Austrias Kronland? 1895 zur Osterzeit? Keine Bange: Franzl, Sissi und Schloss Fuschl müsst ihr nicht befürchten. Auch wenn Ubisoft Montreal die Geschichte im alten Österreich beginnen lässt, bleibt man von kaiserlichem Schmalz im Stile der Filmtrilogie verschont. Zwar spielt man auch eine Prinzessin, aber keine Thronfolgerin im goldenen Käfig, sondern ein Mädchen, das sich vom unschuldigen Opfer zur Kämpferin des Lichts “entwickelt” – da passt der Name Aurora, die römische Göttin der Morgenröte, natürlich wunderbar. Und wer begleitet sie? Ein putziger Lichtgeist, den auch ein zweiter Spieler steuern kann.
Die übergroße Krone auf dem langen roten Haar, die altmodischen Reime in den Dialogen, die lieblichen Melodien
und das ikonische Stiefmutterböse, das Sonne, Mond und Sterne bedroht – fast schon etwas kindisch mutet das Abenteuer an. Aber Ubisoft Montreal spielt bewusst mit diesen Stilmitteln, um Child of Light als „modernes Märchen“ zu inszenieren.
Und das gelingt, denn die urige Gnadenlosigkeit eines Hänsel und Gretel wird man hier nicht finden, sondern viel modernen Komfort. Man fühlt sich wie in einem zum Leben erweckten Bilderbuch: gezeichnete Büsche wabern im Vordergrund, kleine Kreaturen blicken scheu dahinter auf und in der Ferne fliegen Wesen über die farbigen Tuschehimmel. Dieses Lemuria ist schon ein wunderliches Königreich, das in diverse Gebiete aufgeteilt ist – über eine gemalte Karte kann man sich später überall hin teleportieren.
Märchenhafte Kulisse
So stimmungsvoll Child of Light auch beginnt, gibt es auch Brüche hinsichtlich Präsentation und Artdesign: Zum einen werden die Reime sowie die altertümliche Sprache, die erst neugierig machen, später viel zu inflationär eingesetzt. So wirken sie aufgesetzt und erzählerisch belanglos – hier wären weniger, aber dafür markantere Dialoge besser gewesen. Und warum hat man die Chance nicht genutzt, um auch mal Wortspiele oder Reimrätsel einzubauen, die den Spieler zum Erinnern oder Nachdenken animieren? So klickt man nur passiv weiter, weil eh nichts passieren kann.
Die deutsche Erzählerin spricht zwar nicht alle Texte, aber die wenigen zu schnell, so dass etwas vom gemütlichen Märchenbuchflair verloren geht. Der englischen Originalbesetzung Caroline Dhavernas gelingt das auch hinsichtlich der Betonung besser, zumal die deutsche Übersetzung wenig Zauberhaftes, sondern viel Gestelztes mit sich bringt.
Zum anderen sinkt die Qualität der ansehnlichen Kulisse, wenn die wirklich schwach gezeichneten Bewohner in den Dörfern auftauchen – sie wirken stellenweise wie plumpe Fremdkörper. Diese Stilbrüche in der Visualisierung kennt man von Ubisoft Montreal sonst nicht. Spiele wie Ni No Kuni, Der Puppenspieler oder LittleBigPlanet sind hinsichtlich des Artdesigns und der Ansprache stringenter.
Ein Hauch von Oz
Trotzdem bewahrt das Abenteuer seinen märchenhaften Charme und spätestens wenn Aurora die ersten liebenswerten Begleiter findet, fühlt man sich ein wenig an den Zauberer von Oz erinnert: Rubella der Karnevalsclown, Finn der Zauberer, Norah die Fee und Robert die Maus sind nur einige der verfügbaren Gefährten. Hinter der idyllischen Fassade verbirgt sich nämlich ein Abenteuer, das auf ungewöhnliche Art die Elemente eines Plattformers mit Rollenspiel und Rundentaktik verbindet. Aurora kann nicht nur mit ihrem Schwert zuschlagen, sondern muss eine Party sowie Artefakte managen und in Kämpfen mit allerlei Magie sowie Fähigkeiten gegen Monster mit Widerständen bestehen. Nur sollte man keine erzählerische oder emotionale Entwicklung der Heldin erwarten: Viel zu schnell haut die unschuldige Prinzessin volle Kanne drauf. Das ist natürlich okay, wenn da ein riesiger Troll zuerst Ärger macht. Aber dass man hier über die knapp zehn Stunden Spielzeit etwas mehr erwartet hat, liegt auch an den Entwicklern, die in ihrem Making-of noch von einer Entwicklung Auroras sprachen – daher die Anführungszeichen im ersten Absatz.
Leider hat die Vita-Version nicht nur mit Rucklern zu kämpfen. Persönlich merke ich eher Slowdowns und vor allem die Musik spinnt immer wieder rum. Am Anfang einiger Kämpfe höre ich eine Art Clipping-Fehler/Störgeräusch und vor allem in der zweiten Hälfte (ab Magna) habe ich es jetzt schon öfters erlebt, dass nach dem Sieg gegen normale Gegner auf einmal ein Teil der Boss-Musik spielt. Sehr seltsam.
Dafür muss ich sagen ist der Touchscreen sinnvoll eingesetzt. Auf der PS3 fand ich es teilweise nicht gerade einfach, Igniculus zu bewegen. Vor allem im Kampf hat man jetzt aber ein leichteres Spiel.
Bescheiden ist übrigens auch die Tatsache, dass man auf der Vita die noch ungepatchte Version veröffentlicht. Sieht man u.a. an den Schwierigkeitsgraden Normal und Schwer statt Casual und Experte (?). Das deutet wohl darauf hin, dass das Spiel für die Vita schon länger fertig war, man es aber nicht direkt releasen wollte.
Jörg, du schreibst es würde leicht ruckeln. Mit welcher framerate läuft das Spiel denn generell? Sind`s die 60 FPS der "großen" Versionen oder die halbierte Bildrate?