Indie statt AAA-Indie
Dass verdiente Designer, Coder oder Levelbauer große Spielestudios wie EA, Ubisoft & Co. verlassen, um ihr eigenes Indie-Süppchen zu kochen, ist ein bekanntes Phänomen in der Branche. Beim 39-jährigen Dänen Jeppe Carlsen verhält sich die Sache ein bisschen anders: Denn er war bereits bei einem Indiestudio angestellt (bei Playdead) und als Lead Gameplay Designer mit dafür verantwortlich, dass Limbo (2010) und Inside (2016) zu von Presse und Publikum gefeierten Perlen wurden. Bevor er dem Team 2016 den Rücken kehrte, arbeitete er, als Carlsen Games, bereits einige Jahre nebenher an pixeligen Action- und Geschicklichkeitstiteln. 140 ist das Premierenspiel von Carlsen Games – und bereits vor Jahren für PC sowie Xbox One und Wii U erschienen.
Ohne Story, Tutorials, Texte oder gar Zwischensequenzen setzt 140 dem Spieler einen blockigen Farbmatsch vor, der wie ein Vorgriff auf die Atari-VCS-Optik wirkt – und von vielen Zockern sicher als garstig bis hässlich wahrgenommen wird. Schrille Farbklötze, die optisch so gar nicht mit den Hintergründen harmonieren wollen, treffen auf im Takt größer und kleiner werdende graue Griesel-Quadrate – das kann man unansehlich finden oder als künstlerisch wertvollen Cocktail aus TV-Testbild und Atari-Grafik genießen. Cool ist in jedem Fall: Die Spielfigur, die sich im Übrigen tadellos lenken lässt, ist unbewegt ein Quadrat – rollt man mit ihr aber durchs Level, wird sie zum Kreis, und im Sprung steuert man plötzlich ein Dreieck.
Rhythmus im Blut
Schon nach den ersten Standard-Hüpfeinlagen wird es pfiffig: Mal wollen Schalter durch kurzes Draufspringen aktiviert werden, mal dürfen graue Kringel, die je nach dem Beat der Hintergrundmusik stillstehen oder sich blitzartig bewegen, nicht berührt werden. Wer 140 im Mobilbetrieb der Switch zockt, dem empfehle ich, den Kopfhörersound richtig aufzudrehen – nicht nur geht die elektronische Musik (mit Noise-Einflüssen) gut ins Ohr, sondern ist der Sound oft essentiell mit den Stages verknüpft: Plattformen erscheinen und verschwinden zum Takt, graue (und damit tödliche) Quader werden im Rhythmus groß und klein. Trotz der äußerst überschaubaren Level- und damit Spielzeit wird Abwechslung geboten: Mal werden die Gesetze der Schwerkraft ausgehebelt, mal verwandelt sich der gesamte Levelboden in ein riesiges Trampolin. Zudem kommen in den Bosskämpfen kleine Shooter-Einlagen dazu: Im Rhythmus der Musik gibt mein Dreieck automatisch Schüsse ab – ich muss nur den Bossattacken ausweichen und schauen, dass ich den Feind im richtigen Moment erwische.
Anders als in der originalen PC-Fassung stehen auf Switch vier Stages zur Verfügung – 2013 gab es zunächst nur drei, erst 2017 wurde ein viertes Level gratis nachgereicht; zudem sind alle Abschnittie auch in gespiegelter Form, aber ohne Checkpoints anwählbar – hier raufen sich selbst Hüpfprofis die Haare.
Ich jetzt gar nicht mal so unbedingt.
Der Gedanke ist natürlich nett und ehrenvoll, aber gerade bei Indies will ich ja was von Perlen hören, die ich selber noch nicht am Radar habe. Bei einer Art Abstimmung (so stelle ich mir das gerade vor), kommen dann eben die Spiele zum Zug, die den meisten schon ein Begriff sind.
Also vermutlich so was wie „wählt euer Indie-Review für diesen Monat“? Fände ich gut.