Die gute alte Hack&Slay-Zeit

Als Grim Dawn Anfang 2016 auf dem PC veröffentlicht wurde, traf es den Nerv der Action-Rollenspieler, die ein klassisches Action-Rollenspiel erleben durften. Es war seinerzeit einer der wenigen Titel, der auf Hack&Slay-Mechaniken der alten Schule setzte und so ganz nebenbei mit einer interessanten Postapokalypse, haufenweise Beute und zum Start sechs interessanten Figuren mit ausgefeilten Fähigkeiten-Bäumen überzeugte. Das auf der Engine von Titan Quest aufsetzende Grim Dawn war genau das richtige Abenteuer für all diejenigen, die vom stromlinienförmigen Diablo 3 nicht abgeholt wurden. Aber das lag möglicherweise auch daran, dass Grim Dawn zum Start einen eher ungeschliffenen Eindruck hinterlassen hatte. Dennoch konnte sich der Titel damals bei 4Players.de im Test eine runde 80% als Wertung abholen. Aber Crate Entertainment hat sich von dem Erfolg weder vom Weg abbringen lassen noch auf die faule Haut gelegt. Zwei Story-Erweiterungen „Ashes of Malmouth“ sowie „Forgotten Gods“ folgten, mit „The Crucible“ wurde ein Arena-Modus mit Angriffswellen hinzugefügt. Und das letzte Update, das im Übrigen der umfangreichste Patch-Log in der Geschichte von Grim Dawn mit sich brachte, wurde erst Ende Oktober veröffentlicht. Die 93% positive User-Bewertungen, die man bei den zum Zeitpunkt dieses Tests weit mehr als 58.000 abgegebenen Stimmen verzeichnet, hat sich Crate wirklich verdient. Und auch die Xbox-Version (getestet wurde auf Xbox Series X) wird mit Sicherheit zahlreiche Fans für sich gewinnen. Wer sich bei Inventar und der Figurenentwicklung an Titan Quest erinnert fühlt, das 2018 auf der Microsoft-Konsole erschien, liegt natürlich vollkommen richtig. Das ist natürlich nicht verwunderlich, wenn man die Engine des Klassikers von Iron Lore benutzt.

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Spannende Kämpfe und Einsammeln üppig ausgeschütteter Beute: Kaum ein Action-Rollenspiel zelebriert dies so auf das Wesentliche fokussiert wie Grim Dawn. © 4P/Screenshot

Wenn man jetzt noch bedenkt, dass das Team von Crate ursprünglich von Ex-Leuten eben dieses Iron Lore gegründet wurde, wird vieles klar. Das kann aber keine Erklärung dafür sein, dass es sich hier „nur“ um eine sehr klassische und weitgehend schnörkellose PC-Portierung handelt. Teilweise beziehen sich die Tooltips in den Ladebildschirmen sogar auf die Fassung für den Rechner. Was umso bedauerlicher ist und noch stärker auffällt, da auf der Xbox Series X keine Maus-/Tastatur-Option angeboten wird, die vor allem bei der Inventarführung in der einen oder anderen Situation hilfreich wäre. Die Pad-Kontrolle ist zwar prinzipiell gut und zeigt mit der direkten Kontrolle der Spielfigur angenehme Auswirkungen auf die Kampfdynamik, da man jetzt u.a. gegnerischen Fernangriffen gezielter aus dem Weg gehen kann, als es im Eifer des Gefechts auf PC möglich ist. Aber in den Menüs ist die Benutzerführung eher “grob” ausgefallen. Was in erster Linie daran liegt, dass das Interface absolut unverändert von der Ursprungsversion übernommen wurde. Sprich: Man fühlt sich wie am PC, muss aber mit den Sticks einen Mauscursor über den Bildschirm schieben. Alternativ kann man sich zwar über das Digipad von Gegenstand zu Gegenstand hangeln, doch wirklich komfortabel ist dies nicht. Zusammen mit der grenzwertig kleinen Schriftgröße und den üppigen Kauf- und Eigentums-Menüs hat man sich hier offensichtlich zu sehr auf die technisch gelungene Portierung, aber nicht auf entsprechende Optimierung konzentriert. Da sind andere Action-Rollenspiel auf Konsolen komfortabler. Titan Quest z.B. hat nicht nur eine angenehmere Schriftgröße, sondern punktet im Vergleich auch mit dem Radialmenü, über das man alles Wesentliche schnell und unkompliziert erreicht.

Das Loot-Monster

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Als ob es nicht reicht, dass man zwei der neun Klassen ab einem bestimmten Punkt beliebig mischen kann, darf man am riesigen Sternenhimmel weitere Buffs und Verbesserungen der Werte freischalten. © 4P/Screenshot

Inhaltlich und mechanisch jedoch ist Grim Dawn nicht nur eine Verbeugung vor den großen Hack&Slay-Ikonen der Vergangenheit, sondern reiht sich problemlos direkt neben ihnen ein. Selbst mehr als fünf Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung hat die Monster- und Beutehatz nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Allerdings gehört die Story nicht dazu. Prinzipiell liefert sie zwar gute Ansätze und wird nicht nur über die leider zu selten komplett vertonten Gespräche mit NPCs fortgesetzt, sondern auch über zahlreiche Bücher sowie weitere Schriften, die man bei seinen Erkundungen findet. Doch unter dem Strich erzählt sie nur eine weitere „Gut-gegen-Böse“-Mär, wie man sie schon häufig gehört hat, die aber hier mit mehreren „bösen“ Fraktionen, die sich auch gegenseitig bekämpfen, etwas Abwechslung zu integrieren versucht. Immerhin schafft sie ein stabiles Fundament für die ungewöhnliche Post-Apokalypse, in der man sich befindet und rechtfertigt damit formidabel, dass man neben Hieb-, Schlag- und Stichwaffen auch verschiedene Schießprügel nutzen darf. Und es gibt eine massige Auswahl in traditionell unterschiedlicher Qualität von gewöhnlich bis legendär. Nicht nur bei den Händlern, sondern vor allem in freier Wildbahn. Mitunter hat man das Gefühl, dass es mehr Beute als Monster gibt. Und in Action-Rollenspielen dieser Machart gilt: Man kann nie genug von beiden haben. Nach einigen Stunden muss man allerdings zu häufig zu den Händlern und wieder zurück teleportieren. Insbesondere, wenn man zu denen gehört, die nichts auf dem Boden zurücklassen können.


  1. Habe diese News gerade eben gesehen und freue mich riesig.
    Es wurde ja schon ein etwas größerer Patch vermutet aber dass es dann gleich ein neues Add On ist, habe ich nicht erwartet.

  2. Man muss fairerweise aber auch erwähnen, dass zumindest das Hauptspiel von Grim Dawn nahezu ununterbrochen irgendwo in nem Sale ist, sei es auf Steam oder GoG oder sonstwo, und das auch zu Spottpreisen von unter 5€.
    Ist trotzdem eine stolze Zahl, und hoffentlich sorgt das irgendwann in der Zukunft auch für einen Nachfolger, der die Schwächen ausbügelt.

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