Fallout: New Vegas(Rollenspiel) von Namco Bandai Credit: Obsidian Entertainment / Namco Bandai
Die erlösende Zeitlupe

Weite Sicht, heißes Land: Auf dem PC wirkt die Landschaft etwas ansehnlicher als auf PS3 und 360.

Ein Treffer, zweiter Treffer, dann begleitet die Kamera in Zeitlupe das letzte Projektil auf seiner Reise zum Roboter, der daraufhin explodiert – hurra! Ich sammle das Altmetall ein, humple zum Notstromaggregat, schlucke Aufputschmittel, verwende das Buch und siehe da: Ich kann das Teil endlich reparieren! Nicht nur das: Es gibt prompt Erfahrungspunkte und einen Stufenanstieg. Ich atme durch, ich freue mich. Und ich steigere in weiser Voraussicht meine Reparaturfähigkeiten um zehn, gebe den Rest auf meine Schusswaffen. Außerdem kann ich mir ein Talent aussuchen: Will ich in Zukunft mehr Gesprächsoptionen mit Frauen oder Männern? Will ich Leichen essen oder mehr Punkte nach der Magazinlektüre gewinnen? Will ich Scharfschütze sein oder weniger Schaden einstecken?

Spätestens hier bin ich wieder ganz tief in der angenehmen Grübelei und einer postatomaren Spielwelt versunken, die mich schon in Fallout 3 <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‘)” onmouseout=”DynToolTipp_Hide(); ” href=”javascript:DynCont_Display(‘Gamefinder’,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=5815′)”>

so begeisterte. Spätestens hier wühle ich in einem Auftragsbuch zwischen dutzenden Quests – soll ich den Sexbot für den Casinobetreiber suchen oder jage ich den Spion der Legion in der Kaserne? Und wenn es mal weiter raus in die Wildnis geht, weil eine Karawane vermisst oder eine Vault untersucht werden will, sinniere ich über die kommende Route und die nächsten Einkäufe. Jeder Schritt will wohl überlegt, der Rucksack gut gepackt sein: Denn im optionalen Hardcore-Modus, den ich allen Rollenspielern nur wärmstens empfehlen kann, kommt die Spannung einer lebensfeindlichen Endzeitwelt mit den Auswirkungen von Verletzungen, Hunger, Durst und Müdigkeit erst richtig zum Tragen. Man freut sich selbst über Kleinigkeiten wie aufbereitetes Wasser oder einen frischen Apfel.

Zeit vorspulen und auf Faszination warten

Das Jahr 2281 versprüht den Charme der 50er: Man wandert zwischen Schrotthaufen und Werbeplakaten gen Vegas. Wer nur der Hauptstory folgt, kann das Spiel in unter 20 Stunden beenden – alle anderen freuen sich auf 30 Stunden plus x.

Trotzdem ist das natürlich keine Simulation: Man kann schnell über die Karte zu einmal entdeckten Orten reisen, kann neuerdings Gegenstände über Express-Briefkästen zwischen ihnen tauschen. Und neben dem Speicherkomfort mit regelmäßigen automatischen Sicherungen darf man die Zeit um beliebig viele Stunden vorstellen. Sehr nützlich, wenn man in einer Quest einem nächtlichen Einbrecher auf der Spur ist oder ein verrückter Bauer um Mitternacht unsichtbare Gestalten sieht – spinnt er oder hat er Recht? Aber Vorsicht: In der vorgespulten Phase wirken im Hardcore-Modus ebenfalls Hunger, Durst & Co. Es empfiehlt sich übrigens, sich einen Schlafplatz mit Stauraum in der Wildnis oder einem der Hotels zu suchen, da auch das Gewicht der Munition eine Rolle spielt. Apropos: Von Laser bis Plasma, von Hohlspitz bis Panzer brechend, von Klein- bis Großkaliber ist alles dabei – und natürlich wirkt sich alles je nach Rüstung und Gegner anders aus.

Aber bis zu dieser Faszination hat das Abenteuer ein paar Stunden gebraucht. Die Hauptstory um den angeschossenen Kurier, der plötzlich aufwacht um die mysteriösen Täter zu suchen, ist nicht gerade spannend – der erzählerische Weg durch die Pampa nach Vegas scheint quasi vorgezeichnet. Und schon der Einstieg wirkt mit der knappen Charaktererstellung wie ein schwacher Aufguss des grandiosen Vorgängers; anstatt eine komplette Kindheit zu erleben, klicke ich mich durch einen Psychotest mit Rorschachbildern und Wortassoziationen. Diesmal spielt man keinen Bewohner einer Vault, der plötzlich die Außenwelt entdeckt, sondern einen erwachsenen Boten, der dort schon ein Leben geführt haben muss – über das man kaum etwas erfährt. 

Ein brutaler Hauch von Dead Rising: es gibt viele neue Nahkampfwaffen wie etwa den Golfschläger. Man hat 30 Level Zeit, um seinen Charakter zu entwickeln.

Trotz dieser Ernüchterung darf man das großartige Fundament des Charaktersystems nicht vergessen: Das an das Pen&Paper-Rollenspielsystem GURPS angelehnte S.P.E.C.I.A.L.-System ist eines der besten seiner Art, weil es eine offene und markante Entwicklung des Charakters um die sieben Grundwerte Stärke, Wahrnehmung, Ausdauer, Charisma, Intelligenz, Beweglichkeit und Glück ermöglicht. Darüber hinaus kann man dann bei einem Aufstieg Punkte auf zig Fertigkeiten wie Sprache, Schusswaffen, Medizin, Nahkampf, Dietrich, Wissenschaft etc. verteilen.  Hinzu kommen die Spezialfertigkeiten, mit denen man besondere Boni ergattert oder in bestimmten Fähigkeiten schneller voran kommt: Als “Ladykiller” fügt man Frauen zehn Prozent mehr Schaden zu und erhält weitere amoröse Dialogoptionen, als “Heller Kopf” bekommt man immer zehn Prozent mehr an Erfahrung. Außerdem werden je nach Erfahrungsstufe spezielle Fertigkeiten freigeschaltet, so dass es immer kniffliger wird, sich zu entscheiden – zumal sich manche Talente erst ergeben, wenn man eine bestimmte Kombination aus Grundwert, Fertigkeitshöhe und/oder Levelstufe erreicht hat. Nur wer Schleichen und Nahkampf auf eine hohe Punktzahl bringt, kann irgendwann Ninja werden. Wer sich spezialisieren will, bekommt also reichlich Gelegenheit und kann sich als Rollenspieler wesentlich individueller entwickeln als etwa in Mass Effect 2 <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‘)” onmouseout=”DynToolTipp_Hide(); ” href=”javascript:DynCont_Display(‘Gamefinder’,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=15763′)”>

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  1. Ich erwarte da von Bethesda (und auch von den sehr wenigen AAA-Devs) trotzdem nur noch sehr wenig. Die haben klare Kante gezeigt, wo für sie die Prioritäten liegen, nämlich: Immer noch mehr und noch mehr Spieler abzuholen. Die Konsequenz daraus ist logisch. Das ist an sich auch völlig legitim.
    Das spaltet das Genre zwar extrem; viel unterschiedlicher können sich Wichter oder aktuell Pathfinder kaum spielen (und trotzdem für die meisten wohl zum gleichen Genre zählen -- irgendwie). Aber es eröffnet eventuell irgendwann dann doch wieder Marktlücken, wie es bereits für die ganzen BG- und Fallout1+2-likes passiert ist.
    Wie ich glaube auch hier gesagt: Selbst Spiele wie Kotor oder Dragon Age:Origins, die damals durchaus auch kommerziell recht erfolgreich waren, gibts praktisch gar nicht mehr. Da haben sich ja bereits auch Studios aus ehemaligen Biowares gegründet, die das sicherlich im Auge haben.
    Baldur's Gate 3 wird, rein technisch, übrigens absolut AAA. Da arbeiten Hundertschaften dran. Was schon ein bisschen verrückt ist. Vor ein paar Jahren war die Vorstellung einer einer Zigmillionen-Dollar-D&D-Umsetzung (samt Rundenkämpfen) mehr als nur skurril. :mrgreen: Insofern tut sich bereits einiges.
    Apropos veraltet: Ich hatte so um die Zeit von New Vegas die Demo von Dragon Age 2 auf dem Schirm. Die Fallout3-Engine mag recht oll gewesen sein; aber technisch und vom Design wirkte diese Demo wie das viel altbackenere Spiel. Ohne Quatsch, man konnte sich kaum drei Meter bewegen, ohne die nächste semi-interaktive Cutscene zu triggern, die wiederum die nächste Arena-Welle an Mobs triggerte. (Aber das gilt ja heute allgemein fast dreißig Jahre nach Hype um Interactive Movies wieder fast als "modernes" Spieldesign, irgendwie). Letztens mal nachgesehen, ob meine Erinnerung da nicht übertrieben hat, aber nein, keineswegs.
    Zu Zeiten von DA2 verließen dann ja auch bereits einige Biowares wie Brent Knowles wegen kreativen Differenzen die Company.

  2. Es krankte daran, dass Fallout New Vegas auf einer praktisch ungefixten Kopie von Fallout 3 beruhte, die einem Auftragsarbeiter ohne Kenntnisse der Engine in die Hand gedrückt wurde, mit zwei Jahren Frist . Wenn man mal den Aspekt Obsidian auf der Seite lässt und es als Verbraucher wertet, dann war das eine Schweinerei und Bethesda war der Verursacher. Fallout 3 war schon altbacken für das Release-Jahr, und NV fühlte sich noch viel älter an.
    Fallout 4 war auf eine bestimmte Weise ein verdorbenes Spiel, aber es spielte sich dann schon viel frischer, es verdient aus meiner Sicht als Game 15 Punkte mehr als NV, nur Obsidian verhinderte es, dass es 50 waren. Ich habe Fallout 4 sicher 5 Mal länger als NV gezockt, aber als Shooter in Fallout-Tünche mit Rollenspiel- und Minecraft-Elementen.
    Ich hätte mir dabei ständig gewünscht, dass Obisidan diese Engine und Budget in die Hand gekriegt hätten. Was ich damit meine, ich würde die Verkäufe nicht so werten, dass die Leute mehr Fallout 4 wollen. Die Verkäufe sind keine demokratische Abstimmung der Gesamtspielerschaft zum Thema Obisidan-Stil oder Bethesda-Stil, mal ganz abgesehen davon, dass zwischen dem Release von NV und Fallout 4 ein paar Millionen Spieler hinzugekommen sind. Interessanter wären da die Verkaufszahlen von Eldenring, das sehe ich als klares Statement, dass Leute mehr qualitativ anständige und komplexe Old-School-Rollenspiele ohne Zielgruppenforschung und Ingame-Shop dahinter möchten.

  3. Die Ultimate-Edition wäre auch gerade im Angebot bei gog..

    Solon25 hat geschrieben: 27.03.2022 08:52 Jup, die DLC's lohnen sich. Es wird ja auch von einem FA:NV-2 gemunkelt... Gab mal vor ein paar Wochen eine mögliche Leak Meldung im web.
    Ja, hab ich auch mitgekriegt. Wobei Obsidan als damaliger Entwickler auch viele (führende) Leute von damals verloren haben. The Outer Worlds ist ja vom Design grundsätzlich ähnlich gelagert z.B. -- aber was ich davon gesehen habe, wirkt eher nicht mehr ganz so gut (und ich mochte eigentlich die davorigen Iso-RPGs ganz gern).
    Noch besser als ein NV2 wäre es, wenn sich mehr Entwickler ein Beispiel an NV nehmen würden. Ich denke aber, das wäre leichter passiert, wenn es sich mehr verkauft hätte als bspw. Fallout 4 (statt umgekehrt). :D Das bestätigt alles die Entwickler nur in ihrer Ausrichtung.

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