Eine Frage der Haltung

Im viel zu kurzen Tutorial bekommt man nach den ersten abgewehrten Hieben noch richtig Lust auf War of the Vikings: Erstens sehen die Krieger richtig gut, weil angenehm authentisch aus. Zweitens kann man nicht nur aktiv in drei Richtungen mit der Maus zuschlagen, sondern auch genauso blocken. Hält man die rechte Maustaste kurz nach links, versteift sich der Schwertarm dort und man kann den folgenden Hieb abwehren; genauso lassen sich Angriffe von der anderen Seite oder von oben aufhalten – den Schild kann man ebenfalls rundum zum Block nutzen. Außerdem spielt die Ausdauer für die Schlagstärke eine Rolle und man kann tödliche Spezialstiche einleiten.

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Schade um die stimmungsvollen Schauplätze im angelsächsischen England: Das Spiel selbst ist bloß ein oberflächliches Gemetzel. © 4P/Screenshot

Was sich in der Theorie nach einem taktischen Klingentanz anhört, entpuppt sich in der Praxis sehr schnell als hektisches Metzeljogging: Es fehlt ein besseres Kampfsystem! Da laufen bis zu 24 historisch  gerüstete Krieger auf den stimmungsvoll designten Karten zwischen Langbooten, Klosterruinen oder Schluchten umher, um sich leider vollkommen unrealistisch mit seltsamen Tennisarmbewegungen die Birne einzuschlagen. Es fehlt die Schwere in den Aktionen, es fehlt eine bessere Physik, es fehlt – bis auf die exklusive Abwehr des Todesstiches mit dem Schild – ein gut getimter Konter, es fehlt eine Fixierung auf einen Feind. Wer kürzlich Dark Souls 2 gespielt hat, wird sich wie in einem Shooter vorkommen.

Metzel-Jogging statt Gruppentaktik

Zwar kann es auch sporadisch zu spannenden Duellen kommen, wenn man etwa mit seinem Speer den Gegner erst wegstößt und ins Taumeln bringt, bevor man zusticht; wenn man tatsächlich mit einem Stich als Spezialangriff sofort durchkommt; oder wenn man aktiv mit dem Schild drei sirrende Wurfäxte blockt, bevor man dem Sachsen die Bartaxt durch selbigen zieht. Aber viel zu oft wirkt der Schlagabtausch

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Bis zu 24 Mann bekämpfen sich auf der Seite von Wikingern oder Sachsen in drei Klassen. © 4P/Screenshot

einfach nur unfreiwillig hektisch und komisch. Man kann zwar springen, sprinten, kriechen und ausweichen, aber die Spieler kommen immer wieder in eine Art Joggingkreiselbewegung. Das Gelände ist auf den zwölf Karten trotz toller Architektur, nutzbarer Höhenunterschiede und Leitern alles andere als interaktiv – man kann nichts zerstören, ins Rollen bringen, verbrennen und Häuser bleiben verschlossen.

Man kann sich natürlich per Chat abstimmen und Teams, hier „Rotten“ genannt, beitreten – nur dann kann man z.B. einzelne Feinde für alle markieren. Aber selbst so kommt es nur zu Ansätzen von Taktik, wenn sich die Bogenschützen mal hinten aufhalten und vielleicht gedeckt werden. In den vier Modi „Offene Feldschlacht“, „Arena“, „Eroberung“ sowie „Team-Deathmatch“ bleibt das Spielgefühl trotz unterschiedlicher Ziele nahezu gleich. Es geht mit maximal 24 Mann meist zu wie in einem blutigen Taubenschlag, was aufgrund rollender Köpfe oder martialischer Anfeuerungen im Namen Odins durchaus Laune machen kann. Aber man vermisst eben echtes Gruppengefühl oder Teamtaktik über gemeinsame Schildwälle oder Reihenbildung. Da der Tod weder für die als Christen (Sachsen) noch als Heiden (Wikinger) von der deutschen Frauenstimme verspotteten Krieger eine Konsequenz hat, ist es auch wurscht, ob man etwas riskiert oder nicht. So wird man beim Bandagieren auch kaum vom eigenen Team geschützt.

Ulfberths Schwert in Sicht

Vor Spielstart kann man sich für Plänkler, Krieger oder Champion entscheiden und sammelt mit den Schlachten

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Im Charaktereditor findet sich ein Sammelsurium an historischen und legendären Waffen. © 4P/Screenshot

sowohl Rang als auch Ringe, die als virtuelle Währung fungieren. Schön ist, dass man seinen Charakter auf lange Sicht gut spezialisieren kann. Verteilt auf Nahkampf, Unterstützung und Fernkampf gibt es neunzehn Talente – bis zu vier sind pro Charakter zuschaltbar, manchmal erst ab Stufe 10.

Damit kann man nicht nur seine passiven Fähigkeiten verbessern, sondern auch weitere Steuerungsoptionen hinzufügen: Wer „Blutdurst“ hat, wird nach einem Kill fünf Sekunden lang geheilt; wer „Feigling“ ist, bewegt sich leiser und darf Feinde mit einem Dolch von hinten erstechen; wer „Adlerauge“ besitzt, verdoppelt die Vergrößerung beim Zielen mit Bögen.

Die Auswahl an historischen Waffen ist enorm. Das wirkt fast wie virtuelles Reenactment: Es gibt ein Sammelsurium an Schwertern, Äxten und Speeren, Bögen und Schilden – und alles ist durch die Bank klasse designt. Man kann seine verdienten Punkte im Charaktereditor ausgeben, um sich mit edlen Klingen auszustatten. Wer sich für das Mittelalter interessiert, findet hier auch Schwerter mit altnordischen oder altsächsischen Namen wie Nadr, Brynjubitr oder Brandric. Die teuerste Kling im Angebot ist das „gravierte Ulfberth-Schwert“, das man ab Rang 60 für satte 42000 Ringe kaufen kann – ein weiter Weg. Aber schon vorher kann man Stoffmuster wechseln, Schilde bemalen oder andere Waffen erstehen. Es gibt nur einen Makel: Man kann keine speziellen Rüstungen anlegen; je nach Klassenwahl ist man entweder leicht, mittel oder schwer gepanzert.

  1. BesorgterBuerger hat geschrieben:Eine etwas verspätete Antwort:
    Hast du schon mal den Crpg-Mod für Mount&Blade Warband gezockt?
    Danke für die Info, nein, das kenne ich tatsächlich nicht. Werde ich mir bei Gelegenheit also mal anschauen.
    @ ICFram: Zum einem hast du ein stark verzerrtes Bild von den Nordmännern im Kopf, zum anderem sind viele deiner Kontra-Kontraargumente übelst an den Haaren herbeigezogen.

  2. LePie hat geschrieben:
    Sabrehawk hat geschrieben:Ein System das Formationen wie Schildwall usw befördert das wäre mal ne gute Idee für sowas.
    Von mir gibt's dafür jedenfalls einen extradicken Daumen nach oben. :Daumenrechts:
    Aber Dinge wie Formationen setzen ein sehr hohes Maß an Teamplay voraus, weswegen Devs heutzutage wohl schlicht Schiss haben, so etwas einzubauen - es muss ja alles möglichst Drop-In-Drop-Out-Soloplay-friendly sein.
    Wobei - hat ein First- oder Third-Person-Spiel (ich meine jetzt bezogen auf den Mehrspieler) jemals gescheit so etwas wie Formationen integriert?
    Eine etwas verspätete Antwort:
    Hast du schon mal den Crpg-Mod für Mount&Blade Warband gezockt?
    Das ist jedenfalls das einzige Spiel, wo ich so etwas wie Formationenbildung und taktisches Vorgehen mit bis zu 100 Spielern (manchmal auch mehr) erlebt habe. Also Schildwall, Frontal+Flankenangriff, Kavallerie, welche in der Schlacht im richtigen Moment den Feinden in den Rücken fällt usw.
    Klar geht es oft auch einfach chaotisch zu, aber solche Momente gab es da schon öfters mal zu bestaunen.

  3. Da lob ich mir Chivalry. Gerade der Modus "Last Man Standing" fördert Teamplay sehr gut. Ich habe selten erlebt das dort nicht in Gruppen vorgegangen wird. Wenn einer aus der Reihe Tanzt ist er eigentlich sofort ohne Kopf und muss 5-10 Minuten bis zum Rundenende warten. Ich hatte dort Teilweise Runden wo 20 Spieler einen Schildwall gebildet haben und dahinter die Bogenschützen einfach die einzelnen Angreifer Niedergemetzelt haben. Das Gegnerteam hatten 1 Kill und nach 2 Minuten verloren. Nach 2 Runden die so abliefen hatte sich das Gegnerteam auch zusammengerafft und es wurde noch Spannender. Da kam atmosphäre auf!
    Leider erlebt man sowas in diese Richtung auch dort selten, meist wird zwar zusammengehalten, jedoch nicht so diszipliniert.

  4. Meine Meinung zu deinen Kontra Argumenten:
    "viel zu hektisches Schlachtgetümmel": Ja, das sind nun mal Wikinger und keine Schwertmeister.
    Die hauen und stechen nun mal überall hin wo sich die Möglichkeit bietet.
    In dem sinne ist das eher "realistisch".... (naja aber nur ein kleines Bisschen).
    "keine Interaktion/Physik im Gelände": Das ist nicht wirklich ein Kontra Argument wenn das fehlt (es ist zwar ein Pro Argument wenn es vorhanden ist), es ist nicht wirklich wichtig, auch nicht wirklich erforderlich und vor allem nicht immer positiv.
    "keine effizienten Gruppentaktiken": Das ist ja nicht wirklich die Schuld des Spiels, wenn sich die Spieler nicht taktisch verhalten. Es gibt bestimmt genügend Möglichkeiten (z.B. Schildwall oder Keilformation) und nach einiger Zeit werden auch mehr Spieler diese Möglichkeiten nutzen.
    "keine Gegnerfixierung möglich": Ehrlich? Du behauptest du hättest Rune gespielt und beschwerst dich darüber das es kein Lock on gibt?
    "nur zwei Parteien (Sachsen, Wikinger)": Wieso sollte es auch mehr geben, letzten Endes bestehen die Kämpfe immer aus Team 1 vs Team 2, wie diese Teams heißen macht keine Unterschied (Zwar wäre es cool wenn man z.B. noch Normannen oder Waräger spielen könnte, aber das ändert nichts am gameplay)
    Der einzige Fall in dem es eine Rolle spielen würde wenn es mehr Parteien gäbe, wäre wenn es Kämpfe mit mehr als 2 Teams gäbe, das würde dein erstes Kontra Argument aber nur noch bekräftigen (ich hoffe du erkennst das Oxymoron in deiner Aussage)
    "keine Story, keine Kampagne": Keine Kampagne ist wirklich schade ... aber in einem Multiplayer Spiel ist die Story nun wirklich nicht so ausschlaggebend, wenn du aber trotzdem was über die Story wissen möchtest, lies ein Geschichtsbuch.
    "nur vier Online- Spielmodi": Ok, da stimme ich dir zu.
    "sehr mageres Tutorial": Warum sollte es auch umfangreicher sein. Die Steuerung in diesem Spiel, ist kompletter Genrestandard (W,A,S,D,L.Maus,R.Maus und Co.) außerdem kann man die Steuerung komplett...

  5. Scipione hat geschrieben:
    sowas sollte per Game-Design nicht unmöglich sein. Leute, die im wahrsten Sinne des Wortes aus der Reihe tanzen *höhö* sollten einfach eine extrem niedrige Lebenserwartung haben, zb indem sowas wie die Healthbar oder Panzerung halbiert wird. Auch könnten Punkte dafür eingesetzt werden. Wer allein losstürmt bekommt gar nichts, nur wenn man in Formation mit anderen Spielern bleibt, werden Punkte vergeben und Kills gezählt.
    Exakt, nur das mit den Punkten für die einzelwertung muss raus. Jedenfalls die Punktezuweisungen für Tötungen. Weil Einheitstypen mit dem größten Schaden pro Sekunde einen Vorteil bei der Gewinnung solcher hätten und man wieder den Egoisten belohnt, der nach Wegen suchen würde das Sytsem auszutricksen um bei der Endabrechnung höher zu landen. Zudem gibt es Fernkampfeinheiten und den menschlichen Spielern geht es am Hintern vorbei, ob der eigene Verbündete getötet werden kann, beim nächsten Pfeilschuss, dem Score zu Liebe.

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