Nach dem Debakel rund um die Collectors-Edition von Xenoblade Chronicles 3 scheiterte Nintendo nun auch bei der physischen Version von Bayonetta 1 daran, Fans ausreichend zu versorgen.

 

Von der Kreditkarte als einziges Zahlungsmittel für Vorbestellungen über die instabile Shop-Struktur bis hin zu extremen Limitierungen: Der My Nintendo Store ist auch weiterhin eine einzige Enttäuschung für mich. Dabei will ich doch nichts lieber, als Nintendo mein Geld in den Rachen zu werfen. Warum also lässt man mich nicht?

Xenoblade Chronicles 3: Eine gebeutelte Collectors-Edition

Als Nintendo am 19. April die Bombe platzen ließ, dass Xenoblade Chronicles 3 bereits Ende Juli erscheinen soll, brach ich als langjähriger Fan der Rollenspielreihe erstmal in Jubel aus, ahnte ich doch noch nicht, was die Verschiebung für die Collectors-Edition bedeuten würde. Schon damals war von der Exklusivität im My Nintendo Store die Rede.

Weil Nintendos hauseigener Online-Shop nur Kreditkarten akzeptiert (mittlerweile gilt dies nur noch für Vorbestellungen, reguläre Käufe können auch per PayPal getätigt werden), waren viele Fans bereits ob der angekündigten Exklusivität verärgert. Doch der Schneeball kam an dieser Stelle gerade erst ins Rollen.

Nach dreimonatiger Funkstille und keine zwei Wochen vor dem Release von Xenoblade Chronicles 3 erbarmte sich Nintendo und verkündete, dass die Collectors-Edition nicht wie geplant zusammen mit dem Spiel, sondern separat und erst im September erscheinen soll. Als Grund dafür gab man „logistische Probleme“ an – geschenkt, dachte ich. Nur ein weiteres Opfer der zahlreichen Corona-Lieferengpässe.

 

Damit Fans den noch nicht genau datierten Launch nicht verpassen, konnte man sich mit seiner E-Mail-Adresse für eine entsprechende Benachrichtigung anmelden. Gesagt, getan: Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch die ehrliche Hoffnung, die Collectors-Edition von Xenoblade Chronicles 3 tatsächlich kaufen zu können.

Die katastrophale Freischaltung samt Store-Shutdown

Die Collectors Edition erschien dann auch tatsächlich ohne Spiel für 34,99 Euro – nicht günstig für ein Softcover-Artbook und ein Steelcase, aber auch nicht übertrieben teuer. Den Termin im September hat man aber nicht eingehalten, stattdessen zog sich die Chose von Nintendo unkommentiert bis zum 18. Oktober, wo man das begehrte Stück dann in den My Nintendo Store warf.

Die Mail, die mich über die Veröffentlichung informieren sollte und mich während meiner Arbeitszeit erreichte, kam viel zu spät: Nintendos Online-Shop hatte aufgrund des extremen Andrangs längst das Handtuch geworfen und war den Rest des Tages außer Betrieb. Wer das Glück hatte, vor dem Sturm oder wenige Minuten nach dem Reboot die Website zu besuchen, konnte sich eine der offenbar kaum vorhandenen Editionen sichern – der Rest ging leer aus, mich eingeschlossen.

Mittlerweile ist die Collectors-Edition, wie üblich bei schwer zu bekommenden Sammlerprodukten, massenweise auf eBay zu finden und kostet dort fast ausnahmslos mehr als 100 Euro, also das dreifache des ursprünglichen Preises. Nintendos Limitierung und Exklusivität im hauseigenen Store haben vor allem einer Gruppe in die Hände gespielt: gierigen Scalpern, die kein Interesse am Produkt, sondern nur am Gewinn haben.

 

Dass man die Collectors-Edition in den USA bereits einige Monate zuvor verkauft hatte, wo Nintendo ein ähnliches Premiumerlebnis ablieferte, scheint dem japanischen Unternehmen jedenfalls keine Lehre gewesen zu sein. Die popelige Entschuldigung, die nach dem Vorfall wenige Tage als klitzekleines Banner im My Nintendo Store zu sehen war, war da nur noch die Kirsche auf der Sahnehaube der Dreistigkeit.

Bayonetta: Physische Handelsversion binnen Sekunden ausverkauft

Auch bei der physischen Handelsversion von Bayonetta hat Nintendo es erfolgreich geschafft, mit Glanzleistung und Anlauf zu versagen. Die Ankündigung erfolgte zusammen mit der Termin-Enthüllung von Teil 3 bereits im Juli, danach herrschte Funkstille. Ende September hieß es dann, Fans könnten in der ersten Oktoberhälfte zuschlagen, die natürlich ohne Release vorbeiging.

Ohne erneute Ankündigung erschien die physische Version von Bayonetta dann am 25. Oktober, erneut exklusiv im My Nintendo Store, wo sie binnen weniger Minuten restlos ausverkauft war. Es folgte ein Tweet, indem man sich dafür entschuldigte, dass nicht jeder das Spiel kaufen konnte und kündigte an, den Bestand noch später dieses Jahr einmalig aufzustocken – einmalig wohlgemerkt und vermutlich in ähnlich geringer Menge wie beim ersten Mal.

 

Auch den genauen Termin der zweiten Charge werden wir wohl wieder erst in der Sekunde erfahren, in der das Spiel im Shop landet und dann beim verzweifelten Kaufversuch bereits wieder ausgeflogen ist. Ich kann es kaum noch abwarten!

Limitierte Spiele und unbegrenzter Frust

War ich schon bei der Collectors Edition von Xenoblade Chronicles 3 über die mangelnde Kommunikation und das schlechte Management der Nachfrage frustriert, verlor ich bei Bayonetta auch mein restliches Verständnis. Wie kann es sein, dass Nintendo einfach nicht aus seinen Fehlern lernt und zahlungswillige Kunden wiederholt vor die Wand laufen lässt?

Zumal Xenoblade Chronicles 3 und Bayonetta beileibe nicht die einzigen Beispiele für die Nachfrage der Fans sind: Auch die Collectors-Editionen zu Fire Emblem Engage und Bayonetta 3 waren innerhalb kürzester Zeit nach ihrem Auftauchen bei Amazon und Co. ausverkauft, Spieler sind also offenbar verrückt nach den teureren Versionen mit thematisch passenden Extras.

Warum also produziert Nintendo nicht mehr Exemplare? Wieso bietet man ausgerechnet extrem gefragte Produkte in so kleiner Stückzahl an und macht es Fans dann mit Store-Exklusivität und Kreditkartenzwang zusätzlich schwer – kurz gesagt: Warum will Nintendo mein Geld nicht? Klar, die Frage könnte man Sony natürlich auch bei der immer noch schwer zu findenden PlayStation 5 stellen.

Aber die Produktion von Soft- und Hardware ist dann doch unterschiedlich aufwendig und der durch die Corona-Pandemie entstandene Chipmangel betrifft wohl kaum die Herstellung von Artbooks und anderem Merchandise. Außerdem ist die Praxis von limitierten Sondereditionen schon vor der Pandemie Alltag gewesen, wodurch das doch bei jeder Gelegenheit finanzorientierte Nintendo erheblich Geld liegen lässt.

Kaum Kommunikation und keine Kompromisse

Noch viel mehr als die extremen Limitierungen frustriert mich allerdings der Mangel an Kommunikation. Auch wenn man sich in beiden Fällen im Nachhinein entschuldigt hat, ließ man Fans in Sachen Release-Termin bei den oben genannten Beispielen bis zum Ende im Dunkeln tappen und überließ die vorhandenen Exemplare den flinksten Fingern.

Und das, obwohl es eine Menge potentieller Lösungen für den Reinfall gegeben hätte. Eine feste Vorbestellung beispielsweise, wahlweise per Mail oder direkt im My Nintendo Store und gegebenenfalls mit Vorauszahlung. Oder die Produktion und Ankündigung von zusätzlichen Exemplaren, um die extrem hohe Nachfrage zumindest im Nachhinein zu befriedigen.

Und zu guter Letzt: Keine My Nintendo Store-Exklusivität für offensichtlich sehr gefragte Produkte, um auch Fans ohne Kreditkarte die Möglichkeit zum Kauf zu geben und die Server des hauseigenen Online-Shops vor dem (erneuten) Kurzschluss zu bewahren. Nicht, dass ich die Exklusivität aus geschäftlicher Sicht nicht verstehen könnte.

Ohne die Auslieferung an Drittanbieter spart Nintendo Zeit und Geld, die man (theoretisch gesehen) an anderer Stelle einsetzen könnte. Aber sollte man auch in Zukunft an dieser Praxis festhalten, dürfen sich Fans wie ich auf jede Menge weiteren Frust einstellen. Letztendlich bleiben alle Vorschläge damit nur Wunschvorstellungen.

Die fragwürdige Zukunft des My Nintendo Store

Und das, obwohl eigentlich längst nicht alles schlecht am My Nintendo Store ist! Mit ein bisschen Mühe könnte sich der Shop in Zukunft zu einer guten Anlaufstelle mausern: Die kostenlose Lieferung ist mit einer Mindestpauschale von 24,99 Euro bei Videospielen und Merchandise schnell erreicht und somit konsumentenfreundlicher als ein zahlungspflichtiges Prime-Abo bei Amazon.

Mit begrenzten Stückzahlen pro Person und der Neuauflage von woanders längst vergriffenen Produkten wie begehrten Amiibos zu regulären Preisen steuert Nintendo außerdem unnötigen Limitierungen aus der Vergangenheit entgegen und gibt vielen Fans eine zweite Chance, sich verpasstes Merchandise doch noch nach Hause zu holen.

Damit Nintendo-Fans im Online-Store des japanischen Unternehmens zu Stammkunden werden, muss sich allerdings noch einiges tun. Ein Steelbook als Gratis-Dreingabe ist kein gutes Argument, wenn Neuerscheinungen bei der Konkurrenz schon wenige Tage nach Release deutlich günstiger sind als der im My Nintendo Store vorzufindende Vollpreis.

Und besonders in Sachen unnötiger Limitierungen erwarte ich von Nintendo in Zukunft wirklich mehr. Wie jedes andere Unternehmen auch, will der japanische Spielehersteller schließlich so viel Geld verdienen wie möglich und das geht schlecht, wenn Kunden wie ich die gewünschten Produkte nicht kaufen können. Wenn man dann noch PayPal für Vorbestellungen erlauben würde, wäre der My Nintendo Store zumindest mit einem Fuß im 21. Jahrhundert angekommen.