Kälte auf den ersten Blick…

…kann trügen. Vor allem, wenn man nur passiv zuschaut. Digitale Abenteuer entwickeln ihre Anziehungskraft erst, wenn man abtaucht, wenn man die Figur selbst bewegt und sie sowie ihre Welt über Stunden reifen lässt. Aber Hellpoint ist ein Beispiel für Kälte auf den ersten und leider auch zweiten Blick. Das schlanke, an einen Androiden erinnernde Wesen, das da als “Abkömmling” aus dem Nichts auftaucht, hat keine griffige Präsenz, bewegt sich so leicht als würde es schweben und springt so hoch, als hätte es irgendwo ein Jetpack versteckt. Es gibt keine Charaktererschaffung über Klassen, man spielt quasi einen Klon ohne Fähigkeiten, den man selbst entwickeln kann. Die ersten Schritte fühlen sich jedenfalls nicht besonders gut an (zumal die Trittgeräusche auch nicht gut klingen), wenn man mit Rohrklinge und Schild gegen untotes Kroppzeug sowie Ritter kämpft. Ja, auch Warhammer und andere Welten verbinden Stilmittel der Fantasy mit der Science-Fiction, aber hier wirkt das alles andere als einfallsreich, das Artdesign eher bemüht als markant.

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Hellpoint versetzt euch auf eine Raumstation. © 4P/Screenshot

Der Vorteil ist natürlich, dass sich dieses Spiel flotter und akrobatischer spielt als die schwerfälligen Vorbilder von From Software & Co: Mit Anlaufsprint und Sprung kann man sogar weite Abgründe überwinden, es gibt in der Vertikalen einiges zu entdecken, viele Lifte, mehrere Etagen hoch gestapelte Container sowie Simse weit oben unter der Decke, so dass man sich fast an einen 3D-Plattformer erinnert fühlt. Allerdings an einen, der nicht so präzise ist wie nötig, denn das Springen kann recht schwammig sein. Und an einen, der in einer weitgehend sterilen labyrinthischen Raumstation mit teils riesigen Räumen stattfindet. Die versprühen meist den Charme gigantischer Messehallen – auf so manchem Rückweg zum Riss, an dem man gegen Seelen aka Axionen seinen Charakter aufrüsten kann, fühlt man sich an kilometerlange Märsche der Gamescom vor Corona-Zeiten erinnert. Hat man in anderen Abenteuern frühzeitiger mehr alternative Wege mit frischen Überraschungen, wird man hier gerade in den ersten Stunden zur Wiederholung des ewig Gleichen genötigt. Es gibt ja durchaus monumentales Flair, so manches verstärkt das anvisierte Grauen einer verlassenen Station mit düsteren Geheimnissen. Und es gibt später auch Kreaturen sowie riesige Bestien, darunter teils gut designte Bosse, die auch für Horror sorgen können – allerdings sollte man keine dichte Atmosphäre à la Dead Space erwarten, in der es hinter jeder Ecke knistert.

…und zweiten Blick

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Ein Ritter im Weltraum… © 4P/Screenshot

Nicht die Akrobatik, sondern die Kämpfe à la Dark Souls stehen hier natürlich im Vordergrund. Diesen fehlt es allerdings sowohl an Wucht als auch Eleganz. Wenn man sich bei Ausdauerverlust mit leichten und schweren Hieben, mit Parade und Konter durch die weiten Korridore kloppt, in denen zunächst die üblichen Untoten lauern, wirkt das trotz Blutspritzern und Gebrüll etwas zu fade. Dagegen entfaltet Mortal Shell z.B. umgehend eine atmosphärische Präsenz, in der man sich Charakter und Kulisse gerne anschaut. Dass es mitunter nicht ganz flüssig läuft und die Animationen nicht immer überzeugen, kommt hinzu.

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Doom lässt in manchen Bosskämpfen grüßen. © 4P/Screenshot

Doch wo wirklich gute Spiele im Soulstil meist einen innovativen Aspekt in den Gefechten hinzufügen können, wie etwa die Trefferzonen in The Surge, das Verhärten in Mortal Shell, sucht man diesen hier vergeblich. Ein Pluspunkt ist das vielfältige Geballer sowie Attackieren über die Distanz, denn es gibt auch Schusswaffen & Co. Aber im Vergleich zu jenen in Remnant: From the Ashes, die mit Wumms und Rückschlag für echtes Shooterflair sorgen konnten, wirken diese hier im besten Fall mal ansehnlich aufgrund der Lichteffekte – und sie gestalten viele Konfrontationen viel zu einfach. Im spielmechanischen Kern ist Hellpoint durchaus solide, zumal die Steuerung weitgehend sauber ist, aber es kann mit seiner gewöhnlichen Action einfach nicht rocken. Wie sieht es mit den anderen Aspekten aus, mit Story, Erkundung und Entwicklung? Können einen diese Aspekte tiefer hineinziehen?

  1. CroGerA hat geschrieben: 04.09.2020 10:17
    NoCrySoN hat geschrieben: 04.09.2020 09:20 Wo sind eigentlich all die Leute die unbedingt dieses Machwerk im Test sehen wollten? Alles stille Pur-Leser?
    Kauf dir halt auch Pur und stimm mit ab? :lol:
    Darum gehts doch gar nicht.
    Ist doch bloß komisch das sich hier niemand zu Wort meldet. Wenn es mehrheitlich gewonnen hate, sollte sich doch jemand im Test finden, der mal seine Meinung kundtut. Interessiert mich eben wer warum hier soetwas wählt und was er aus solch einem Titel an Spaß zieht.
    Würde ja gerne mal, wie schon in der Wunschtest-News geschrieben, die Zahlen wissen, wieviele da wirklich immer mitmachen. Wenns im zweistelligen Bereich ist, ist das hier ja keiner Wunder, wenn mehr, dann gerne auch mal Meinungen zum Test, wie schon erwähnt.
    GeronimoJackson hat geschrieben: 04.09.2020 11:37
    Danke.

  2. NoCrySoN hat geschrieben: 04.09.2020 09:20 Wo sind eigentlich all die Leute die unbedingt dieses Machwerk im Test sehen wollten? Alles stille Pur-Leser?
    Hier ist einer :)
    Tatsächlich hatte ich mit Hellpoint mehr Spaß als mit Mortal Shell, das mich komplett kalt gelassen hat und in dem ich ab ca. der Hälfte nur noch in Richtung Bosse durchgerannt bin.
    Klar, manches an Hellpoint ist tatsächlich leider "gut gedacht, schlecht gemacht" (beim Gedanken an die Sprungpassagen zuckt mein linkes Auge immer noch :twisted: ), aber im Großen und Ganzen ist es doch solide Soulslike-Kost inklusive NG+, alternativen Enden, versteckten Geheimräumen etc.

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