Wir sind alle verdammt

Schon die unheilvollen Mollakkorde im Einstieg lassen zusammen mit schattenhaften Fratzen sowie Gedanken über Hass und Angst keinen Zweifel aufkommen, dass dieses Abenteuer in die Finsternis führt. Ein mysteriöses Elend quält das Land, ein Wald breitet sich wie ein Monstrum aus, Menschen verstecken sich und fühlen sich verdammt. Irgendeine Seuche geht in diesem Polen der 80er-Jahre um, das die Entwickler wie eine Lovecraft’sche Tabletop-Welt aus der Draufsicht inszenieren.

Umgeben von Schwärze startet man in einem kleinen Zimmer.


Weil das Ganze von oben dargestellt wird, ohne dass man die Kamera zoomen oder drehen kann, fällt es einem zunächst
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In der Draufsicht erkundet man zunächst ein Haus. Darkwood wird mit der Unity Engine inszeniert. © 4P/Screenshot
schwer, all das gezeichnete Interieur wie Schreibtisch oder Lampen, Käfige oder Betten richtig einzuordnen. Man bewegt sich langsam in einem kleinen Lichtkegel vorwärts, während der Fußboden knarzt, Türen quietschen oder irgendwo ein Hund jammert. So entsteht dank der hervorragenden Soundkulisse ein beklemmendes Gefühl der Bedrohung, zumal man ohne Waffe startet. Man kann aber mit nahezu jedem Gegenstand interagieren – Stühle bewegen, Schränke ziehen, Lampen anschalten, Rucksäcke durchsuchen. Und schon bei diesen kleinen Aktionen kann man überrascht werden…

Kleinteilige Handhabung, dichte Atmosphäre

Die ersten Schritte verlangen nicht nur viel Konzentration, weil man Gegenstände finden, untersuchen und lagern kann, sondern weil an manchen Stellen mehrere Dinge sehr nah beisammen liegen oder man mehrere Interaktionen zur Verfügung hat: So kann man z.B. eine Tür oder ein Fenster öffnen oder verbarrikadieren. Hat man sich nach einer halben Stunde daran

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Das Abenteuer spielt in den 80er Jahren in Polen. Das Spiel wurde (bis auf diese Dokumente) komplett ins Deutsche übersetzt. © 4P/Screenshot

gewöhnt, das Steuerkreuz zum Durchschalten der Optionen und die Schulterknöpfe zum Sortieren zu nutzen, entfaltet sich trotz der spartanischen Kulisse und kleinteiligen Handhabung eine dichte Atmosphäre. Schon frühzeitig wird man von bösen Ahnungen gekitzelt und von Schockmomenten gepackt.

Man fühlt sich aber auch ein wenig an alte Adventure und Rollenspiele wie Ultima erinnert, wenn man seine Umgebung schrittweise erkundet, Texthinweise bekommt, manchmal aus Sätzen wählen darf, Rätsel mit Codes findet, kleine Quests verfolgt, verborgene Gänge findet und mit nahezu allem interagiert. Man kann Gegenstände für nähere Informationen ansehen oder medizinische Instrumente, Zeitungsartikel oder eine Kamera finden, die wiederum à la Resident Evil als große Objekte eingeblendet werden – leider bleiben sie statisch, sind also nicht dreh- und untersuchbar. Hinzu kommen zig Rohstoffe wie Bretter, Lappen, Flaschen, Nägel, Draht etc. aus denen man Verbände, Fackeln, Waffen oder Dietriche herstellen kann.

  1. Sehr, sehr schön geschrieben, Gamepadpro.
    Hab das Ding mittlerweile mehrfach durch.
    Noch nie hat ein Spiel derart vor Verzweiflung, Tristesse und Melancholie geblutet. Nicht mal Silent Hill 2.
    Bild

  2. Obwohl ich sofort erkannt hatte, dass es sich bei diesem Game um etwas geniales handelt, habe ich es, kurz nachdem ich vom Stillen Wald geschnuppert hatte, bei Seite gelegt. Ich fand es ne Spur zu schwer und zu gefährlich diese Welt. Nicht in der Lage sicher zustellen, dass ich Tag und Nacht überlebe. Am Tag zu sterben, lässt man einige Items aus seinem Inventar (nicht Schnellleiste) liegen und muss sich diese wiederholen. In der Nacht zu sterben, bekommt man keinen Ruf-Bonus beim Händler. Und verbrauchte Items sind ja auch futsch. Die Ausgaben können dann höher ausfallen als die Einnahmen. Und als ich dann die härte des Stillen Waldes noch zu spüren bekam, gab ich auf. Vorläufig. Für 2 Jahre. Bis vor einiger Zeit. Ich musste es wieder neu erlernen.
    Nach der langen Pause wagte ich mich wieder an dieses Spiel, welches unfassbar faszinierend ist, unheimlich und grotesk, schwer und völlig krank. Mit einer genialen Soundkulisse und erstklassiger Atmosphäre.
    Ich hab es gelernt mit den Gegnern fertig zu werden. Nicht vor ihnen zu stehen und ihre Schläge zu kassieren, sondern schräg nach hinten ausweichen, sie ins Leere schlagen zu lassen, um dann selber anzugreifen. Und ich hab es gelernt die bizarren Nächte zu überleben. Das Haus zu verbarrikadieren und da, wo es nicht geht, Fallen auszulegen, so dass die Gegner zwingend reinstolpern müssen. Die Investitionen bleiben dadurch nur gering. Die Trockene Au war bald mein Revier und ich konnte genügend Materialien ansammeln, um mich in den Stillen Wald wieder zu trauen.
    In der neuen Hütte angekommen, den Brunnen hatte ich schon vor zwei Jahren repariert gehabt, nutzte ich auch gleich die Bretter, um alles zu verrammeln. Die Bärenfalle vor den noch einzigen Eingang platziert. Eine weitere im Inventar für den Nächsten. Schon ist es dunkel geworden, sollen sie doch kommen. Und sie kamen dann auch und rissen gleich mehrere der Barrikaden auseinander. Alle Mühe und Material praktisch umsonst. Auch stellte ich fest, dass ich nicht...

  3. Gelungener Test zu einem gelungenen Spiel. Ich habe mir Darkwood im Rahmen des letzten Steam-Sales geholt und bin bisher sehr zufrieden. Ich spiele Darkwood nur in kompletter Dunkelheit und mit guten Kopfhörern, dann fetzt es. Den Grusel macht zum größten Teil nicht die Visualisierung, sondern der Ton aus. Neben den Soundeffekten (rechts knurrt es, links klopft jemand an meine Haustür) bereichert vorallendingen der großartige Soundtrack die dichte Atmosphäre. In Paniksituationen kamen da tatsächlich Erinnerungen an Akira Yamaokas Soundtrack hoch. Durch die obendrauf- und fragmentierte Sicht passiert übrigens noch etwas anderes Schönes: Das Gehirn füllt die nicht sichtbaren Areale auf nebulöse Weise selbst aus. Wie so oft gilt auch hier: Das, was man nicht sieht, ist das Grauenvollste. Trotzdem geizt das Spiel nicht vor expliziten und verstörenden Szenen.
    Ergänzen möchte ich den letzten Satz des Testes: "Spielt man auf dem ersten der drei Schwierigkeitsgrade, verliert man beim Tod nur etwas seiner Ausrüstung und kann wieder loslegen." Man kann seine verlorenen Gegenstände an dem Ort einsammeln, an dem man getötet wurde, ähnlich wie beispielsweise in Terraria. Fairerweise verschwindet in der Regel sogar der Gegner, der einem die Lichter ausgeblasen hat.
    Einzig die Kämpfe finde ich bisher eher frustrierend. Vielleicht habe ich den "Rhythmus" des Kampfes noch nicht herausgefunden, aber selbst mit der eigentlich ganz ordentlichen Schaufel als Nahkampfwaffe hat meine Spielfigur unglaublich Probleme, nicht ständige totgeprügelt zu werden.
    Heute Nacht wage ich mich wieder in den Wald.

  4. Hab es mir jetzt endlich geleistet (Switch), 15€ sind für einen 20h-Titel ja keine Ansage - und hui, das hat einen Sog! Ich hab Survival-Spiele immer sehr gerne gespielt, und das mit anständigem Horror ohne jump scares zu kombinieren passt einfach perfekt. Performance-Probleme hab ich bisher nur in einem kleinen Bereich (einem Feld) und im Prolog bemerkt, aber war nicht weiter schlimm. Spielstand laden dauert etwas länger ist aber auch nicht nervig. Bisher überaus gelungen; und ich kann mich kaum losreißen.

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