Ich bin häufig skeptisch, wenn es darum geht, ein kommendes Spiele-Jahr mit Vorschusslorbeeren zu überhäufen. Obwohl ich Enthüllungen und Trailer, Anspiel-Events bei Publishern und auch das altgediente Format der Previews schätze. Auch im Vergleich mit Kollegen fühle ich mich dann wie ein Muffel, der zum Vorfreuen in den Keller geht. Denn gerade bei heiß ersehnten AAA-Games, die schon Monate vor Release in aller Munde sind und die Vorbesteller-Listen besetzen, bin ich schon mal reserviert. Warum eigentlich? Ich bin nämlich wahnsinnig gern Spieler und Spielejournalist – und habe auch nach über 30 Jahren Zocken nicht ansatzweise die Nase voll davon. Vielleicht ist mein Geschmack, gerade im Blockbuster-Bereich, zu erlesen. Klingt arrogant, ich weiß. Besser also: Ich bin zu heikel, zu wählerisch. Aber niemand mag doch ALLE großen Spieleserien, oder?
Was das anstehende Spiele-Jahr 2023 angeht, da bin ich hin- und hergerissen: Ich freue mich schon auf die vielen großen Namen, die bereits im ersten Halbjahr erscheinen werden – aber mehr aus professioneller Sicht, weil bei uns auf 4Players dann einfach so viel Spannendes los sein wird: Dead Space und Forspoken im Januar. Company of Heroes 3, Hogwarts Legacy und PlayStation VR2 mit Horizon: Call of the Mountain im Februar. Star Wars Jedi: Survivor, Wo Long: Fallen Dynasty und Resident Evil 4 im März. Der Horizon Forbidden West-DLC im April. Zelda: Tears of the Kingdom und Suicide Squad im Mai. Street Fighter 6, Final Fantasy 16 und Diablo 4 im Juni. Was. Für. Ein. Halbjahr.
Oder doch nicht?
Trotzdem fällt es mir erstaunlich leicht, eine gewisse emotionale Distanz zum Gros dieser kommenden Titel zu bewahren. Um das erklären, muss ich natürlich tiefer blicken lassen. Bedenkt dabei: Ich will keinem seine Vorfreude vermiesen, nur weil ich sie nicht teile! Aber gehen wir die Liste doch mal durch: Das Dead Space Remake wird vermutlich richtig gut, ist das Original doch mein liebstes Horrorspiel ever. Ich werde die Neuauflage gerne spielen und freue mich drauf, im Moment kann aber nicht ganz beiseiteschieben, dass es halt doch “nur” ein Remake ist. Square Enix’ Forspoken sieht auch ziemlich interessant aus: Ich kann aber noch nicht einschätzen, ob mich die Open World packt – reinspielen will ich aber unbedingt. Der Februar wird nicht mein AAA-Monat: Harry Potter hat mich nie groß interessiert, RTS-Games spiele ich seit Warcraft 3 nicht mehr und PSVR2 muss mich erst in der Praxis überzeugen, einen Hype-Bonus gibt es dafür nicht. Und im März? Cal Kestis erstes Star Wars-Spiel hab’ ich nach einer Stunde von der Platte geworfen und Wo Long ist mir viel zu soulslike – bleibt mit Resident Evil 4 noch das Remake meines liebsten Resis. Wer mich besser kennt, der weiß dass dieses Prädikat angesichts nur zweier durchgespielter Resi-Games nicht viel wert ist – die neue Technik lockt mich aber schon…
Den Horizon Forbidden West-DLC im April werde ich natürlich spielen, mich verbindet mit dem Hauptspiel zwar eine gewisse Hassliebe, aber das Add-on ist Pflicht. Dead Island 2, das ebenfalls im April kommen soll, hingegen nicht. Der Mai wird dann zum echten Wonnemonat: Nicht wegen Suicide Squad – mein letztes Rocksteady-Highlight war Urban Chaos: Riot Response –, sondern natürlich wegen Zelda. Breath of the Wild war schließlich eines der besten Games überhaupt! Demzufolge freue ich mich extrem auf Tears of the Kingdom, und bin auch gerne bereit, wieder 200 Stunden zu investieren. Wenn ich dann im Juni wieder aufnahmefähig bin, gönne ich mir Street Fighter 6 (Pflicht für mich als Hobby-Klopper) und mache einen großen Bogen um Final Fantasy 16. Die Final 10-Demo auf der Heft-DVD vom Offiziellen PlayStation Magazin war genug Final Fantasy für (m)ein ganzes Leben. Und Diablo 4? Da schau ich Eike über die Schulter (hübsch isses ja), aber meine mit Teil 2 beendete Diablo-Karriere braucht keinen Neustart.
Bin ich damit komisch? Zu wenig begeisterungsfähig oder gar satt von 17 Schlemmerjahren im Spieleredaktions-Schlaraffenland? Sagt ihr es mir! Oder sind vier große Games in den ersten sechs Monaten eines Jahres vielleicht doch genug? Klar, ich habe den Luxus, teils während der Arbeitszeit zocken zu können und daher grundsätzlich mehr Zeit für dieses Hobby, weil es eben mein Beruf ist – dennoch kann man als Spieler ja auch nicht erwarten, dass die Branche nur Blockbuster für den persönlichen Geschmack schnitzt… Mit zwei spannenden Remakes, einem dicken DLC und dem herbeigesehnten Zelda bin ich eigentlich recht zufrieden – zumal da ja noch einiges obendrauf kommt.
Alte Lasten & neue Aufgaben
Ich möchte unbedingt noch The Callisto Protocol weiterspielen, habe ein bisschen Komplettierungs-Kram bei Sonic Frontiers vor mir, hänge gerade mitten im zweiten Komplett-Durchlauf von God of War Ragnarök und will eigentlich auch Pentiment – zusammen mit meiner Freundin – nochmal erleben. Need for Speed Unbound wartet sogar noch jungfräulich auf der PS5, ebenso Bayonetta 3 auf der Switch. Plus: Modern Warfare 2 will ich auch weiter- und durchspielen – kann ja nicht sein, dass das meine erste nicht beendete CoD-Kampagne seit Teil 3 (von 2006!) wird, nur weil Private Cramer das bei uns getestet hat. Dazwischen lege ich immer mal wieder eine Runde mit dem blutigen 2D-Actioner Heidelberg 1693 ein und spüre die Retro-Liebe von Atari 50: The Anniversary Celebration und der Retro-Konsole Taito Egret 2 Mini. Obendrein hab’ ich mir ganz fest vorgenommen, Baba Is You – das klügste und kreativste Spiel der letzten Dekade – nochmal ganz von vorn zu zocken. Keine Sorge, ich bete euch jetzt nicht meinen Pile of Shame vor, komme aber trotzdem zu dem Schluss: Verdammter 24h-Tag!
Nun zurück zu dem, was 2023 vor uns liegt: Den Februar vergolden mir außerdem Kirby’s Return to Dream Land Deluxe (bestimmt!) und Atomic Heart (vielleicht!). Ich nehme es dem Ego-Shooter aber immer noch nicht ab, dass er wirklich so genial wird, wie er in Videos aussieht. Neben einem gewissen Interesse an Starfield, einer großen Neugier für Pragmata und einer – bei mir immer! – großen Vorfreude auf Assassin’s Creed Mirage dürften vor allem im vierten Quartal die üblichen Verdächtigen den AAA-Kader des Jahres 2023 komplettieren. Und dann gibt es natürlich noch reichlich Indie-Kandidaten, die dieses Jahr endlich kommen sollen – manche haben mich schon im Trailer verzückt, weil sie so verflucht stylisch aussehen: der Radfahr-Roadtrip SEASON: A letter to the future (Termin: 31. Januar!), das Aquarell-Game Dordogne, der deutsche Weltkriegs-Horror Ad Infinitum und die Jet-Set-Radio inspirierte Trendsport-Sause Bomb Rush Cyberfunk. Dazu der schlaue Schatten-Plattformer SCHiM, die Aggro-Kickboxparty Anger Foot, das verträumte Adventure Cocoon, die stylische Unterwelt-Poesie Skate Story, das pittoreske Rätselspiel Figment 2 und das hübsche Storybook-Abenteuer The Plucky Squire. Ja gut, ich hör’ ja schon auf… Wenn nur die Hälfte davon dieses Jahr kommt und gut wird, dann geht das Spielejahr 2023 wirklich in die Geschichte ein!
Und ihr so?
Ich möchte schließen mit einer ehrlich gemeinten Frage an euch, liebe Lesende und Spielende: Wie wird euer Gaming-Jahr 2023?
Was sind eure Highlights im Kalender und – vor allem – warum sind sie das? Vielleicht ist Hogwarts Legacy das Harry-Potter-Spiel, von dem ihr immer geträumt habt, oder Resi 4 euer Alltime-Favorit, den ihr 2023 endlich in neuem Grafik-Gewand erleben könnt. Womöglich freut ihr euch auch auf den nächsten Landwirtschafts-Simulator, reicht euren Jahresurlaub ein, sobald Bethesda den Release-Termin von Starfield verkündet, oder habt mega Bock auf die lange verschobene Rückkehr nach Baldurs Tor. Plant ihr vielleicht sogar die Anschaffung einer neuen Konsole oder Grafikkarte? Alternativ seid ihr mit PS4- und Xbox-One-Games der letzten Jahre noch so gut versorgt, dass ihr mit ein, zwei neuen Titeln locker durchs Jahr kommt. So ganz ohne FOMO, also der Angst etwas zu verpassen und dann vielleicht nicht mitreden zu können? Oder habt ihr gar den AAA-Blues und freut euch nur auf weniger kommerziell ausgerichtete Indie-Titel und die nächste Retro-Session mit eurem Mega Drive? Ich bin gespannt, was ihr von eurem Spielejahr 2023 erwartet…
Scheint also eher wenig Hoffnung zu geben, auch wenn es kein NOLF ist, wo selbst die Eignerschaft der Rechte in Frage steht.
Wing Commander war noch vor meiner Zeit, bei mir hats eher mit X-Wing Alliance und Freespace angefangen, und dann, lag bei einer Computer Bild dabei IIRC, auch Starlancer. Die Kampagne war in der Tat sehr spaßig, auch wenn es sich weniger komplex und mehr oldschool als ein Freespace angefühlt hat.
Vor ein par Wochen habe ich tatsächlich dass erste mal Wing Commander angeschaut, bzw einen bisschen von einem Stream des dritten Teils. Ich war mir davor gar nicht bewusst, wie sehr Freespace und Starlancer auf Wing Commander basieren, und dessen Gameplay erweitern.
Muss mir bald mal wieder OpenFreespace ziehen, Cockpit-Mod holen, und dann mein HOTAS-Setup und Headtracking drauf einstellen. Das macht bestimmt Laune!
(Anscheinend hat X-Wing Alliance auch ein volles Engine-Remake, außerdem Tie-Fighter jetzt auch... hm, muss ich mir mal anschauen!)
Ich will davon ja nichmal ne Definitive Edition, einfach nur einen Re-Release irgendwo auf Steam oder GOG. Finde nämlich meine Hülle samt CDs nicht mehr. Ebenso Starlancer (auch irgendwann wohl beim Umzug "verschwunden"). Das hatte nämlich ne geile Kampagne und verfeinertes, erstklassiges Wing Commander-Gameplay. Die deutsche Syncro war zwar grauenvoll, aber sonst ... ein SpaceSim-Kleinod!
Starlancer hat zumindest noch mit Freelancer einen geistigen Nachfolger bekommen. Aber die Entwicklung war ja auch eher problematisch.
Heutzutage haben die Titel vermutlich einfach nicht genug Gewicht, um viel Interesse zu erzeugen. Zumal MS' mit dem Kauf von Relic ein echtes Schwergewicht hat; mit AoE4/AoE2 DE haben die praktisch die historische RTS-Serie schlechthin.
Und nächstens Monat dann CoH3, welches ziemlich vielversprechend ausschaut. Sieht aus, als ob Relic aus dem Versagen von DoW3 gelernt hat, da arbeiten die stark mit der Community zusammen. Bin zum ersten mal seit langem wieder richtig gespannt auf ein RTS!