint, kann es zu schnell zu einer Diskussion um Stammplätze, Verkäufe und Transferwünsche führen.  

Doch natürlich dreht sich hier nicht alles nur um Spielergespräche. Der Football Manager 2017 hat noch mehr zu bieten. Viel mehr. Allerdings muss man sich nach wie vor damit abfinden, dass man in die wirtschaftlichen Aspekte des Clubs nicht eingreifen kann, sondern dies den Geschäftsführern, Vorständen etc. vorbehalten ist. Hier kümmert man sich in erster Linie um die Mannschaft, das Training und die Taktik in Vorbereitung auf den nächsten Gegner. Um sich und sein Team auf den nächsten Kontrahenten einzustellen, hat man mehr Informationen zur Verfügung als einem lieb sein kann: Scoutberichte zeigen nicht nur an, in welchen Minuten die gegnerischen Spieler Tore geschossen haben, welche Taktik sie bevorzugt verwenden oder gegen welche Aufstellung sie anfällig sein könnten. Wer will, kann sich auch gezielt die Statistiken jedes einzelnen Spielers (egal ob beim eigenen oder anderen Team) anschauen, ihre Form in Augenschein nehmen und entsprechend versuchen, mit dem zur Verfügung stehenden Spielermaterial Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dazu muss man natürlich die eigene Formation einkalkulieren und dabei Verletzungsausfälle,  formschwache Kicker, Wünsche von über einen längeren Zeitraum nicht eingesetzten Spielern oder sonstige Befindlichkeiten berücksichtigen. Und für alles gibt es umfangreiche Info- und Statistik-Bildschirme, wenn man zusätzliche Argumente benötigt.

  1. Ich sehe da auch keine Ehrenrührigkeit. Sega bereitet mir jedes Jahr 150-200 Stunden viel Spaß mit ihrem Manager. Dafür versuchen andere Firmen mir 10-15 Spiele zu verkaufen um die selbe Zeit zu füllen. Deshalb habe ich überhaupt kein Problem einmal im Jahr 40 Euro zu bezahlen, selbst wenn die Änderungen nur im Detail liegen. Das Preisleistungsverhältnis ist immer noch unfassbar gut. Das ist für mich, neben den Neuerungen, auch einfach eine Wertschätzung an die Entwickler, die sich das Geld mehr als verdient haben.

  2. Gibson_Rickenbacker hat geschrieben:Es liegt wohl auch daran, das der FM so gut wie keine ernsthafte Konkurrenz hat, das macht die Entwickler faul, denn sie wissen, die Fanbase ist so riesig, gekauft wird es trotzdem. Finde diese Einstelllung nicht korrekt und ich hätte erwartet das ihr doch etwas kritischer seid.
    Gleiches habe ich mir gedacht bzw. für die Football Manager Serie befürchtet, als EA die Pforten beim deutschen Ableger Fussball Manager dicht gemacht hat (Stichwort: Legacy Edition) und man somit dem britischen Pendant kampflos das Feld überlassen hat.
    Durch die Abwanderung vieler Fans vom deutschen zum britischen Produkt waren die Weichen für mich gestellt.
    Weniger Aufwand, dafür noch mehr Verkäufe.
    Welches Unternehmen leckt sich dabei nicht die Finger?
    Dass dieses Verhalten nicht sonderlich "ehrwürdig" in den Augen der Fans ist, mag ja sein.
    Aber wir reden hier immerhin vom Geschäft und vom Profit, nicht von Romantik und Nächstenliebe.
    Unterm Strich hat mal als Konsument immer noch die Wahl, das Produkt nicht zu kaufen.
    Oder aber den Preis für das gebotene zu zahlen. Aber dann sollte man sich auch nicht beschweren.

  3. 4P|BOT2 hat geschrieben:Doch wenn man auf ein bisschen Bedienungskomfort und Übersicht verzichten kann, ist man auch bei der letztjährigen Version gut aufgehoben.
    Und warum dann eine 85% Wertung? ich habe den FM16 gespielt und muss zugeben das FM17, bis auf das angesprochene Feintuning in der Match-Engine + Social-Feed rein gar keine neuen Features oder Ideen bietet die relevant wären. Es fühlt sich eher wie ein FM16-Addon an....
    Sicherlich, der Spielspaß ist wieder da und ich habe schon jetzt über 100 Stunden gespielt, trotzdem könnte man für einen Vollpreistitel doch mehr Mut, Kreativität und den Willen nach mehr Verbesserungen erwarten als sich auf alten Lorbeeren auszuruhen und frech dafür den vollen Preis verlangen, selbst einige Bugs aus dem FM16 wurden nicht behoben (Wie ZB. das Torhüter kontinuierlich im Attribute "Vision" sich verschlechtern usw.)
    Es liegt wohl auch daran, das der FM so gut wie keine ernsthafte Konkurrenz hat, das macht die Entwickler faul, denn sie wissen, die Fanbase ist so riesig, gekauft wird es trotzdem. Finde diese Einstelllung nicht korrekt und ich hätte erwartet das ihr doch etwas kritischer seid.

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