Simple Geländetaktik, See ohne Schlacht
Die Probleme mit der KI
Natürlich spielt die Moral eine Rolle und Rücken- sowie Flankenagriffe sind wirkungsmächtiger als der frontale Sturmlauf. Dennoch: Im Gefecht ist A Total War Saga: Troy beinahe schon zu sehr aufs Wesentliche reduziert, zumal auf eine entscheidende Weiterentwicklung im taktischen Bereich oder bei der Inszenierung trotz der Wiedereinführung von Elementen (Deckung im hohen Gras, langsamere Bewegung in schlammigem Gelände) verzichtet wurde.
Nicht missverstehen: Die Arcade-Kämpfe funktionieren durchaus ordentlich – auch weil die KI in offener Feldschlacht mitunter gut agiert und z.T. auch konsequent flankiert oder Einheiten verdeckt bewegt. Doch waren in der Vergangenheit Schlachtfeld-Parameter wie Geländeneigung oder die Erschöpfung der Einheiten elementar wichtig, sind sie nun Randnotizen. Es macht kaum einen Unterschied, ob ich meine schweren Schwertkrieger einmal über das Schlachtfeld sprinten lasse oder nicht – kein Wunder, dass die langsame Bewegung mittlerweile manuell ausgewählt werden muss.
Natürlich gibt es zudem keine losen Formationen, keinen Schildwall und keine Feuerpfeile. Stattdessen manövriere ich meine Truppen und lasse sie angreifen, mehr Optionen gibt es nicht. Auch bei Belagerungen mit großen Mauern sind die Mechaniken simpel: Alle Einheiten dürfen Leitern an die Mauer stellen, Tore können auch von normalen Truppen geknackt werden. Belagerungsgerät ist nur selten notwendig und neben den mächtigen Sturmtürmen „Trojanisches Pferd“ und Rammböcken auch nicht vorhanden.
Völlig daneben ist übrigens der völlige Verzicht auf Seeschlachten, obwohl die bronzezeitliche Ägäis von seefahrenden Stämmen nur so strotzte. Begegnen sich zwei Flotten, erscheint aus dem Nichts immer ein Insel-Schlachtfeld, das teilweise auch völlig ohne Strände auskommt. Eine merkwürdige Entscheidung, hätten Schiffe doch etwas Variation in die manuellen Gefechte gebracht.
Die Probleme mit der KI
Nach wie vor gilt: The Creative Assembly sollte sich endlich von der alten Warscape-Engine verabschieden und einen neuen Software-Unterbau für dynamischere und brachialere Gefechte entwickeln, die das alte Feuer aus Medieval 2 neu entfachen könnten. Hier herrscht leider schon seit Jahren zu offensichtlicher Stillstand. Zudem ist die KI gerade bei Belagerungen immer noch überfordert – so konnte ich mehrfach beobachten, dass sich feindliche Streitkräfte gnadenlos zusammenschießen ließen, anstatt einfach meine Bogenschützen frontal anzugehen. Auf den Mauern verhält sich der Feind besser, ist aber beim Verschieben seiner Einheiten immer noch zu träge, sodass einfache Finten bei der Eroberung schnell zum Erfolg führen.
Die Wahrheit hinter dem Mythos
Richtig cool finde ich hingegen die neuen mythischen Einheiten, die ähnlich funktionieren wie die Spezialtruppen wie bei Total War: Warhammer. Riesen, Zyklopen, Harpyen & Co. sind allerdings keine Sagenfiguren, sondern nur verkleidete oder besonders großgewachsene Menschen. Das ist meiner Meinung nach eine geschickte Lösung, da man sich so auf dem schmalen Grat zwischen Fiktion und Pseudo-Historizität bewegt. Im Gefecht langen die mythischen Kämpfer nämlich richtig zu, sind dabei aber nicht ganz so unüberwindbar wie z.B. Rattenoger, Riesen oder Echsenmenschen-Dinos im Warhammer-Universum. Dennoch bringen die Sagengestalten Abwechslung auf das von Fußsoldaten dominierte Schlachtfeld.
Frech ist hingegen nach wie vor der mittlerweile typischen Tag-1-DLC: Bei Troy erhält man die spielbare Fraktion der Amazonen erst per Zusatzkauf, während sie natürlich bereits vollumfänglich als Fraktion ins Spiel integriert sind. Zwar kann man Troy am Release-Tag im Epic Store dauerhaft kostenlos abgreifen und auch der Tag-1-DLC ist für die Verbindung des Epic-Accounts mit dem Total-War-Access-Account kurzzeitig gratis erhältlich. Fragwürdig ist diese Form der künstlichen Inhaltsbeschneidung angesichts von nur acht spielbaren Startfraktionen dennoch.
Ach sorry, wollte das Thema nicht nochmal so weit aufmachen, dachte du wärst jemand anders
Naja, doppelt hält doppelt.
Dazu kommt das für ein Setting, Helden und Geschichten, zu denen ich überhaupt keinen Bezug habe...
Das stimmt halt auch nicht. Speziell 3K macht so vieles sehr anders, dass ich mir fast wünschte, dass Rome2 mehr wie 3K wäre. Würde zulange dauern das alles aus zuführen, aber der essentielle unterschied ist schon mal, dass man in Rome2 im Kern eine Nation spielt und dann die Map färben soll. Die Charaktere sind total beliebig und austauschbar während in 3K die Charaktere im Fokus stehen, weil man im Prinzip jeweils eine Dynastie spielt, denn die Nation ist ja China.
Da CA seit über 10 Jahren immer nur bessere Reskins von Rome 2 zum Vollpreis auf den Markt wirft, ohne grundsätzlich mal den vor sich hin rottenden Unterbau zu modernisieren, bin ich schon froh, dass es Magazine gibt, die das kritisch hinterfragen.