Der kleine Bruder von GlaDOS

Selbstverständlich lässt das Déjà-vu nicht lange auf sich warten, wenn man in Ego-Sicht mit einer Wumme durch Testkammern voller Umgebungsrätsel wandert und dabei von einer Stimme aus dem Off begleitet wird, die mittlerweile sogar auf Deutsch spricht. Die eifert mit zynischen sowie sarkastischen Bemerkungen einer gewissen KI namens GlaDOS nach und lacht mich als Spieler nach einem tödlichen Fehler auch gerne mal hemmunglos aus. Oder sie weist mich in meiner Denkphase darauf hin, dass einfaches Rumstehen eigentlich nicht zum Test gehört und ich mich doch besser nach der Tür umsehen soll, die mit den Buchstaben E, X, I, T gekennzeichnet ist.

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Wird die Kugel blau eingefärbt, wird sie umgehend vom blauen Abschnitt an der Wand angezogen. © 4P/Screenshot

Die Qualität des überragenden Vorbilds wird zwar weder auf Englisch noch Deutsch erreicht, doch man muss trotzdem immer wieder schmunzeln, wenn sich der Erzähler zu Wort meldet. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem er anfängt, sich zunehmend mit den gleichen Sprüchen zu wiederholen.

Farben statt Portale

Das Spielprinzip ist ähnlich leicht durchschaut wie bei Portal. Allerdings verschießt man hier mit der Kanone keine Portale, sondern Farbkugeln. Darf man Gegenstände und Wände in den ersten Leveln lediglich mit Gelb einfärben, gesellen sich bald auch die beiden restlichen Primärfarben Rot und Blau dazu, zwischen denen man umschalten kann – vergleichbar mit Munitionstypen. Doch damit nicht genug, denn auch die Mischung macht’s: Wer z.B. zuerst die gelbe Farbe auf eine Stelle schießt und mit einem blauen Schuss nachlegt, färbt sie schließlich grün. Einfache Farbenlehre halt. Spätestens, wenn es irgendwann etwas hektischer zugeht, darf man froh sein, das alte Wissen aus dem Kunstunterricht wieder aufgefrischt zu haben.

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Manchmal wird es auch hektisch – etwa, wenn man schnell vor einem Feuer fliehen muss. © 4P/Screenshot

Am Anfang entpuppt sich ChromGun aber noch als ein gemütlicher und gefahrenloser Spaziergang, bei dem die grauen Zellen mit kleinen Kombinationsaufgaben langsam aufgewärmt werden. Hier folgt man einer simplen Regel: Objekte in einer gleichen Farbe ziehen sich gegenseitig an. So räumt man die grüne Kugel, die den Weg versperrt, einfach aus dem Weg, indem man die nahe gelegene Wand ebenfalls grün färbt. Also alles ganz einfach. Komplizierter wird es, wenn man die Objekte zu Schaltern manövrieren muss, aber nicht einfach jede Wand anstreichen darf. Oder wenn die Objekte, die man einfärben muss, aggressiv auf den Beschuss reagieren und mich anschließend attackieren. Oder Wände, die nach kurzer Zeit die Farbe einfach wieder wegwischen. Ja, die Entwickler haben sich in den meist klasse designten Leveln viele Probleme und Herausforderungen einfallen lassen, um das einfache Spielprinzip mit durchaus komplexen Aufgaben zu kombinieren. Wird man später mit elektrisierten Bodenplatten, undurchdringlichen Kraftfeldern und dem sinnvollen Vorausplanen mehrere Schritte konfrontiert, während gleichzeitig auch noch Timing sowie Farbmischungen stimmen und die Verfolger zum gewünschten Ziel gelockt werden müssen, ist einerseits Denkvermögen gefragt, andererseits auch Hektik vorprogrammiert.

Ab in die Sackgasse

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Im Dunkeln fällt es etwas schwerer, die Farben richtig zu erkennen. © 4P/Screenshot

Misserfolge stehen bei dieser Spielerfahrung auf der Tagesordnung. Schnell hat man aus Versehen im Stress die falsche Farbmischung an die Wand gespritzt oder sich selbst in einem Raum gefangen. Während man bei Portal häufig die Gelegenheit bekommt, Fehler etwa durch das Anfordern eines frischen Würfels mit einem Neuversuch zu korrigieren, landet man hier deutlich häufiger in Sackgassen, die den Neustart des Levels erfordern. Entsprechend läuft das Knobeln hier vermehrt in ein mitunter nerviges Trial & Error hinaus, das auch bei den vereinzelten Fluchtsequenzen das Geschehen dominiert.

Gerade in späteren Abschnitten, in denen der Kopf angesichts der Herausforderungen schon mal etwas stärker raucht, können diese Sackgassen hin und wieder frustrierend sein. Dazu gesellt sich das schwankende Niveau der Herausforderungen: Anstatt den Schwierigkeitsgrad kontinuierlich zu steigern, springt man zu oft zwischen komplexen und kinderleichten Lösungen hin und her. Schön dagegen, dass man es auch in höheren Stufen noch schafft, mit neuen Spielelementen oder Situationen zu überraschen – etwa Platten auf dem Boden, die sich ebenfall einfärben lassen oder Abschnitte in der Dunkelheit, in denen es deutlich schwerer fällt, die Farben im Kegel der Taschenlampe überhaupt richtig zu erkennen.

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