Denn in der Praxis sorgt sie für mehr Ärger, als dass sie hilft. Dass ein Countdown angezeigt wird, der einem sagt, dass man nur noch 20 Sekunden Zeit hat, um den Anschluss zu schaffen, ist nicht einmal das Problem. Doch wenn ich in Sichtweite des bereits am Einsatzort weilenden Teamkameraden bin, geschätzt in drei Sekunden da wäre, der Countdown aber bereits nach zwei Sekunden am Ende ist und der Teleport initiiert wird, der eine Ladesequenz von mindestens einer halben Minute nach sich zieht, wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Das muss auch anders gelöst werden können. Apropos Laden: Wenn man in den Passagen, in denen dies möglich ist, auf die Wiederbelebung verzichtet und einen „Respawn“ anfordert, wird ebenfalls nachgeladen. Und: Es kann passieren (vor allem bei Kämpfen gegen Titanen bzw. andere Bossgegner), dass man sich bereits wieder tot auf dem Bildschirm wiederfindet, nachdem die Ladesequenz beendet ist. Viel frustrierender kann es nicht werden. Obwohl: Nach dem nächsten Respawn einen Serverabbruch oder komplettes Einfrieren zu haben, setzte dem noch die Krone auf. In diesem Moment war ich sehr kurz davor, Anthem in die Ecke zu treten.

Schick, aber seelenlos


Dass ich diesem Impuls widerstand, war zum einen den Javelins und ihrer unterschiedlichen Herangehensweise zu verdanken, die sich auch dynamisch durch die Teamzusammensetzung ändern kann. Und meiner Neugier, wie die Story beendet wird. Also zumindest dieser Teil der Geschichte, denn wie schon im ersten Teil des Tests erwähnt, soll im März erzählerischer Nachschub in Form von „Akt 1“ folgen, der auch eine Naturkatastrophe beinhalten soll. Ein neues Gebiet oder ein neuer Gegnertyp wären allerdings auch nicht schlecht. Denn so großräumig und unter dem Strich sehr ansehnlich der Dschungel von Bastion auch ist, den man entweder per Pedes oder fliegend durchquert, so wenig variantenreich ist er auch. Ja: In den Randgebieten findet man immer wieder Abweichungen vom dichten Grün, den Ruinen, den Lichtungen oder den Wasserfällen. Doch auf Dauer reicht dies nicht aus, um das Gefühl auszuradieren, dass Bioware zwar die Frostbite-Engine im Griff hat, aber beim Artdesign absolut kein Risiko gehen wollte.

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In der Gruppe sind Kämpfe gegen Titanen oder Ursix ein durchaus spannendes taktisches Unternehmen, das Zusammenarbeit erfordert. Solo werden sie zu einer langen Angelegenheit, bei der man sich keinen Fehler erlauben darf. © 4P/Screenshot

Bei der Gegnervielfalt sowie Flora und Fauna gibt man sich etwas spendabler. Sowohl bei den harmlosen Tieren, denen man begegnet als auch denen, die einen angreifen, sobald man in ihren Dunstkreis gerät, beinhalten einige fantasievolle Varianten, könnten aber letztlich noch zahlreicher ausfallen. Bei den Feinden bietet man ebenfalls ein solides, aber ausbaufähiges Spektrum. Weit bevor man zu den Endgame-Inhalten gelangt, hat man alle Varianten der „tierischen“ Scar oder Skorpionen sowie der menschlichen Dominion bzw. Gesetzlosen gesehen. Und damit beraubt man sich ebenfalls einer Motivationsquelle, die helfen könnte, die auf Dauer eintönigen Missionen der Schlussphase immer und immer wieder anzugehen. Dementsprechend geht es gegen Ende nur noch darum, die purpurfarbenen epischen sowie die orangenen Meister-Ausrüstungsgegenstände abzugreifen, deren Ausschüttungschance stark von der Pilotenstufe abhängt. So können epische Gegenstände erst ab Stufe 20 in der Beute auftauchen. Möchte man die Chance generell steigern, sollte man den Schwierigkeitsgrad erhöhen, wobei Großmeister 1,2 & 3 erst ab Level 30 freigegeben werden.

Von Weiß bis Orange

Man kann sich auf keinen Fall beschweren, dass man in Anthem zu wenig Beute bekommt. In Abhängigkeit vom Pilotenlevel sowie dem allgemeinen Schwierigekeitsgrad gibt es sowohl in Missiongefechten als auch im freien Spiel (natürlich in Abhängigkeit von der Dauer, die man in Bastion verbringt) genug Beute einzuheimsen. Die nachgelagerte Sichtung hingegen ist suboptimal. Im Expeditions-Abschluss-Bildschirm werden zwar sämtliche eingeheimsten Schätze abgebildet und man kann sich auch umgehend den Vergleich mit aktuell angelegte Ausrüstung anschauen sowie ggf. das Zerlegen umgehend veranlassen. Doch angesichts fehlender Sortierungsoptionen, Kategorisierungen oder Komfortfunktionen wie Zerlege alle „grauen“ oder „grünen“ Gegenstände wird das Wühlen durch mehrere Dutzend Objekte in dieser Ansicht schnell zu einer kleinen Geduldsprobe. Im Tresor geht dies alles komfortabler vonstatten. Dort kann man die Waffenkategorien betrachten,

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Die Beuteausschüttung geht in Ordnung. Das Inventarmanagement im Allgemeinen hat noch Luft nach oben. © 4P/Screenshot

gezielt Vergleiche anstellen und alles nicht benötigte in den Mülleimer packen, der schließlich auf Knopfdruck zerlegt wird. Wieso man dies nicht schon auf dem Abschlussbildschirm anbietet, ist ein weiteres der ungelösten mechanischen Geheimnisse von Anthem.

Dazu gehört übrigens auch, wieso man sich dagegen entschieden hat, keine Arena-Kämpfe von Spielergruppen gegeneinander einzubauen und in diesen Duellen z.B. besondere Beute oder Personalisierungsoptionen auszuloben. Vielleicht, weil doch zu viel Mass-Effect-Multiplayer in Anthem steckt? Doch selbst, wenn man sich komplett gegen PvP-Kämpfe sträubt, wären asynchrone Vergleiche denkbar. Sowohl für Solisten als auch Gruppen wäre es mit einem überschaubaren Regelsystem möglich gewesen, Sonderbeute für besonders effektive oder schnelle Bosskämpfe auszuschütten. Es fehlt einfach irgendetwas, das den Grind nach hinten heraus nochmal interessant macht und anschiebt. Vielleicht kommt man dem auch mit Akt 1 oder den nachfolgenden Inhalts-Updates ein Stück näher. So bleibt es dabei, dass ich den vertanen Chancen nachtrauere. Denn der Kern von Anthem macht mir Spaß. Die Welt, die Bioware hier zu kreieren versucht, ist interessant genug, dass ich mich darin aufhalten und mehr über sie erfahren möchte. Doch im Umfeld fehlen nicht nur Inhale, sondern auch Feinschliff in fast jeder Hinsicht.

  1. Achtung Verstärkter Sarkasmus am Werk:

    Production plans were laid out, and with the use of "phased gates" for content, the team started to build their content. However, part way through, they realized they were falling behind. The solution? Switch to a new developmental process called "Pile of Sand" and adapt priorities to fit this new model.
    The result? It worked. By late production, BioWare had caught up to where they wanted to be and had something that they were proud of and enjoyed playing. This talk will discuss the process the BioWare team took to adapt to this new process and lessons learned for future projects.
    Das glaube ich sogar! Also, allen Ernstes glaube ich, dass Bioware was gebaut hat, was sie gerne spielen.
    Aber dann kam EA mit ihrem noch tollerem Konzept, genannt "Pile of Shit" und Bioware had to "adapt priorities to fit this new model"

  2. MaxDetroit hat geschrieben: 08.03.2019 19:12 Nein. Das will ich damit nicht sagen.
    Offenlegung: Das ist jetzt eine Diskussion der Diskussion wegen. Ich will dir nicht den Spaß an dem Spiel abreden oder so!
    Wenn ich überhaupt etwas "angreife", dann ist es den Eindruck, den du erweckst, dass deine persönliche Sichtweise des Spiels allgemeingültig sein muss und dass die negativen Reviews unrecht haben müssen.
    Du nutzt dafür komplett irrelevante Argumente. Z. B. Level 1 Waffen, die übermächtig sind. Du tust das als Bug ab, der morgen bestimmt rausgepatcht wird und dich betrifft das nicht, weil du, wenn du so eine Waffe finden würdest, halt lieber die schlechtere Waffe nimmst. Aus welchen Gründen auch immer.
    Andere, Kritiker, sehen darin aber einen Designfehler. Waffen werden (wurden, Teile sind ja schon gepatcht) komplett zufällig gewürfelt. Das hätte bei der Planung schon als kompletter Quark erkannt werden müssen. Kein halbwegs brauchbares ARPG macht sowas. Das letzte Beispiel, wo sowas schief ging ist Diablo III in seinen Anfangszeiten.
    Eine Level 1 Waffe sollte nicht die besten Fähigkeiten bekommen können, sonst kann man sich das Waffenlevel gleich sparen.
    Auch ist egal, dass DU es langsam angehen lässt und jetzt erst im Endgame ankommst. Wenn die größte Kritik das Endgame ist. Endgame ist der Teil, in dem Anthem das meiste Geld machen will, weil die Leute dann halt das Geld für die Kosmetik ausgeben. Wenn DIESE Leute aber keinen Bock auf Anthem haben und schlimmer noch auf Showstopper treffen, wie dass Dinge nicht spawnen, dann ist das keine Sache, die man leicht abtun sollte.
    So, wie du das beschreibst, scheinst du nicht Zielgruppe zu sein. EA will keine Leute, die das Spiel kaufen und einmal in Ruhe durchspielen. EA will Leute, die Anthem wie blöde spielen und Geld in die MTA werfen.
    Wie gesagt, damit will ich jetzt nicht sagen, dass Anthem für dich das falsche Spiel ist. Im Gegenteil, spiel was und vor allem wie du willst.
    Du wirst aber damit leben müssen,...

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