Wohlverdienter Familienurlaub, eine Messe auf der anderen Seite der Erde: Bei dermaßen personalkritischen Einschränkungen muss selbst eine neue Episode in einer der interessantesten Spielewelten der Gegenwart hinten anstehen. Dabei hat Minerva’s Den die Aufmerksamkeit jedes BioShock-Spielers verdient, denn zum ersten Mal liefert der Download-Inhalt eines BioShocks keine Mehrspieler-Bausteine oder separaten Herausforderungen nach – zum ersten Mal erzählen die Entwickler eine neue Geschichte. Es ist die Geschichte eines neuen Protagonisten, die beinahe den Umfang einer großen Erweiterung hat!

Heimkehr

Dabei hat sich in Rapture nur wenig getan: Noch immer stapft man als Big Daddy, wie in BioShock 2 als Modell der Alpha-Serie, durch die Unterwasser-Metropole. Noch immer setzt man Adam-Junkies mit Plasmiden wie einem Bienenschwarm oder einem Feuerball außer Gefecht oder schießt mit zahlreichen Waffen auf sie. Wer einen anderen Big Daddy tötet, darf dessen Little Sister adoptieren und mit ihr Adam suchen. Oder er entfernt ihren Parasiten, um sofort ein wenig Adam zu erhalten – verzichtet dann aber auf kleine, taktisch interessante Belohnungen. Als besonders starke Feinde tauchen bis zu zwei Big Sisters auf, Tüftler hacken zahlreiche Überwachungskameras oder Geschütztürme und wer Rapture in aller Ruhe erkundet, findet Fähigkeiten sowie Waffen, die Sprintmeistern verborgen bleiben. Wer jeden Stein umdreht und sich Zeit für die noch immer beeindruckende Architektur nimmt, kann fast zehn Stunden mit der neuen Episode verbringen. Wer keine Nerven zeigt, dürfte in drei bis vier Stunden an allem Wichtigen vorbeigerauscht sein. Eine Empfehlung an erfahrene Big Daddys: Die moderate Herausforderung bleibt nahezu unverändert; der höchste Schwierigkeitsgrad dürfte somit für viele die Einstellung der Wahl sein.



Rapture – das bedeutet allerdings nicht nur vertrautes Terrain. Denn das titelgebende Minerva’s Den sowie ein weiteres Areal sind die brandneuen Schauplätze des wohl abschließenden BioShock 2-Kapitels. Und auch wenn beide Gebiete ohne überwältigende Bahnhofs- oder Festhallen auskommen, ist einmal mehr jeder Winkel einen Blick wert. Charles Milton Porter ist diesmal die Stimme hinter den Kulissen, von deren Hand der neue Protagonist, »Subjekt Sigma«, geleitet wird. Tenenbaum hat sich mit Porter zusammengeschlossen, um dessen ehemaligen Partner aus dem Weg zu räumen. Gemeinsam mit einem gewissen Reed Wahl hatte Porter nämlich den Zentralcomputer von Rapture entworfen, doch aus Profitgier hat Wahl Porter als Verräter gebrandmarkt und die Maschine an sich gerissen. Spannend, überraschend, bewegend: Einmal mehr gewinnen die Entwickler dem Konflikt zwischen Mensch und Maschine eine neue Seite ab – ein Jahr vor den Ereignissen in BioShock 2.

BioShock x 2

Und zum ersten Mal beginnt ein Abenteuer im marinen Dystopia nicht damit, dass eine Tür per Elektroshock geöffnet werden soll. Stattdessen führt Minerva’s Den eine neue Waffe und ein neues Plasmid ein: Gravity Well zieht etwa in der Nähe befindliche Gegenstände an, um sie daraufhin mit Wucht von sich zu stoßen. Auf der höchsten Stufe verspritzt das Plasmid außerdem Säure. Vorsicht: Selbst verbündete Sicherheitsbots saugt das »schwarze Loch« an! Die neue Ionenkanone feuert hingegen einen durchgehenden Strahl ab, Hitzemunition richtet stärkeren Schaden an und explosive Geschosse müssen vor dem Abschuss zwar aufgeladen werden, zwingen aber selbst eine Big Sister im Handumdrehen zu Boden! Wer den zuvor veröffentlichten Download-Inhalt »The Protector Trials Pack« besitzt, erhält außerdem ein Tonikum, mit dem adoptierte Little Sisters etwas mehr Adam aus den Toten abzapfen – eine fragwürdige, aber kaum spielbeeinflussende Verkaufsmaßnahme. Während Erweiterungen für Plasmide und Tonika übrigens erneut an den Gatherer’s Garden-Stationen im Austausch gegen Adam gekauft werden, gibt es diesmal keine Maschinen zum Aufwerten der mechanischen Ausrüstung. Stattdessen finden aufmerksame Pfadfinder hier und da bereits aufgewertete Waffen.



Überhaupt gleicht Minerva’s Den einem stark gestrafften BioShock-Drehbuch, weil man wie im Hauptspiel beinahe mittellos erwacht und sich nach und nach Waffen, Plasmide sowie Tonika aneignet. Mit dem Unterschied, dass der Vorgang diesmal bedeutend schneller vonstattengeht. Der Ablauf wirkt aber nicht gehetzt – eher wie die willkommene Reprise lieb gewonnener Themen. Zumal eine Handvoll neuer Gegner dem Geschehen einen Hauch Abwechslung verleiht. Der Lancer etwa ist ein mächtiger Big Daddy, der die Ionenkanone nutzt; Vorsicht vor seinen blendenden Schüssen! Houdini-Splicer vereisen wiederum ihre Feinde und Sicherheitsbots verschießen jetzt auch Elektrostrahlen oder Granaten – schön, wenn sie einmal mehr auf der eigenen Seite kämpfen.

Minerva’s Den erfindet den Download-Inhalt beileibe nicht neu! Auch die BioShock 2-Episode fügt dem Bekannten lediglich frische Akzente hinzu. Die neuen, umfangreichen Kulissen, die sehr gute Erzählung sowie das gewohnt lohnenswerte Erkunden des fantastischen Szenarios sorgen allerdings dafür, dass sich die gerade zehn Euro teure Geschichte fast wie eine ausgewachsene Erweiterung anfühlt. Die neue Waffe ist auf der stärksten Stufe unverschämt mächtig, das neue Plasmid lädt zum Experimentieren ein und die neuen Gegner waren zwar faktisch nicht nötig, der Kenner nickt die Abwechslung aber wohlwollend ab. Abgesehen davon wurde das abschließende Kapitel komplett eingedeutscht und überzeugt wie gewohnt mit klasse deutschen Sprechern. Alles in allem gehört Minerva’s Den damit zu den besten Download-Inhalten seit Bestehen des jungen Vertriebsweges!

Eindruck: sehr gut

  1. 4P|Benjamin hat geschrieben:
    Dek0r hat geschrieben:Ich finde es eben absolut banane in einen Erfahrungsbericht zu einer Erweiterung, die darauf abzielt neue Inhalte zu präsentieren, soetwas zu schreiben.
    Es geht in diesem Fall doch darum, dass die Inhalte, also die neuen Gegnertypen, nichts am Spielverlauf ändern. Das muss man doch erwähnen dürfen. ;) Ich glaube, die anderen Inhalte wurden ausführlich erwähnt und gelobt.
    Ben
    irgendwie nicht.

  2. Dek0r hat geschrieben:Ich finde es eben absolut banane in einen Erfahrungsbericht zu einer Erweiterung, die darauf abzielt neue Inhalte zu präsentieren, soetwas zu schreiben.
    Es geht in diesem Fall doch darum, dass die Inhalte, also die neuen Gegnertypen, nichts am Spielverlauf ändern. Das muss man doch erwähnen dürfen. ;) Ich glaube, die anderen Inhalte wurden ausführlich erwähnt und gelobt.
    Ben

  3. Ich muss 4 Players wirklich danke sagen. Ohne diesen Test wäre diese Perle von DLC vollkommen an mir vorbei gezogen. Ich kann dem Autoren nur zustimmen und muss sagen die Story dieser DLC sich kein bisschen hinter den "Grossen" Spielen verstecken muss.
    Jetzt bleibt leider wahrscheinlich nur noch das warten auf Infinite...
    Obwohl ich Rapture sicher vermissen werde...

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