“Nur mal kurz”
Crimsonland war schon ein kleiner Juwel, als Independentspiele noch ein Nischendasein fristeten. Es inszenierte eine frenetische Punktehatz, als Geometry Wars: Retro Evolved noch in weiter Ferne lag. Es war die perfekte “Nur eine Runde”, als das unsägliche “roguelike” noch nicht in aller Munde war. Es war ein fordernder Pausensnack, von dem ich mich nur mit großer Mühe losreißen konnte.
Und noch heute muss. Ich habe heute schon mehrmals viel zu viel Zeit damit verbracht, „nur mal was nachzuschauen“.
Warum das so ist? Um die Kirche im Dorf zu lassen: Mehr als eine Ballerei aus der Vogelperspektive ist Crimsonland nicht. Im Herzstück des Spiels, dem “Survival”-Modus, stürmen ähnlich wie in Geometry Wars unendlich viele Riesenameisen, Käfer, Zombies und wasweißich auf mich zu, bis ich mir den Ansturm nicht mehr vom Leib halten kann. Dann bin ich tot und darf es erneut versuchen. Mehr passiert hier nicht.
Hetz mich nicht!
Crimsonland setzt allerdings vier geschickte Kniffe ein, durch die jede der kurzen Runden zu einem packenden Wettlauf wird. Und dank denen ich nach jedem Scheitern der Illusion verfalle, beim nächsten Anlauf könnt ich’s schaffen. Nummer eins: Die Monster sind mir immer einen Schritt voraus. Während mein schnelles Schiff im aktuellen Resogun geradezu zwischen feindlichen Jägern tanzt, rücken mir die Gegner hier ständig auf die Pelle.
Entweder bewegen sie sich schneller oder sie laufen genau in meine Fluchtwege. So fühle ich mich ständig gehetzt, was für gehörigen Nervenkitzel sorgt.
Der zweite Kniff sind Dutzende Waffen, die sich vor allem in Schussfrequenz, Magazingröße, Dauer des Nachladens, Art des Schadens und Streuung unterscheiden. Und irgendwie sind sie alle effektiv. Irgendwie haben sie aber auch alle eine eklatante Schwäche. Es kann genau so vorteilhaft sein, einzelne Gegner mit einem schnellen Scharfschützengewehr zu beseitigen, wie es manchmal besser ist, mit einem Raketenwerfer Flächenschaden anzurichten. Die Energie von Ionenwaffen springt auf nahe Feinde über – auch praktisch! Eine große Wahl habe ich dabei nicht; nur gelegentlich hinterlässt ein getötetes Monster eine vom Zufall gewählte Waffe. Im Vorteil ist also, wer mit allen umgehen kann.
Monsterwolken
Ich kann mich ja drittens spezialisieren, und zwar durch ebenfalls vom Zufall ausgesuchte Fähigkeiten, so genannte Perks. Denn beim Erreichen bestimmter Punktegrenzen darf ich zwischen mindestens vier davon wählen: Die eine heilt mich, die andere beschleunigt meine Kugeln, die nächste lässt mich schneller laden. Und dann gibt es noch ganz… besondere. Eine macht mich etwa unverwundbar – beschert mir bei jedem Kontakt mit einem Gegner aber auch die fünfprozentige Chance, sofort zu sterben. An dieser Sorte hatten die Entwickler offenbar besonders große Freude, denn davon gibt es jede Menge.
Eine ganz andere Wahl habe ich mit dem vierten Kniff, wenn die Monster keine Waffen, sondern Sprengsätze, Erste-Hilfe-Päckchen sowie andere Extras fallenlassen. Falls ich die erreiche (da liegt in Anbetracht der dichten
“Monsterwolken” das Problem), friere ich sämtliche Feinde ein, erhalte einen Schild, schieße mit mächtiger Munition eine Schneise in einen dichten Pulk oder sprenge sämtliche Gegner der Umgebung in die Luft.
Konsolenpremiere im PSN
Bleibt die Frage, inwiefern sich die Umsetzungen für PlayStation 4 und Vita vom PC-Original unterscheiden. Die Antwort: gar nicht. Oder nur unwesentlich. So fehlt auf Vita die kooperative Überlebenskampf für bis zu vier Spieler, den ich allerdings nicht vermisse. Auf Punktejagd gehe ich genau wie in Geometry Wars lieber alleine. Im Gegenzug könnte ich durch Berühren des Touchscreens genauer zielen – eine nette, aber sinnlose Dreingabe, weil das schnelle Ausweichen und die Übersicht darunter leiden. Auf dem PS4-Controller darf ich hingegen das Fadenkreuz wie einen Mauszeiger umher ziehen. Aber auch das verhindert schnelle, präzise Reaktionen. Selbstverständlich kann ich beides problemlos ignorieren.