Mark Kern, ehemaliger Produzent bei Blizzard Entertainment, warnt vor einer “neuen Welle des Puritanismus bei Computer- und Videospielen” und kritisiert in diesem Kontext die Zensurrichtlinien von Sony Interactive Entertainment scharf. Er schreibt via Twitter und Dualshockers, dass Sony USA die moralischen Standards für weltweite Veröffentlichungen von Spielen festlegen würde, die auch für Sony Japan gelten würden, wodurch gewisse kulturelle Spielelemente ausgeschlossen würden. In diesem Fall sind (interaktive) “erotische Inhalte” gemeint, die Sony aus (vernehmlich japanischen) Spielen verbannen möchte. Kern meint, dass die USA ohnehin eine lange Geschichte rund um “moralische Panikmache” hätte und nannte die Prohibition (Alkoholverbot) als Beispiel. Die aktuelle Situation bezeichnet er als “lächerlich”.
“Ich finde es beunruhigend, dass die USA anderen Ländern und Kulturen sowie ausländischen Spieleentwicklern ihre derzeitige moralische Panik aufzwingen. Die USA als Weltpolizei für Moral bezeichne ich als “kulturellen Unterdrücker”. Wir können genauso gut wieder rausgehen und kolonisieren”, twitterte Kern.
Wikipedia: “Der Ausdruck Puritanismus wird heute gelegentlich als Synonym für ‘Moralismus’ verwendet und besonders im amerikanischen Sprachgebrauch auch für etwas, was ‘kalt, blutleer, kleingeistig, selbstverleugnend, heuchlerisch und nachtragend’ erscheint” (Northeastern University Press, Boston 2000. S. 13).
Er ist der Ansicht, dass es auch aus geschäftlicher Perspektive gefährlich sei, sich einer vermeintlichen Panik bzw. einer Massenhysterie zu beugen, weil man mit einer Zensur nicht die “richtigen Leute” treffen würde und eine inhaltliche Zensur nicht plötzlich die Tür zum Massenmarkt aufstoßen würde. Vielmehr hätte das Aufstehen gegen die Zensur jedes Mal den Umsatz und die Sichtbarkeit des Unternehmens gesteigert.
Es ist eine Seltenheit, dass solch ein “Zensurthema” an die Öffentlichkeit getragen wird. Im Oktober 2018 geriet das Thema zunächst in den Fokus, als der “Intimitätsmodus” (Intimacy Mode) in Senran Kagura Burst Re:Newal auf Wunsch von Sony Interactive Entertainment aus der PlayStation-4-Version entfernt wurde. “Wir respektieren die Wünsche des Plattformhalters”, hieß es bei Twitter. In der PC-Version war dieser “Anfassen-Modus” weiterhin verfügbar. Tom Lipshultz, Lokalisierungsproduzent von XSEED Games, schrieb in einem Tweet, dass dieser Modus bei früheren Spielen aus der Serie in westlichen Gebieten kein Problem war. Die Entfernung bei Senran Kagura Burst Re:Newal sei auf eine “brandneue Richtlinie” von Sony zurückzuführen. Er schätzt, dass “die Interaktivität” das Problem sei. Ähnliche Schwierigkeiten hatten wohl auch die Entwickler von ToeJam & Earl: Back in the Groove! und Omega Labyrinth Z (wir berichteten).
In der Vergangenheit hatte Mark Kern im Zuge der Ankündigung von Diablo Immortal für Android und iOS schon für Aufsehen gesorgt, als er meinte, dass “Blizzard seine Spieler nicht mehr verstehen würde”.
I do find it disturbing that the US is imposing their current moral panic on other countries and cultures and foreign game developers. The US being world police on morality is what I call “cultural oppression.” Might as well go out and colonize again.
— Mark Kern (@Grummz) 25. Januar 2019
The ones actually buying your games don’t care for censorship. Also, there is no “untapped mass market” out there that will magically buy more games if you somehow go “woke” enough. Ask Star Wars or Marvel comics. It doesn’t work.
— Mark Kern (@Grummz) 25. Januar 2019
On the contrary, standing up and pushing back against censorship has boosted sales every time I’ve seen a game company do it. Not just maintained, but raised sales and visibility that they otherwise might not have had.
— Mark Kern (@Grummz) 25. Januar 2019
So go for it. Show that navel.
Der Kontext der Zensur war gemeint. Heißt dass die Zensur durchaus unterschiedlich wahrgenommen werden kann und der Rauswurf kann dann auch zu einer Zensur zählen. Schließlich soll die Meinung nicht gehört werden.
Bleibt zu hoffen, dass sie ihre Meinung überdenken und langsam auf den Trichter kommen, dass es allgemein deutlich sicherer ist zu portieren und unterschiedliche Plattformen zu beliefern, wo man solchen rigiden Keuschheitsauflagen von sexuell frustrierten CEOs entgehen.