F1 Grand Prix(Rennspiel) von Sony Credit: Traveller's Tales / Sony

Plattfüße für Arcade-Freunde

Simulations-Freunde hören jetzt lieber weg: F1 Grand Prix ist von vorn bis hinten auf den unkomplizierten Spaß für zwischendurch getrimmt und ein aufs Wesentliche reduzierter Arcade-Racer. Und der fängt gar nicht mal so übel an: Ein schnittiges Rendervideo stimmt bestens auf das Erlebnis Königsklasse ein und schon kann’s losgehen.

Zur Auswahl stehen zufällig generierte Rennen, Zeitrennen, einzelne Grand-Prix’, der Szenario-Modus, die Weltmeisterschaft und natürlich Mehrspieler, wo ihr gegen die Zeit, Kopf an Kopf oder einen Grand Prix mit kompletter

Der Eindruck täuscht: Fernsehreif ist F1 Grand Prix nur auf Bildern.
KI-Besetzung fahrt. Richtig gut gefallen die Szenarios, in denen ihr eine Reihe vorgegebener Aufgaben meistern müsst. Einmal werdet ihr mit Trockenreifen in einen Wolkenbruch geschickt und sollt eure Position bewahren, ein anderes Mal gilt es, einen mit Plattfuß hinkenden Boliden heil in die Box zu lenken. Leider spendieren die Entwickler gerade mal zehn solcher Herausforderungen, weshalb der Spaß nach spätestens einer Stunde verpufft.

Der Große Preis lässt auf sich warten

Also heißt es, erst einmal die Streckenkenntnis auffrischen, um für die Weltmeisterschaft fit zu sein. So einfach ist das aber nicht, denn ihr dürft zwar Zeitrennen absolvieren, ganze Grand Prix’ werden jedoch erst freigeschaltet, nachdem ihr am Ende einer Meisterschaft auf dem Podium landet. Das heißt, ihr müsst den kompletten Turnier-Modus in allen drei Schwierigkeitsstufen fahren, bevor ihr Zugriff auf alle Optionen erhaltet. Eine ungünstige Regelung, denn gerade auf dem Weg zur Arbeit wäre ich gerne ein Rennen meiner Wahl gefahren.

Artistische Einlagen und dröhnender Lärm

Ihr beginnt also den ersten Turnierlauf und dreht nach Auswahl von einem der drei vorgegebenen Setups Proberunden. Was sofort auffällt, ist die sensible Steuerung: Mit dem Analogstick reagieren die Boliden zu nervös, als dass genaue Richtungsangaben möglich wären. Nur mit dem Steuerkreuz fahrt ihr da entlang, wo ihr hin wollt. Und auch die Drehfreudigkeit der Wagen bietet etwas zuviel des Guten: Pirouetten am Kurvenausgang sind keine Seltenheit bis ihr die Beschleunigungspunkte vollständig verinnerlicht habt. Eine Traktionskontrolle wäre wünschenswert gewesen, denn die digitale Eingabe macht feinfühliges Gasgeben schwierig. Im Gegenzug erleichtert die zuschaltbare Bremshilfe den Einstieg enorm.

Habt ihr die Steuerung einmal im Griff und auch die Qualifying-Runde überstanden, heulen am Start 20 Motoren gleichzeitig auf und bringen das Adrenalin in Schwung. Akustisch kann Sonys Raser voll überzeugen und vermittelt die dröhnende Wucht des Formel 1-Trosses mehr als überzeugend. Nur abseits der Strecke schlägt die Kulisse leisere Töne an und bleibt bis auf das gelegentliche Tröten aus dem Fanblock mucksmäuschenstill. Gerade das Jubeln der Fans hätte eine lebendige Atmosphäre geschaffen, die das reale Erlebnis hätte eingefangen können. Abschalten solltet ihr übrigens den Soundtrack: Den sechs rockigen Stücken fehlt einfach der Drive, um das kontrollierte Rasen angemessen zu untermalen. Auch wenn die Musik bei einem solchen Spiel nicht im Vordergrund steht, hätte der Griff nach ein paar namhaften Lizenzen nicht geschadet.

KI-tastrophe!

Aber ich warte noch immer gespannt auf den Start. In dem Moment, da die Lichter der Ampel erlöschen, drücke ich den Beschleuniger und lege einen für Arcade-Raser typischen Schnellstart hin. Doch die Freude über den Sprint ist meist nur von kurzer Dauer: Die KI beherrscht selbst auf dem schwersten Level keine Schnellstarts, weshalb ich meinem Vordermann

Optisch überzeugen die Regenrennen allemal.
mit Vollgas ins Heck rausche. Überhaupt enttäuschen die virtuellen Gegner auf ganzer Linie, denn bis auf rudimentäre Manöver und das Halten ihrer Linie beherrschen sie keinerlei Tricks. Die Kontrahenten schieben euch schon mal ins Kiesbett, solltet ihr es wagen, vor ihnen her zu fahren. Überholmanöver? Oftmals Fehlanzeige. Vielmehr kracht und knallt es, wo die Konkurrenz am Fahren ist. Zum Glück werdet ihr mit keinem nennenswerten Schadensmodell konfrontiert, denn nur wenn ihr mit Vollgas die Mauer küsst, setzt es eine Strafe von drei Sekunden, bevor ihr weiterfahren dürft.

Bestes Beispiel für die Unfähigkeit der Computerfahrer ist eine Szene vor dem monegassischen Boxeneingang: Als ich meinen Wagen elegant in die Einfahrt lenken will, trifft mich der Schlag: Knapp zehn KI-Kameraden haben sich hier versammelt und bringen es nicht fertig, hintereinander zum Nachtanken abzubiegen. Erinnerungen an den Sommerschlussverkauf schossen mir durch den Kopf und ich durfte geschlagene 20 Sekunden warten, bis mich mein Team endlich abfertigen konnte.

Auch haben die Entwickler scheinbar vergessen, den Begriff Ideallinie im Programmcode einzutragen, so dass die Gegner wie ein Schwarm Wespen über den Asphalt toben – von Realismus keine Spur. Spannende Zweikämpfe sind ebenfalls tabu, denn die Gegner umkurven euch entweder deutlich flotter oder spürbar langsamer. Wundert euch nicht, wenn so mancher Minardi mit einem Affenzahn an euch vorbei rauscht. Erst gegen Ende eines Rennens werden die vorderen Fahrer eingebremst, damit ihr die Chance auf einen Podestplatz bekommt.

Weltmeisterlicher Stargast

Die Grand Prix gehen je nach Schwierigkeit über drei, fünf oder zehn Runden, selbst einstellen könnt ihr die Anzahl nicht. Während im einfachen Modus keine Boxenstopps fällig sind, müsst ihr im mittleren einmal und während einer Zehn-Runden-Fahrt zweimal bei eurer Crew vorfahren. Die Stopps laufen ähnlich ab wie bei Formel Eins 2005: Sobald ihr in die Boxengasse abgebogen seid, gebt ihr die Kontrolle ab und müsst nur noch im richtigen Moment auf die Bremse drücken, um eine Drei-Sekunden-Strafe wegen Geschwindigkeitsübertretung zu vermeiden. Ist euer Team einmal mit Nachtanken beschäftigt,

Gleicht kracht’s, denn im Gedränge kommt ihr selten ohne Rempler durch.
heißt es Button-Mashing: Je schneller ihr auf den Knopf drückt, umso flotter werdet ihr abgefertigt.

Auch die freischaltbaren Boliden hat F1 Grand Prix vom PS2-Vorbild übernommen, so dass ihr nach erfolgreichen Meisterschaften in Klassikern wie dem 63-er Lotus oder Mansells Williams Platz nehmen dürft – wenn auch nur im Zeitrennen. Zusätzlich erhaltet ihr im Verlauf der Meisterschaften Zugang zu gespiegelten Versionen aller Rennstrecken. Wer schon immer wissen wollte, ob er die Eau Rouge auch im Rechts-links-rechts-Rhythmus mit Vollgas fahren kann, hat hier die Chance dazu.

Das echte Erlebnis?

Abgesehen vom Geschehen auf dem Asphalt wurden die Kurse übrigens fantastisch in Szene gesetzt. Obwohl von einem realistischen Szenario wie der Formel 1 keine Effekthascherei zu erwarten ist, überzeugt die Umsetzung in allen Punkten: Die Wagen sind hervorragend modelliert, die Strecken bekamen alle Details spendiert und rauschen flüssig an euch vorbei. Richtig eindrucksvoll sind die Regenrennen, in denen ihr dank der Wasserfontänen eurer Vorfahrer alle Hände voll zu tun habt, den Streckenverlauf zu erkennen. Pluspunkte sammeln die Schlechtwetterereignisse auch durch ständig wechselnde Verhältnisse.

  

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