ANNO 1701 DS(Taktik & Strategie) von Sunflowers / Disney Interactive Credit: Keen Games / Sunflowers / Disney Interactive

Das alte Leid

“Nur noch ein halbes Stündchen”. Dieser Satz ist zu einem permanenten Begleiter und meiner Lieblingsausrede geworden, seitdem ich mit Anno 1701 auf dem DS angefangen habe. Und es kommt, wie es kommen muss: Aus 30 Minuten werden 32, daraus 45 und bevor ich mich versehe, ist das Abendessen kalt, der Weißwein warm und der Mond schon lange hinter Wolken verschwunden. Das Anno-Fieber hat mich gepackt – mal wieder. Und das verdammt noch mal, nicht am PC, wo ich ausufernd prachtvolle Kulissen sowie eine komfortable Steuerung genießen könnte. Nein: Ausgerechnet auf dem DS werde ich wieder zum Annoholiker.

Oben der kontextsensitive Info-Schirm, unten die Spielwelt sowie das übersichtliche Menü: Einfach, praktisch, gut!

Großer Bruder, kleine Schwester?

Wie kommt es, dass ich nicht genug von der zweidimensionalen Iso-Grafik bekommen kann, die in ihren Grundstrukturen eher an das allererste Anno 1602 erinnert als an einen Ableger des nicht mit schnieker Optik geizenden PC-Spiels, das 2006 bei uns mit einer 88 Prozent-Wertung nur knapp am Platin vorbei schrammte.

Des Rätsels Lösung: Das Team von Keen Games hat sich nicht darauf verlassen, das PC-Spiel zu kopieren oder in leicht beschnittener Form DS-kompatibel zu gestalten. Stattdessen hat man alles von Grund auf neu gestaltet und optimiert: Kampagne, Karten, Wirtschaftskreisläufe, Steuerung. Natürlich orientiert man sich bei allen wesentlichen Mechaniken am großen Rechenknecht-Bruder.

Das bedeutet aber nicht, dass Anno für unterwegs an Komplexität verloren hat. Nach wie vor ist es eure Aufgabe, Inseln zu besiedeln und eure Stadtbewohner möglichst wunschlos glücklich zu halten. Doch das ist einfacher, als es sich anhört. Denn habt ihr erst einmal die Grundversorgung mit Baumaterial und Nahrung sichergestellt, steigen eure Bürger im Rang auf und können sich über mehrere Stufen bis zu Aristokraten entwickeln. Jede der insgesamt fünf Stufen bringt aber gestiegene Forderungen und Wünsche mit sich. Da ihr zusätzlich auch noch eure Gelder im Auge behalten müsst und lange nicht alle der Rohstoffe auf eurer Heimatinsel wachsen, seid ihr entweder zum Handel oder aber zu Kolonisierung andere Eilande gezwungen. Mit dem sorgsamen Anpassen der Steuern, Naturkatastrophen, Piraten sowie Übergriffen anderer Kolonisateure seid ihr ebenfalls konfrontiert.
Und schwupps: Wollte ich gerade nur noch dafür sorgen, dass ich meiner Plantage genügend Platz einräume, um den Sprung in die nächste Bevölkerungsstufe zu schaffen, ertappe ich mich, ich weiß gar nicht wie viel später dabei, dass ich unterwegs bin, um mich auf zwei weiteren Inseln breit zu machen und das nächste Kapitel der insgesamt gut 20 Stunden dauernden Kampagne in Angriff zu nehmen.    

Klein und übersichtlich?

Einen großen Anteil an dem “Noch eine halbe Stunde”-Faktor hat auch die DS-optimierte Steuerung und die Darstellung, der vor allem im fortgeschrittenen Stadium auch der Wuselfaktor nicht abzusprechen ist.
Dabei wird der untere Bildschirm für die Spielwelt und die sparsam an der rechten Seite platzierte Menüstruktur genutzt, während der obere mit kontextsensitiven Informationen gefüllt wird. Dank des fast schon zu langen Tutorials sowie der umfangreichen integrierten und querverlinkten Enzyklopädie kommt man auch ohne Handbuch-Studium schnell hinter die Geheimnisse der Warenwirtschaft. Bereits nach kurzer Zeit fließt der Gebäudebau schnell und intuitiv aus dem Stylus.

Bis ihr eure Bevölkerung zufrieden stellt, ist es ein weiter Weg.

Gleiches kann man leider nicht über den etwas unglücklichen Straßenbau sagen: Denn anstatt intuitiv ein “Bau-as-you-go” praktiziert, also ein direktes Verlegen der Straßenbauplatten mit jedem Quadrat, über das ich den Stylus ziehe, gibt es ein “Zwei-Fahnen-System”. Das bedeutet, dass ich zwei Fahnen auf dem Bildschirm platziere und zwischen diesen die Straße aufgeschüttet wird.
Zusammen mit der leider auch nicht in 90- oder 180-Grad-Schritten drehbaren Kamera und selbst in der nahen der zwei Zoomstufen hat man vor allem in der Anfangsphase Schwierigkeiten, Straßen auf Anhieb miteinander zu verbinden.
Nach einigen Bauversuchen hat man dann zwar den Dreh raus, doch angesichts der ansonsten guten Benutzerführung bleibt ein schales Gefühl zurück.     

  1. Also zu den Negativpunkten:
    Den Straßenbau finde ich auch eigendlich sehr gut gelöst, nach 2 Min hab ich die Wege wie aufm PC gelegt.
    Die Schiffssteuerung ist auch nicht schlecht, allerdings fehlt mir die Funktion die Schiffe genauer zu steuern. So kann ich nur auf der Minimap Zielpunkte setzen, oder muss den gesamten Weg durchscrollen.
    Ist aber zu verschmerzen.
    Die fehlenden Handelsrouten haben mich erstmal total rausgeworfen :D
    Schlau wie ich bin, ignoriere ich natürlich das (übrigens gut gelungen) Tutorial und versuche erstmal ewig mein Entdeckerschiff mit Baumaterialien und Nahrung zu beladen ;)
    Natürlich geht davon einiges vom "Annofeeling" flöten, aber erleichtert auch den Spielfluss in "unruhiger" Umgebung. Man muss sich nicht allzustark konzentrieren.
    Insgesamt ein sehr unterhaltsames "Anno To-Go" in abgespeckter Form, trotzdem jeden Cent wert.
    achja, die Kampagne hätte etwas mehr als 15 Lvl umfassen können...

  2. Moinsen.
    Ich bin, wie viele andere auch, eingefleischter Fan der "Anno"s, 1602 und 1503 habe ich schon rauf und runter gespielt. Momentan spiele ich nach kurzer 1701-Zeit wieder 1503 (mir fehlt momentan ein entsprechend leistungsstarker PC, der alte ist mir abgeraucht), und nun habe ich erste Blicke auf das DS-Pendant des grandiosen 1701 geworfen, besitze es aber noch nicht selbst. Nach dem Lesen dieses Tests, verbunden mit meinen ersten Berührungen mit dem Spiel, steht meine Entscheidung nun fest: Das Teil muss her! :D
    Klar, die fehlenden Handelsrouten sind auch für mich vom Prinzip her ein großes Manko, wenn man jetzt mal vom eigentlichen Spielprinzip von "Anno" ausgeht. Aaaber... Mathias hat es im Test schon beschrieben. Die Jungs von "Keen Games" schaffen es durch ihre ungemein geschickte Art und Weise, das Prinzip von "Anno" an den DS anzupassen, den Gram auf z.B. das fehlende Handelsrouten-System zu vermeiden. Klar, langjährigen PC-"Anno"lern wird trotzdem ein fader Beigeschmack nicht vergehen, aber diejenigen, die mit "Anno 1701" auf dem DS den ersten Kontakt zur grandiosen Aufbauspiel-Serie knüpfen, wird das herzlich wenig kratzen. Unschlagbarer Vorteil des Ganzen: Auf dem DS wird Blut geleckt, auf dem PC wird dann gestaunt, was man sonst noch alles aus dem "Anno"-Prinzip heraus holen kann, und obwohl man "Anno 1701" vom DS her bereits kennt, wird man das gleiche Spiel auf dem PC gleich nochmal so gerne zocken. Und das ist aus meiner Sicht eine großartige Leistung von "Keen Games", das soll ihnen erstmal jemand nachmachen (siehe "Die Siedler DS")...
    Danke nochmal an Mathias für den Test, er hat mich endgültig davon überzeugt, auch meinen DS Lite mit "Anno 1701" zu fordern... ;)
    Gruß,
    olliander

  3. Ich habe mir Anno 1701 DS heute bestellt. Ich war auf der Suche nach einem Spiel, das so schnell nicht langweilig wird und mich dazu bewegt, den DS immer wieder hervorzuholen um eine Partie zu spielen.
    Ich denke mit Anno 1701 habe ich eine gute Wahl getroffen. Das PC Pendant gefiel mir sehr gut. Man kann stundenlang davor sitzen und es fesselt einen noch immer.
    Bin zwar auch etwas enttäuscht wegen der fehlenden Handelsrouten und der recht schwachen Integration der Schiffe, aber solange ich meinen Spaß habe, lohnt sich der Kauf.
    Bin da ganz zuversichtlich :)

  4. Hallo,
    Ich habe mir auch Anno für meinen DS lite zugelegt und muss sagen das es mir richtig gut gefällt.. das Menü ist ziemlich schnell und leicht zu verstehen und es ist alles schnell mit dem Touchpen geschehen ^^
    Also für zwischendurch wenn man mal net bock auf dem rechner hat ist es doch eine Erfrischende Abwechslung ^^

  5. Nun ja, so unverständlich finde ich die Negativpunke nicht, aber das mit den Handelsruten ist nun wirklich ein Nachteil. Genau das macht doch das "große" Anno so spaßig.
    Die Taktik, die kürzersten Wege zu finden, oder den Piraten auszuweichen, oder ein Handelsimperium aufzubauen ist ja DAS Tolle an Anno.
    Es mag schon sein, dass es ohne diese Routen für Einsteiger leicher ist mit Anno zurechtzukommen, aber die echten Fans, wie ich, werden dadurch abgeschreckt, weil Anno dadurch viel an Tiefgang verliert. Schade...

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