Schwacher Einstieg, spröde Präsentation

Selbst wenn man als Rollenspieler eher geduldig ist und Spielspaß auf lange Sicht dutzender Stunden sucht, ist der Einstieg auch in diesem Genre wichtig. Denn wenn sich der Vorhang zu einer neuen Welt öffnet, können selbst Kleinigkeiten für Stimmung sorgen, kann sich auch ohne Highend-Kulisse oder filmreife Intros à Baldur’s Gate 3 eine ästhetische Anziehungskraft entwickeln – man denke an Disco Elysium. Dieser magische erste Kontakt gelingt Solasta: Crown of the Magister nicht, denn die Menüs sind nahezu futuristisch steril (Teile des Teams haben übrigens an Endless Space 2 gearbeitet), das Artdesign ist hinsichtlich Mode, Waffen & Co beliebig, die Figuren grob und die plumpe Präsentation der vierköpfigen Party samt der Dialoge fast schon gruselig. Über ein Jahrzehnt nachdem Dragon Age: Origins fast auf Theater-Niveau inszenierte, wirkt das zunächst wie kalte Kitsch-Fantasy.

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Vier Helden, einer darf antworten und zur Würfelprobe antreten. Wer soll es sein? © 4P/Screenshot

Der Auftraggeber des Rates, der eine Gruppe Helden sucht, um in den Grenzlanden nach einem verschollenen Captain und seiner Truppe zu suchen, hat die Präsenz einer ausrangierten Augsburger Puppe; Mimik und Gestik wirken spröde. Dann spricht man (auf Englisch, es gibt deutsche Texte) in der fast leeren Taverne mit einem Barkeeper, der als Charakter nicht mal irgendein Alkohol ausschenkendes Klischee bedienen kann, sondern wie ein Androide wirkt – kein Wunder, dass das Bier laut Zwerg nach Eselspisse schmeckt. Und spätestens, wenn man in der nahezu unbelebten Hauptstadt (!) des Reiches unterwegs ist (dagegen wirkt Fantasian auf dem iPad wie Hamburg beim Hafenfest) , um sich für die erste Mission auszurüsten, spürt man statt eines knisternden Fantasyfeuers nur die funktionale Kälte einer scheinbar schnell zusammen geklebten Welt – im Editor könnt ihr übrigens auch Dungeons und Abenteuer basteln wie schon anno 2002 in Neverwinter Nights.

Klassische Charaktererschaffung

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Für jeden Helden gibt es ein kleines Tutorial. Hier zeigt der Zwerg, dass er Felsen auf Feinde stoßen kann. © 4P/Screenshot

Apropos Eigeninitiative: Wer angesichts des vorgefertigten Waldläufers wegrennen will, darf selbst Hand anlegen und sich eine vierköpfige Gruppe schnitzen – im Laufe der Reise kann sie temporär auf sechs Charaktere anwachsen. Das Werkzeug dafür ist von der Haut über die Frisur, Stimme und Statur so vielfältig wie in fast allen Spielen, aber nicht besonders fein, so dass man mit einigen groben Vorgaben leben muss. In der Spielwelt begegnet man daher recht früh vielen Klonen, die den eigenen Helden stark ähneln.

Wesentlich detaillierter geht es in der Charaktererschaffung mit bekannten Völkern und Klassen aus Dungeons & Dragons zur Sache. Man darf Werte wie Stärke, Intelligenz, Charisma & Co auswürfeln oder Punkte verteilen, um aus dem Halbling oder Elfen einen Dieb oder Paladin zu formen. Außerdem kann man moralische bzw. charakterliche Wesenszüge wie Gewalt, Gier, Vorsicht etc. vordefinieren, die sich später u.a. auf die Kommentare auswirken. Schade ist, dass so einige Fähigkeiten wie etwa die Fingerfertigkeit keinerlei Rolle im Abenteuer spielt – immerhin ist man so ehrlich, das auch direkt anzuzeigen, damit man sich die Investition sparen kann.

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Die Hauptstadt wirkt wie eine statische Kulisse. © 4P/Screenshot

Was fällt positiv auf? Nahezu alles bezüglich der Steuerung, dazu nette Kleinigkeiten. Man kann komfortabel durch die Menüs navigieren, nervige Gespräche bei Händlern mit einem Klick aufs Angebot sofort umgehen, selbst auf der Stadtkarte zu Questgebern schnellreisen und später Teleporter nutzen, um auch auf der dreidimensional illustrierten Weltkarte die Reise mit ihren Zufallsereignissen samt Rast und Rationsverbrauch zu überspringen – obwohl sie solide inszeniert wird und soetwas wie Fernweh erzeugen kann, wenn einen all die fremden Namen dort locken. Auch die Idee mit den Plünderern, die bereits erkundete Orte wie Burgen aufsuchen und die restliche Beute dort sammeln, um sie mit einem Anteil wieder an die Helden zu verkaufen, ist nett – zumal man dann, auch angesichts der Traglast mit ihren negativen Auswirkungen, nicht alles selbst schleppen muss.

  1. Eisenherz hat geschrieben: 04.06.2021 17:03 Die Originalsprache dieses Spiels ist Englisch, und im Englischen wird nicht gegendert.
    Meinst du im Englischen allgemein, also in der Englischen Sprache? Dann muss ich mir die Genderdebatte aktuell und Grammatik in der Schule damals wohl nur eingebildet haben...
    Die Angelsachsen haben nur das große Glück, dass die sich (aktuell) auf ein nicht komplett verboten klingendes "they" geeinigt haben, wenn das Geschlecht unbekannt/unbestimmt ist. Womit die Debatte aber nicht zuende ist.
    (Was ich, nachdem ich mich von den Holzhammerschlägen erholt habe, bei (der aktuellen Form von) She-Ra tatsächlich gut fand: Da wurde kein Aufhebens gemacht, die Nichtbinären Figuren waren einfach they/them, weiter im Text, wir müssen zur idiotischen Konklusio kommen. Nein, im Ernst, die einzige mit Hirn, die das immerhin kommentiert, ist Mermista und die ist der klassische genervte Teenager, deren Rekation auf den Untergang ihres Reiches Badewanne und Eiscreme ist... Wo war ich?)
    Edit: Mir deucht, du meinst das Spiel an sich. Aber das tue ich mir nicht in meiner Sprache an, (unterbezahlte) Deutsche Synchro klingt für mich immer so furchtbar.

  2. Zwar ist es schön das die Untertitel angenehm groß sind und auch mit einem Schwarzen Hintergrund versehen werden können, aber ich gucke da selten hin weil sie bei viel Sprachausgabe auch mal schneller verschwindet als man lesen kann. Da konzentriere ich mich lieber drauf sie im Kopf umzusetzen. Die Sprachausgabe ist gut zu verstehen und ich mag sowas mit teilweise leichtem Dialekt.

  3. Die Originalsprache dieses Spiels ist Englisch, und im Englischen wird nicht gegendert. Die mutwillige Verunstaltung der deutschen Fassung ist pure Ideologie, nichts anderes.

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