Ist es zu stark, bist du zu…


In spielerischer Hinsicht hat Todd dazugelernt, und es übertrieben. Doch dazu gleich mehr. Dazugelernt heißt zunächst: Die Stages wirken noch besser komponiert – jede Plattform, jeder Feind, sogar fast jede Rakete ist, sitzt oder fliegt genau da, wo er/sie hingehört. Super-Mario-Niveau möchte ich fast sagen. An einigen Stellen war ich einfach nur glücklich und entzückt, was für ein geiles Leveldesign mir da vorgesetzt wird. Pfeile, die meine Spielfigur nach oben katapultieren, sind so akkurat platziert, dass ich damit perfekt über einen langen gähnenden Abgrund gelangen kann – wenn ich nur keinen Fehler mache. Und die Geschosse der fiesen Froschfeinde kommen zwar mit einer brutalen Frequenz, sind aber doch so berechenbar, dass ich ausweichen kann, wenn mein Timin

g auf die Zehntelsekunde genau passt. Dazu gesellen sich einfallsreiche Fähigkeiten: Mal steht mir in einem Level ein Fünffach-Sprung zur Verfügung – dann fühlt sich das Von-links-nach-rechts-Hüpfen so federleicht an wie ein Shoot’em-Up oder im Mobilespiel Flappy Bird. An anderer Stelle saust meine Figur auf Knopfdruck wie ein Laserstrahl in die anvisierte Richtung – und kommt nur zum Stehen, wenn sie auf einen Feind oder eine Wand trifft; natürlich hat Todd die Stages so gebaut, dass die nötigen Plattformen und Gegner an exakt der Stelle sind, wo sie für die Nutzung dieser Fähigkeit benötigt werden.

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=89528,id=92626581)]
Zum Teufel mit den guten Manieren – der Beelzebub attackiert mit Worten… und wilden Sprints. © 4P/Screenshot

Leider lässt diese extreme Zuspitzung auf millimetergenaues Hopsen, auf das bockschwere Umgehen von Raketen, auf das perfekt getimte Vermeiden von tödlichen Lasern keinen Spielraum für ein flüssiges Spielerlebnis wie es Teil 1 noch an vielen Stellen bot. Das heißt im Klartext: Die Levels sind zwar extrem gut gebaut, doch weil zwischen jedem der häufigen Checkpoint ein wahrer Spießrutenlauf wartet, geht gar nichts ohne Levelkenntnis. Versuchen, scheitern, merken, verbessern. Reagieren allein reicht nicht aus. Damit reiht sich Electronic Super Joy 2 ein in die Riege Super Meat Boy, Slime-san oder The End is Nigh! – verlässt aber die oben erwähnten Spielspaß-Sphären der Überserie Super Mario.

 

Fraglos, Härte kann genau richtig dosiert werden und dann ein herausragender Motivator sein – in nur leicht überzogener Form kann sie aber auch stören. Dabei empfand ich das Spiel an keiner Stelle als zu unfair und unschaffbar, das ständig nötige Wiederholen verschob ganz einfach den Fokus – weg vom stark designten, herausfordernden Hüpfspiel hin zum Scheitern… Scheitern… Scheitern… Scheitern (…) Schaffen. Und das kann in Verbindung mit der anstrengende Bild- und Soundkulisse enervierend sein. Electronic Super Joy 2 klingt nämlich nicht nur brutal, der 2D-Look mit seinen grellen Farben und krassen Kontrasten, mit Explosionen und Raketenschweifen, mit Lichtblitzen und grobpixeligen Feinden ist auch visuell eine Herausforderung.

 

Lang? Kurz? Beides!

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=89528,id=92626583)]
Genau hinschauen: Für den Switch-Screen sind solche Ein-Bildschirm-Level fast zu kleinteilig. Deren Aufbau ist aber sehr interessant. © 4P/Screenshot

Man kann die gut 50 Standard-Level plus die noch härteren und seltsameren Zusatzwelten – auf Konsole sind die DLCs der Gold-Edition inklusive – in drei, vier Stunden meistern. Oder mehrere Tage damit zubringen. Wie lange Electronic Super Joy 2 an den Controller fesselt, hängt hauptsächlich von der Fähigkeit des Spielers ab – und zwar in doppelter Hinsicht: Zum einen von Reaktionsfähigkeit und Geschick, zum anderen von der Fähigkeit, sich der Reizüberflutung über einen längeren Zeitraum hinweg zu stellen. Zum Zocken auf Switch empfehle ich einen Pro Controller, damit lenkt sich die Tortur doch wesentlich angenehmer als mit den Joy-Cons. Via Steam ist Electronic Super Joy 2 übrigens seit seinem Release gratis erhältlich – lediglich für die Gold-Edition wollen die Macher Geld. Besitzt ihr also einen PC, könnt ihr kostenlos testen, ob ihr Kohle für PS4- oder Switch-Version locker machen möchtet. Oder ihr holt euch den (meiner Meinung nach noch besseren) Vorgänger – denn den habt ihr bestimmt verpasst, oder?

  1. Wer damit Spaß haben kann dem wünsche ich viel Vergnügen und 80 Punkte sind ja auch wirklich gut. Mir hingegen ist das schon im Video optisch viel zu anstrengend, da hätte ich wohl keine Freude dran.

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.