Es ist wichtig, dass es solche Spiele wie Beyond Eyes (4P-Wertung: 76%) und Pulse gibt, die sich komplexeren bzw. schwer zugänglichen Themen wie der Blindheit widmen. Und im Vergleich zum weitgehend gefahrlos bleibenden Beyond Eyes mit seiner Schulterperspektive setzt das aus Egosicht spielbare Pulse auf deutlich klassischere Elemente wie z.B. Sprungsequenzen oder Abschnitte, in denen man Untieren oder unter einem wegbrechenden Eis entkommen muss. Man kann scheitern. Und allein damit erschafft es eine bedrohlichen Atmosphäre. Allerdings war ich dennoch froh, dass das Projekt, das hauptsächlich über Kickstarter finanziert werden konnte, nach gerade mal eineinhalb bis zwei Stunden vorbei war.
Ich war erleichtert, als ich die kryptischen Erzählfragmente hinter mir lassen konnte, die mich ungewöhnlich kalt ließen. Denn Pulse ließ mich tatsächlich wünschen, dass ich blind wäre. Dies ist vor allem der Designentscheidung zuzuschreiben, die mal abstrakte, dann wiederum sehr klassisch konstruierte Spielwelt per Sonar vor dem Auge des Betrachters erscheinen zu lassen. In regelmäßigen Abständen wabert eine Echoortung über den Bildschirm, die an Objekten stoppt und diese für mich sichtbar macht. Die Sichtbarkeit hält im Normalfall ein paar Sekunden vor, bevor die nächste Ortung automatisch abgefeuert wird. Während diese hektische Methode als Gegensatz zum beschaulichen Aquarellmalen der Umgebung in Beyond Eyes eigentlich eine gute Idee ist, übertreibt man es hier aber insofern, dass man dauernd mit schnell wechselnden Farben beschossen wird. So entsteht häufig ein Stroboskopeffekt, der eigentlich eine Fotoepilepsie-Warnung zwingend erforderlich macht.
Unnötige Hektik
Doch auch in vergleichsweise ruhigen Momenten ist die Darstellung der Umgebung alles andere als beschaulich. Ständig ist irgendetwas in Bewegung, das Bild verändert sich mit jedem Sonarpuls, hallt visuell nach und lässt einen nicht zur Ruhe kommen. Erst kurz vor Schluss kommt es tatsächlich zu Momenten, in denen sich das Spiel auch mal Zeit lässt, sich mit der Umgebung anzufreunden, anstatt sie mitunter vollkommen unnötig zu einem die Sehnerven belastenden Dauerfeind zu machen. Dabei freue ich mich über die rudimentär eingesetzten Elemente wie durchaus knifflige Sprungsequenzen oder einfache Schalterrätsel, die aus Pulse ein Spiel anstatt einer Gemäldewanderung machen. Dann wiederum erschöpfen sich diese Elemente schnell – und das bei einer ohnehin nur kurzen Spieldauer. Pulse wirkt wie eine ausgefeilte Techdemo mit einem interessanten, aber auch inkonsequenten Konzept. Dass man hier im Vergleich zu Beyond Eyes eine prinzipiell andere Darstellung der Sicht einer blinden Figur wählt, ist ein guter Ansatz. Nur erschließt sich mir nicht, dass man selbst bei einer festen Position ständig die Umgebung neu erfassen muss. Wenn ich zum fünften, sechsten oder zehnten Mal gegen eine Wand laufe, weiß ich irgendwann, dass an dieser oder jener Stelle ein Hindernis ist und brauche nicht ständig ein neues Bild im Kopf.
Vielleicht wäre man besser beraten gewesen, die Sonarpulse auf Tastendruck dem Spieler zu überlassen, als ihn mit Reizen zu überfluten. So wären unter Umständen mehr Spannung sowie mehr punktuelle Bedrohung entstanden. Für mich waren die ständigen grellen Bildschirme schon bald sehr anstrengend und enervierend. Und daran konnten auch die knuddeligen Mokos nichts ändern, die einem mitunter folgen und die als essentieller Bestandteil der Schalterrätsel genutzt werden. Großäugig und fluffig erinnern sie mich an kleinohrige Mischungen aus Mogwais und dem Hamster aus Bolt. Sie sind übrigens kein Teil der pulsierenden Landschaft, sondern immer klar gezeichnet – wohl auch, um ihrer Rolle als Ruhepol in einer aus den Fugen geratenen Welt gerecht zu werden. Doch auch sie können Pulse für mich nicht mehr retten.
Kleiner Tipp: Setzt euch eine Sonnenbrille (noch besser, eine Schweißermaske) auf, bevor ihr auf den Test klickt.
Aua, meine armen Netzhäute.