Kampf ohne Taktik

Das ist okay – im Kampf kommt es am Ende aber weitestgehend darauf an, wer am meisten Truppen mitgebracht hat. Die Taktik ist simpel und aufgrund einer deutlich verzögerten Reaktion zwischen Befehl und Ausführung ist auch das berüchtigte Micromanagement in der Schlacht kaum möglich. Es gibt keine Formationen, keine Aggressions-Haltung oder sonstige taktische Finesse, stattdessen wird blind losgehackt. Zur Verteidigung der eigenen Basis gibt es zwei unterschiedliche Turm-Typen, von denen die Standard-Variante einen Rundumschuss abfeuert. Der ist zwar verheerend, lässt sich aber einfach auskontern, indem man nur einen einzelnen Soldaten in den Radius schickt, die Fähigkeit auslöst und nach Abklingen des Pfeilhagels mit den übrigen Truppen angreift.

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Die Zwischensequenzen der Kampagne haben Mobile-Game-Charakter. © 4P/Screenshot

Dieser Fokus auf militärische Überlegenheit lässt Partien schnell sehr gleichförmig ablaufen und man merkt, dass vor allem der Multiplayer beim Design der Spielmechanik im Vordergrund stand. Allerdings hat man auch hier nicht ganz zu Ende gedacht: Bei dem berüchtigten, öffentlichen Betatest von Neue Allianzen Anfang 2022 wurde schnell deutlich, dass aufgrund fehlender Taktik-Alternativen jede Partie auf einen simplen Rush hinauslief. Derjenige, der zuerst die meisten Truppen entsenden konnte, hatte gewonnen. Dieses Problem haben die Entwickler mit der Limitierung von Ressourcen zum Start sowie der Platzierung von Banditenlagern ausräumen wollen. Dieses spielmechanische Behelfs-Pflaster funktioniert aber nur bedingt, denn zwar wurde die anfängliche Dynamik der Matches ausgebremst – der Wettlauf zur Massenproduktion von Truppen bleibt im Kern aber der gleiche. Es ist nur alles etwas langatmiger und – ihr ahnt es – langweiliger. Das ist aber kein großes Problem, die Matches sind ohnehin dermaßen von Verbindungsabbrüchen und Desyncs geplagt, dass es sich derzeit kaum lohnt, den Mehrspieler-Modus zu starten.

Spannungsarme Kampagne


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Das war’s schon? Wie oben rechts erkennbar gibt es bei Neue Allianzen nur 20 Waren. Davon sind alleine 5 optionale Nahrungsmittel gedacht. © 4P/Screenshot

Für Aufbau-Solisten gibt es neben Gefechten gegen die KI natürlich auch eine Kampagne, die allerdings sehr spröde mit fürchterlich hölzernen Zwischensequenzen inszeniert wird, die qualitativ an einen Mobile-Titel erinnern. Inhaltlich geht es um die Flucht eines Volkes vor Krieg und Vernichtung, nur um dann am anderen Ende der Welt weitestgehend selbst Feuer und Tod über den Feind zu bringen. Der einzige Sieg ist nämlich auch in der Kampagne der militärische. Kann man darüber hinwegsehen, wie albern es wirkt, wenn hunderte Soldaten riesige Siedlungen niederbrennen und mein Anführer im Anschluss von Frieden faselt, ist die Kampagne im Grunde solide. Die Missionen sind zwar abwechslungsarm aber okay, so richtig packend sind allerdings weder Story, Figuren noch die Inszenierung. Immerhin bekommt man nach und nach einzelne Mechaniken erklärt, gleichzeitig ist das Tutorial aber mitunter auch richtig schlecht – vieles musste ich selbst ausprobieren. Für Kenner der Reihe kein Problem, aber eventuell sollte man Einsteigern das mit den Wegen oder dem Ausdehnen der Grenzen doch mal erklären…

Keine Erklärung braucht der Ingame-Shop, der beinahe mehr Auswahl umfasst als das eigentliche Waren-Roster im Spiel. Hier werden komplett sinnlose kosmetische Items und Einheiten-Skins zu völlig überzogenen Preisen angeboten. Dazu gibt es Booster für irgendwelche Sonder-Freischaltungen, die das Spiel zwar nicht beeinflussen, aber wohl einen hoffnungslosen Versuch darstellen, die aus dem Ruder gelaufenen Produktionskosten von Neue Allianzen irgendwie wieder einzuspielen. Ob das wirklich gelingt bevor die Server abgeschaltet werden, sei mal dahingestellt. Immerhin lässt sich der Einzelspieler-Part des scheinbar unvermeidlichen „Always-On“-Siedlers im Gegensatz zu Siedler 7 auch starten, wenn diese gerade wegen Wartungsarbeiten offline sind; toll ist der Netz-Zwang aber trotzdem nicht.

  1. 60 Euro ist mir da auch zu viel für, Ubisoft Spiele sind ja generell aber nicht sehr preisstabil, vermutlich an Weihnachten wird es das für 20 Euro geben, dann schaue ich vielleicht auch mal rein. Im Idealfall sind dann einige der aktuellen Probleme auch noch behoben, aber die geringe Erwartungshaltung war wohl leider gerechtfertigt.

  2. Ich sehe das tatsächlich anders, denn für mich waren Siedler immer die Warenketten, sich darum kümmern, dass sie auch ankommen, was auch nur mit den Wegen bauen so richtig Spaß gemacht hat, den RTS Ansatz ab Siedler 3 empfand ich immer als Fehler, denn das Militär war am Ende ja nur das Mittel zum Zweck um die Karte zu gewinnen.
    Ich glaube nicht daran, dass die Sorte von Leuten die sich mit den Siedlern eins auf die Glocke hauen möchten tatsächlich so groß ist, aber das werden wir ja schon bald mit Pioneers of Pargonia sehen ob das besser ankommen wird. Wobei die Messlatte nun auch sehr niedrig liegt und das auch erst einmal im Ansatz etwas taugen muss, wobei sie natürlich auch auf den negativen Erfahrungen aufbauen können.

  3. Amaunir hat geschrieben: 24.02.2023 19:43 Ich verstehe immer noch nicht den Ansatz mit dem RTS, denn der liegt doch schon seit Jahren brach. Was haben sie denn erhofft hier zu erreichen, wärend Aufbauspiele eigentlich gerade boomen? Da wäre ich gerne einmal bei dem Meeting dabei gewesen, vor allem wenn etwas völlig anderes angekündigt wurde, was auch bei den Fans gut ankam.
    Die Siedler habe ich immer als seltsame Symbiose aus RTS und Aufbauspiel im Stil von Age of Empires oder "Die Völker" begriffen, nur etwas langsamer und gemütlicher. Den Aufbauaspekt fand ich immer schwach, aber die Siedler hat mich am Ende zu Anno und anderen "reineren" Aufbauspielen gebracht, wofür ich Siedler sehr dankbar bin.

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