Das komplette Zenimax-Aufgebot rund um Bethesda und id Software, Obsidian, inXile Entertainment, Double Fine Productions und viel mehr: Microsoft hat seine Xbox-Sparte in den letzten Jahr stark vergrößert – und mit Activision-Blizzard soll noch ein ganz großer Fisch folgen.

Auf dem ersten Blick ergibt dieser Kaufrausch durchaus Sinn: Nachdem Microsoft im Zuge der Xbox One-Generation einige strategische Fehler begangen hat, angefangen mit einem verstärkten Fokus auf Multimedia-Inhalten statt Spielen bis hin zu einer zu Beginn ungewöhnlichen Versteifung auf Kinect, wollte und will man mit der Xbox Series X | S das Ruder wieder rumreißen. Da der Aufbau eigener Studios sehr langwierig sein kann und viel Zeit benötigt, kauft man eben talentierte und bereits fest etablierte Studios, die zukünftig die Xbox- und PC-Sparte bedienen.

Microsoft – ein moderner Fußball-Club?

Die Idee dahinter ist naheliegend: Erfahrene Entwickler benötigen im Idealfall nicht so viel Aufsicht, es bestehen bereits vernünftige interne Strukturen und mit dem zusätzlichen Geld können Spiele entstehen, für die sich Spieler nur allzu gerne eine Xbox-Konsole oder zumindest ein Game Pass Abo ins Haus holen. Und vielleicht kann man dann auch wieder mitreden, wenn es um die Verleihung von Game of the Year-Awards geht, bei denen sich Microsoft in den letzten Jahren nur selten wirklich zu Wort melden konnte.

Die Xbox Game Studios sind in den letzten Jahren stark gewachsen – dank vieler externer Zukäufe.

Ein Stück weit erinnert mich das an den Fußball. Genauer gesagt an Vereine wie Paris Saint-Germain oder, um in unserer redaktionellen Heimat zu bleiben, Hertha BSC Berlin. Zwei Vereine, in denen sich irgendwann jemand dazu entschieden hat, Unmengen an Geld zu investieren, um ganz groß durchzustarten. Im Falle von PSG geht das soweit, dass man sich Weltstars wie Messi, Neymar, Ramos und Mbappé gönnt und darauf spekuliert, dass es diese schon richten und die heißbegehrte Champions League-Trophäe gewinnen. Die Realität ist aber eine andere: PSG schafft es auch in diesem Jahr erneut nicht, die “CL” zu gewinnen und bei der Hertha droht trotz Millionen Investitionen der Absturz in die Zweitklassigkeit.

Natürlich gibt es im riesigen Fußball-Geschäft noch mehr solcher Fälle und oft wiederholt sich dabei ein bestimmtes Muster: Mit sehr viel Geld kann man viel machen, aber ein Selbstläufer wird es nicht. Oder um ein paar Euro ins Phrasenschwein zu werfen: Geld schießt keine Tore – zumindest nicht zwangsläufig. Wer jedoch auf Expertise setzt und die wichtigen Stellen mit den richtigen Personen besetzt, die natürlich ebenso viel Geld kosten, der wird dennoch irgendwann Erfolg haben, siehe Manchester City.

Redfall: Ein Sinnbild der Problematik

Bei Microsoft zeigt sich aus meiner Sicht derzeit ein ähnliches Bild: Es wird viel Geld investiert, aber so richtig zündet das noch nicht – zumindest im AAA-Bereich. Während Microsoft bei seinen kleineren Projekten, wie Pentiment oder Hi-Fi Rush ein feines und gutes Händchen beweist, enttäuscht man eine Etage darüber. Jüngstes Beispiel ist Redfall, das neue Spiel von Arkane Austin, die in der Vergangenheit unter anderem Prey entwickelt haben. Letzteres steht bei einem OpenCritic-Wert von 81, während Redfall gerade einmal auf 59 kommt.

Was genau dabei schief gegangen ist und wieso man sich bei Arkane für einen Koop-Shooter entschieden hat, anstatt sich auf das eigene Kerngebiet – Singleplayer-Spieler mit dichter Atmosphäre und spielerischen Freiheiten – zu konzentrieren, darüber lässt sich hervorragend spekulieren. Darum soll es an dieser Stelle aber nicht gehen, denn einen Grund für den Fehlschlag hat Xbox-Chef Phil Spencer selbst in die Öffentlichkeit getragen: Man hat Arkane Austin bei Redfall zu wenig unterstützt, ließ Spencer im Interview mit dem YouTube-Kanal Kinda Funny Games verlauten.

Anders ausgedrückt: Mit dem Kauf von Zenimax und somit der Arkane Studios hat man ein Projekt übernommen, bei dem man wahrscheinlich hoffte, dass es die erfahrenen Entwickler schon schaukeln werden. Das Endergebnis ist leider bekannt: Statt in hohe Wertungsregionen zu greifen, steht man derzeit als eines der schlechtbewertesten Spiele des Jahres da. Regionalliga anstatt Champions League vor riesiger Kulisse – um die Analogie zum Fußball aufrechtzuerhalten.

Es braucht mehr als nur Geld

Ähnlich wie bei PSG oder der Hertha zeigt sich auch bei Microsoft: Nur Geld reinstecken und auf große Namen zu setzen, ist nicht der Weg zum Erfolg. Und sowohl bei den Fußballvereinen als auch bei Microsoft hat man eigentlich die Ressourcen, um mehr aus den Investitionen zu machen, wobei das gewiss keine einfache Aufgabe ist.

Dabei geht es nicht nur darum, die Entwicklungszeit zu verlängern: Einige Monate mehr im Ofen hätten, wie Spencer es ebenfalls erwähnt, aus Redfall nicht auf einmal ein fantastisches Spiel gemacht. Die Probleme, die das jüngste Arkane-Spiel plagen, hätte man viel früher angehen müssen – und das ist auch ein Versagen Microsofts. Zudem es nicht das erste Mal ist, denn auch schon bei Halo Infinite kam es zu einigen Problemen, die man hätte früher aus der Welt schaffen können. Aber womöglich hoffte man auch hier, dass der große Name und das viele Geld, welches man investierte, schon irgendwie reichen wird.

So wie damals gelobt Phil Spencer nun bei Redfall erneut Besserung. Man würde interne Prozesse überdenken und verbessern. Ob das wirklich der Fall ist, bleibt nur abzuwarten. Der Druck auf Bethesda ist auf jeden Fall durch all diese Ereignisse nicht geringer geworden – dabei war Starfield zuvor schon prädestiniert dafür, eines der wichtigsten Microsoft-Spiele seit langer Zeit zu werden.